Ein Licht im Nebel

„Seelenfänger“ wurde per Crowdfunding von den umtriebigen Damen der Redaktion Phantastik neu verlegt. Dabei wurde das online frei verfügbare Rollenspiel auf „FATE Core“ konvertiert. Nachdem mit „Frühnebel“ bereits vor dem Erscheinen des Grundregelwerks ein erstes Abenteuer vorlag, erscheint mit „Ein Licht Nebel“ neues Spielmaterial.

von André Frenzer

„Ein Licht im Nebel“ ist ein schmaler Abenteuerband von 32 Seiten, der zwei Abenteuer enthält. Bevor ich mich der Vorstellung derselben widme, ist – wie so oft – die obligatorische Spoilerwarnung für Spieler angebracht. Ich werde sicherlich den einen oder anderen Aspekt der Handlung vorstellen, damit geneigte Spielleiter sich ein Bild machen können. Spielern sei daher angeraten, diese Rezension nicht zu lesen.

Eröffnet wird der Abenteuerreigen mit „Hilflos“. Im Zentrum des Abenteuers steht das – dem unheimlichen Nebel gefährlich nahe gelegene – Dorf Grubenberg. Genauer geht es um eine Mine, die in der Nähe der Stadt liegt. Hier kam es vor wenigen Jahren zu einem furchtbaren Grubenunglück, bei dem einige Kinder verschüttet wurden und ihr Leben verloren. Nun haben sich die Seelen der Kinder befreien können und verlangen nach Vergeltung. Wie auch schon im Abenteuer „Frühnebel“ präsentiert Autor Jörg Köster keine festgelegte Handlungsskizze. Stattdessen werden Örtlichkeiten wie handelnde Personen ausführlich vorgestellt und damit die Bühne für die Spielgruppe bereitet, auf der sich ihre eigene Handlung entfalten kann. Dabei werden angenehm viele unterschiedliche Optionen präsentiert, welche der Handlung jeweils eine völlig andere Richtung geben dürfen. Das ist interessant, verlangt aber natürlich auch Mut zur Improvisation von der Spielleitung.

Das zweite Abenteuer, „Ein Licht im Nebel“, geht da etwas andere Wege. Es spielt in der am Sonnensee gelegenen Stadt Hort am See. Die Handlung von „Ein Licht im Nebel“ beginnt in weiter Vergangenheit, denn zu jener Zeit schuf ein Magier einen Sonnenstein, der auch heute noch als Symbol der Hoffnung für die Städter gelten könnte. Wenn, ja, wenn der Stein nicht von einem Handlanger des Täuschers zerstört und in fünf Einzelteile zersprengt worden wäre. „Ein Licht im Nebel“ präsentiert nun auf wenigen Seiten fünf Episoden, die sich allesamt um die Einzelteile des Sonnensteins drehen. Dabei gilt es für die Charaktere, unterschiedlichste Aufgaben zu meistern – vom Auffinden eines verschwundenen Schifferbootes bis zum Beenden einer unheimlichen Mordserie. Erst im Laufe der Abenteuer kristallisiert sich die Bedeutung des Sonnensteins heraus und zum guten Schluss wartet auch noch ein unerwarteter Gegner auf die Gruppe. „Ein Licht im Nebel“ ist noch skizzenhafter aufbereitet als „Hilflos“. Wer sich jedoch die Mühe macht, hier noch ein wenig Fleisch auf die Rippen aufzubringen und eine spielfreudige Gruppe mitbringt, erhält eine interessante und mitunter sogar leicht episch angehauchte Geschichte, die abwechslungsreich und spannend ist.

Beiden Abenteuern ist die Düsternis des Settings gemein. Die Menschen sind hoffnungslos, die Seelen der Toten finden keine Ruhe und auch unter den vermeintlichen Verbündeten gibt es kaum hehre Lichtgestalten. Vieles ist „grau“ im Täuscherland, und es liegt an den Charakteren, wie sie damit umgehen werden. Dies spiegelt sich zu guter Letzt auch in den fünf vorgefertigten Charakteren wider, die am Ende des Abenteuerbandes mitgeliefert werden. Denn auch von diesen hat ein jeder sein Päckchen zu tragen und verfolgt seine eigene Agenda.

Das Heft ist auf einem angenehm hohen Niveau illustriert, aber leider finden sich nur wenige Zeichnungen auf den Seiten wieder. Das Layout setzt auf dunklen Hintergrund und helle Schrift, was sicherlich Geschmackssache ist. Gut lesbar ist der Text aber allemal. Lektorat und Korrektorat haben saubere Arbeit abgeliefert. Technisch gibt es damit eigentlich nichts zu meckern.

Fazit: „Ein Licht im Nebel“ weiß durch die gekonnte Aufbereitung und die damit einhergehende absolute Flexibilität und Freiheit zu gefallen. Außerdem stellt der Band typische Aufgaben für die Seelenfänger im „Täuscherland“ vor. Wer sich für das Setting begeistern konnte, sollte hier unbedingt einen Blick riskieren. Doch gerade für die Spielleitung wartet hier noch Arbeit.

Ein Licht im Nebel

Abenteuerband
Jörg Köster, Günther Lietz
Redaktion Phantastik 2019
ISBN: 978-3946759577
32 Seiten, Softcover, deutsch
Preis: EUR 8,00

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