Empires of the North: Japanische Inseln

Das nördliche Ende Europas ist noch lange nicht das Ende der Welt. Die Japaner halten Einzug ins „Empire of the North“ und wollen ihren Teil vom Kuchen abhaben. Dabei sind sie zum einen sehr fleißig und zum anderen auch nicht zimperlich, sich die Waren zu organisieren, die sie selber benötigen.

von Lars Jeske

Im Grundspiel „Empires of the North“ können die Spieler als Stamm die Wikinger, Inuit oder Schotten wählen und sich somit zwischen den Einwohnern der nördlichen Region der Erde entscheiden. In der ersten Erweiterung treffen diese dann auf alte Bekannte aus der Welt der „Imperial Settlers“. Mit „Japanische Inseln“ treten die Japaner mit ebenfalls erwartbaren zwei Clans auf den Plan.

Zusätzlich bietet diese Erweiterung auch über ein Dutzend neue Inseln, wodurch man nunmehr nicht mehr alle pro Partie sehen wird und die Strategie entsprechend anpassen muss, während das Spiel auch diesbezüglich abwechslungsreicher wird. Die Nahen Inseln haben dabei als Gimmick allesamt Namen von Tierkreiszeichen bekommen. Allein dadurch könnte man sie wieder von den übrigen trennen, jedoch gibt es auch ein Erweiterungssymbol auf jeder Karte, um diese eindeutig zu identifizieren. Beim Durchsehen des Inhaltes wird sofort klar, dass es bei „Empires of the North“ kein Deckbuilding geben wird und nicht mit jeder Erweiterung auch Karten für die Clans des Grundspiels erscheinen werden. Man kann sich somit einfach ein Set schnappen und sofort mit bis zu 3 Mitspielern losspielen.

Die Bilder auf den Karten sind wiederum sehr gut gelungen und liebevoll von Roman Kucharski gezeichnet. Es sind auch alles neue Bilder und keine, die man bereits aus „Imperial Settlers“ kennt. Da es sich um Japan handelt, sind selbstverständlich wieder die passenden Gebäude und Landschaften gewählt. Kirschblüten an den Bäumen, Tempel, Reisfelder und der Baustil passen als Motive sehr schön in die vorindustrielle Zeit, in der das Spiel angesiedelt ist. Wenngleich optisch ähnlich, spielen sich die beiden Clans jedoch vollkommen unterschiedlich.



Der Saikoro-Clan übernimmt dabei laut Verpackungstext die Rolle der feilschenden japanischen Händler. In der Tat ist dieses der erste Clan, der Karten für die Interaktion mit den Mitspielern (oder dem Bot-Deck im Solo-Modus) beinhaltet und dessen Schlüsselstrategie das ist. Während die Clans des Grundspiels einen Schwierigkeitsgrad von 1-8 haben, wird dieser hier als 9 angegeben. Somit ist es günstig, die Karten und die Mechanik des Decks zu verstehen. Besonders erfolgversprechend ist es jedoch, auf das richtige Timing der Aktionen zu achten, da man ausschließlich mit anderen Spielern interagieren darf, solange diese in der laufenden Runde noch nicht gepasst haben. Da jedoch das Tauschen von Waren mit anderen Spielern oder die Benutzung deren Karten (für eine kleine Spende versteht sich) essentiell ist, muss man sich bei unerwarteten Komplikationen schnell umorientieren können. Da hier der aufgezwungene Tausch von Ressourcen auch als Strategie gegen andere Spieler genutzt werden kann, sollte man sich seine Taktik gut überlegen. Während die Regeln für den Saikoro-Clan kurz und verständlich gehalten sind, hat die Karte „Geschenk mit Erwartung“ leider einen falschen deutschen Text. Die Erläuterung auf dem Zettel mit den Regeln ist korrekt (verglichen mit der englischen Karte), hat aber so gar nichts mit dem Text auf der Karte zu tun.

Entgegen des angegebenen Schwierigkeitsgrades, spielt sich dieser Clan jedoch überraschend einfach, und es sollte im Normalfall möglich sein, das Spiel in 3 Runden zu beenden (im Durchschnitt spielt man 4 Runden). Ob man bei der finalen Auszählung dann die Nase vorn hat, entscheidet jedoch wirklich die genutzte Strategie. Während des Spiels ist es zusätzlich hilfreich, dass die Unterscheidung zwischen den einmaligen Effektkarten (Verstärkungen) und den dauerhaften Ortskarten optisch durch die unterschiedliche Hintergrundfarbe des Textes noch deutlicher wird als bei den Karten des Grundspiels. Vor allem für Neuspieler ist dieses hilfreich bei der Planung der Aktionen, wodurch die Downtime für alle Spieler verringert wird. Ebenso sind die Namen der Karten sinnvoll gewählt, sodass man bei „Kriegsakademie“, „Freundschaftsbesuch“ oder „Geschenkeaustausch“ sogleich eine Ahnung davon hat, was die Karte kann, und nicht immer wieder komplett neu durchlesen muss, wenn man diese erneut zieht.



Der andere Clan ist der der Umineko und wurde als Schwierigkeitsgrad mit 8 klassifiziert. Diese fleißigen japanischen Hafenarbeiter bekommen sogar zwei zusätzliche Phasen im Spiel. Sie sind darauf spezialisiert, Waren zu transportieren, und ähnlich der Schotten vom Clan der Mackinnons haben einige ihrer Karten einen Speichereffekt. Nach der Kartenphase gibt es somit die Speicherphase, in der alle Karten mit Speichereffekten ausgelöst werden. Thematisch sehr schön gelöst ist dabei, dass der Speichereffekt der Hafen-Karten zum Nachteil des Spielers ist (Waren müssen ungenutzt zurückgegeben werden) und der logistischen Hürde des Löschens der ankommenden Waren im Hafen entspricht. Die übrigen Spielerkarten sorgen hingegen beim Speichern für die notwendigen Siegpunkte, sind somit das Ziel der Güter. Neue Waren im Hafen treffen dann in der anschließenden Verladenphase stilecht von den gerade ausliegenden Nahen oder Fernen Inseln ein. Somit ist auch hier wieder etwas Vorausplanung für die Runde nötig, da die Güter aller Inseln variieren. Ein überzeugender Spielmechanismus den man nicht unbedingt hat kommen sehen. Somit ist die Strategie des Spielers des Umineko-Clans verglichen mit den der anderen relativ konkret: Durch geschicktes Ausspielen der Karten schnell die Waren von den Häfen abtransportieren. Handelshäuser, Lagerhäuser oder Karten wie „Lieferservice“ und „Handelsweg“ sind sehr stimmig betitelt und bebildert; Karten wie „Kaiserliche Abgaben“ oder „Sonderlieferung“ dürfen thematisch natürlich auch nicht fehlen.

Leider muss man etwas Glück haben und die zusätzlichen Häfen am Anfang zu ziehen, um mit den anderen Spielern bezüglich der Siegpunkte mithalten zu können. Das Verschieben von Waren ist ohne diese etwas schwer, denn der andere Weg, Waren zuzuweisen, ist mühseliger, zumal es keine zusätzlichen Rohstoffquellen im Spielerdeck gibt. Dennoch gibt es mehrere Strategien, diesen Clan zu spielen, was aber von den gezogenen Karten stark beeinflusst wird und eine hohe Flexibilität und Kartenkenntnis des Spielers voraussetzt. Dieser Clan wurde in mehreren Runden von verschiedenen Spielern als bisher am schwierigsten zu spielender bewertet, bringt jedoch durch das permanente Verschieben der Ressourcen auf den eigenen Karten ganz eigene Verlockungen mit sich.



Fazit: Ignacy Trzewiczek und Joanna Kijanka haben mit „Japanische Inseln“ eine tolle Ergänzung für „Empires of the North“ designt. Die Japaner sind zwar ein bekanntes Volk im „Imperial Setters“-Universum, die beiden Clans spielen sich jedoch völlig neu, frisch und unterschiedlich zu allen anderen. Vor allem der interaktive Saikoro-Clan konnte durch seine Ausgeglichenheit überzeugen. Die Herausforderung dieser Erweiterung ist dabei minimal höher, dennoch für jeden Fan dieses Kennerspiels ein Must-Have.

Empires of the North: Japanische Inseln
Erweiterung für 1 bis 4 Spieler ab 10 Jahren
Ignacy Trzewiczek, Joanna Kijanka
Pegasus Spiele 2020
EAN: 4250231726842
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 19,95

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