Fahrende Völker – Teleshai und Afali

Regionalbände sind klassisches Rollenspiel-Quellenmaterial. Was aber, wenn die vorzustellenden Bewohner gar nicht in einer Region ansässig sind, sondern ständig unterwegs sind? Die „Splittermond“-Redaktion gibt eine eindeutige Antwort auf diese Frage und widmet den „Fahrenden Völkern“ einen eigenen Quellenband.

von André Frenzer

Die beiden hier näher vorgestellten Völker der Teleshai und Afali sind dabei in ihrem nomadenhaften Dasein vereint. Dies ist jedoch nahezu das einzige verbindende Element der beiden Völker. Während sich aus ihrer mangelnden Sesshaftigkeit zwangsweise die eine oder andere Parallele ergibt, so unterscheiden sich ihre Lebensweisen und vor allem ihre Philosophien stark voneinander. Doch der Reihe nach.

Die ersten Seiten des Bandes sind dem albischen Volk der Teleshai gewidmet. Dieses Volk zieht bereits seit der Zeit des Mondfalls durch die Lande. Ihre bunt bemalten Wagen sind in vielen Städten Dragoreas ein bekanntes und oft auch beliebtes Bild. Während die Herkunft der Teleshai im Finstern der Vergangenheit in Vergessenheit geriet, so sind sie in der Gegenwart als Schausteller, Handwerker, Hilfsarbeiter oder Händler unterwegs. Oft sind ihre Dienste sehr gefragt und vor allem unter der ländlichen Bevölkerung erregt ihre Ankunft stets Aufsehen. Doch genau so oft werden sie zum Ziel von Hass und Ungerechtigkeit, denn wenn im Zeitraum ihrer Anwesenheit ein Unrecht geschieht, so geschieht es allzu häufig, dass sie unschuldig verdächtigt werden. Neben dieser groben Charakterisierung stellt das Kapitel einige bekannte Teleshai, ihren Bezug zur Götterwelt und vor allem einige ihrer bekanntesten Sagen vor, denn die Teleshai sind vor allem bekannte und begabte Geschichtenerzähler.

Es folgt die Vorstellung der Afali, einem noch sehr jungen Volk. Die Afali folgten der Prophezeiung der jungen Afali Erabil, Königstochter aus Termark, hinaus auf die hohe See. Denn das feste Land sollte laut dieser Prophezeiung von einer Katastrophe verheert werden, sodass die Afali, wie sie sich fortan nannten, Sicherheit auf dem Meer finden wollten. In den knapp fünfzig Jahren ihrer Existenz haben sie schwimmende Städte errichtet, weitere Mitglieder aufgenommen, neue Schiffe gebaut und eine nomadische Kultur entwickelt, die eng mit dem Meer verbunden ist. Dabei treten sie als oft als Händler, aber auch als Priester oder Schausteller in Erscheinung. Oft lassen sie sich dabei von Wahrträumen und Prophezeiungen leiten, denn ihr Glaube in diese Kräfte der Weissagung ist nach wie vor ungebrochen hoch.

Wie in den dünnen Regionalbänden üblich, schließen sich nun einige neue Optionen für Spieler wie Spielleiter an. Dabei wird sowohl die Möglichkeit geschafften, einen Teleshai oder Afali als Abenteurer zu generieren, als auch ein Haufen nützlicher weiterer Informationen geliefert. Neue Ausrüstungsgegenstände, Kreaturen und vor allem einige neue Zauber geben Spielern reichlich Gelegenheit, ihren wandernden Abenteurer abwechslungsreich zu gestalten.

Gleich zwei Abenteuer runden diesen Band ab. „Vogelfrei“ ist dabei den Teleshai gewidmet und ist ein hervorragendes Abenteuer geworden. In Begleitung der Wildgans-Sippe treffen die Charaktere in Drakhain ein, einem Städtchen, das aus alter Tradition heraus schlecht auf die Teleshai zu sprechen ist. Denn hier soll einst ein Vogelfänger der Teleshai nicht nur die Stadt vor einer Starenplage gerettet haben, sondern auch gleich die Kinder der Stadt entführt haben. Wer hier an den „Rattenfänger von Hameln“ denken muss, liegt sicherlich nicht falsch. Doch der sich nun entfaltende Plot ist ein waschechtes Detektivabenteuer mit überraschender Wendung und absolut plausiblen Charakteren. „Versunkene Hoffnung“ ist wiederum ein Abenteuer, um die Charaktere mit den Afali vertraut zu machen. Hier erhält die Gruppe Gelegenheit, ein Expeditionsschiff der Afali zu begleiten, um die Erfüllung einer Prophezeiung mit zu erleben. Leider bleibt dieses Abenteuer plottechnisch Stückwerk, hat es doch außer einem interessanten Schauplatz wenig zu bieten. Ein paar Tauchgänge und ein paar angedeutete „Gefahren der See“ – da hätte man mehr draus machen können.

Ein Wort sei noch zur technischen Aufbereitung gesagt. Wie für „Splittermond“ üblich ist der Band vollfarbig gehalten und mit viel Liebe zum Detail illustriert. Die enthaltenen Bilder sind allesamt auf einem hohen Niveau und erwecken die beiden ungewöhnlichen Völker zum Leben Insbesondere die verschiedenen Karten im Band sind von hoher Qualität. Lektorat und Korrektorat haben ganze Arbeit geleistet. Technisch gibt es damit nichts zu meckern.

Fazit: „Fahrende Völker – Teleshai und Afali“ ist ein absolut gelungener Band rund um zwei recht unterschiedliche Nomadenvölker. Einzig das zweite Abenteuer weiß mich nicht vollends zu überzeugen, doch das schmälert kaum den guten Gesamteindruck. Dadurch, dass beide Völker nahezu überall angetroffen werden können, ist „Fahrende Völker“ auch für Spielleiter anderer Systeme durchaus einen inspirierenden Blick wert. Empfehlenswert.

Fahrende Völker – Teleshai und Afali
Quellen- und Abenteuerband
Nicole Heinrichs, Askin-Hayat Dogan, Tilman Hakenberg u. a.
Uhrwerk Verlag 2018
ISBN: 978-3958671355
64 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 14,95

bei pegasus.de bestellen
bei amazon.de bestellen