Der Leuchtturm des Xarxuris

Zeitreiseabenteuer sind immer ein Abenteuer für sich – besonders für den Autoren. Es gilt, eventuelle Inkonsistenzen möglichst auszuschließen, was oftmals ein schmaler Grat wird. Mit „Der Leuchtturm des Xarxuris“ versucht sich auch das „Splittermond“-Team an diesem Thema.

von André Frenzer

Eigentlich habe ich schon in der Einleitung zu viel verraten – und irgendwie doch wieder nicht. Wie auch immer: Spieler, die „Der Leuchtturm des Xarxuris“ noch spielend erleben wollen, sollten diese Rezension nicht weiterlesen. Denn um dem Spielleiter einen Überblick über das Abenteuer zu verschaffen, komme ich um Spoiler kaum herum.

Nachdem das gesagt ist, fühle ich mich frei, eine volle Inhaltsangabe zu schreiben. „Der Leuchtturm des Xarxuris“ spielt in der Kristallsee, genauer gesagt im Gebiet der Nebelfelsen. Hier stand vor rund dreihundert Jahren der namensgebende Leuchtturm, um das gefährliche Gebiet besser beschiffbar zu machen. Xarxuris wiederum war ein farukanischer Herrscher, der den Leuchtturm als Ausgangsbasis für eine Invasion Iorias nutzen wollte. Um den Angriff zu unterstützen, sollte eine farukanische Geisterbeschwörerin einen mächtigen Meergeist beschwören und an ihren Willen binden. So hätte die farukanische Flotte über einen mächtigen Verbündeten verfügt. Doch die Beschwörung ging fehl und der Meergeist – wütend über die Anmaßung der Sterblichen – zerstörte den Leuchtturm.

Damit hätte die Geschichte eigentlich beendet sein können. Doch der Meergeist schuf in seinem Zorn eine Zeitschleife, um die auf der Leuchtturminsel lebenden Menschen immer und immer wieder für ihren Frevel zu bestrafen. So ist die gesamte Mannschaft des Turms sowie der Beschwörerzirkel in der Geisterwelt gefangen und erlebt immer und immer wieder den letzten Tag des Leuchtturms. Dumm nur, dass dadurch ein Stück Geisterwelt in das Diesseits ragt und immer wieder Schiffe in den Nebelinseln verschwinden – diese werden nämlich in die Zeitschleife gezogen. Das geschieht auch mit dem Schiff der Charaktere, die aus diesem oder jenem Grunde die Kristallsee kreuzen. Nun gilt es, einen Weg aus der Zeitschleife herauszufinden …

Zunächst: Autorin Simone Rabe geht mit dem Zeitreisenthema sehr löblich um: Die hier erlebbare Szene ist als Echo der Vergangenheit angelegt, ein geisterhaftes Abbild der damaligen Ereignisse. Nichts von dem, was die Charaktere hier anstellen oder nicht anstellen verändert tatsächlich die Vergangenheit. So lassen sich dann auch leichte Veränderungen der vorgegeben Handlung problemlos erklären, sogar, wenn die Charaktere wichtigen Nebencharakteren Schaden zufügen oder sie sogar umbringen. Auch weiterhin ist die Aufbereitung des Bandes vorbildlich: Die Autorin versorgt den Spielleiter sehr detailliert mit vielen Informationen: Wie reagiert die Umwelt auf die Charaktere (die ja – wie man an ihrer Kleidung erkennen kann – nicht von hier stammen)? Was passiert bei Abweichungen im Ablauf der Ereignisse? Welche Verhaltensweisen der Charaktere sind denkbar und möglich? Dazu kommen sehr detaillierte Personenbeschreibungen, um die doch nicht geringe Personenanzahl auf der Leuchtturminsel mit Leben füllen zu können.

Diese vielen Informationen helfen aber natürlich nicht dabei, darüber hinwegzutäuschen, wie komplex dieses Abenteuer tatsächlich ist. Das gilt natürlich sowohl für den Spielleiter – für den es einige NSC zu verwalten gilt und der vor allem die Zeitschleife verständlich und plausibel darstellen muss – sondern auch für die Spieler. Denn um das Rätsel der Zeitschleife zu lösen, müssen sie in Verhandlungen mit dem Meergeist treten und ein uraltes Artefakt zusammensetzen, was nicht ohne Weiteres funktioniert. So bleibt ein rätsellastiger Plot, den es erst einmal zu knacken gilt. Damit spricht das Abenteuer die Rätselfreunde unter den Spielern an – wer lieber mit einem klaren Auftrag ausgestattet wird und es eher kampflastig mag, wird hier nicht glücklich.

Ein Wort sei noch zur technischen Aufbereitung gesagt. Der Band ist in Schwarz-Weiß gehalten, aber mit wirklich hochwertigen Illustrationen versehen. Um die Informationsflut übersichtlicher zu machen, gibt es einige hilfreiche Tabellen. Karten und Handouts runden das Gesamtpaket ab. Die Aufbereitung ist damit vorbildlich gelungen.

Fazit: „Der Leuchtturm des Xarxuris“ ist ein hoch komplexes Abenteuer, das sicherlich nicht für jede Gruppe geeignet ist. Wer rätselhafte Plots mag und die Probleme nicht immer mit dem Schwertarm zu lösen pflegt, findet hier aber ein vorbildlich aufbereitetes Szenario mit herausforderndem Schwierigkeitsgrad.

Der Leuchtturm des Xarxuris
Abenteuerband
Simone Rabe
Uhrwerk Verlag 2017
ISBN: 978-3958671331
64 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 12,95

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