Dungeon Time

Neulich beim Speedquesting: „Also ich bin eine sehr genügsame Quest. Eine Fackel und ein Seil reichen mir vollkommen aus und ich bin auch ganz schnell erledigt. Wenn ihr mich wählt, will ich mich natürlich auch erkenntlich zeigen. Ich biete euch dafür einen ganz herrlichen ...“ PING.

von Kai Melhorn

Das Spiel könnte auch heißen „Wir packen unseren Koffer“.
Stimmt nicht ganz, man erledigt ja Quests. Also besser: „Wir packen unseren Koffer, einige Teile wieder aus, dann wieder welche rein“.
Auch nicht ganz richtig, man hat ja schließlich nur sehr wenig Zeit. Letzter Versuch: „Wir packen unseren Koffer, einige Teile wieder aus, dann wieder welche rein – auf Speed“.

Das Material

In der Schachtel stecken diverse Karten, das Herz und die Seele des Spiels, ein paar Marker, eine Sanduhr, ein kleines Tableau sowie die Spielregeln. Alles ist liebevoll illustriert und trifft zwar nicht immer meinen Geschmack, aber in Summe ist der Stil stimmig durchgehalten und bedient sich mit einem erfrischendem Augenzwinkern den gängigen Stereotypen der Fantasy. Die Marker und das Tableau sind von guter Qualität und auch die Sanduhr tut was sie soll: Sie lässt Sand in einer bestimmten Zeit von einem Teil des Behälters in den anderen rieseln.

Den höchsten Ansprüchen müssen in diesem Spiel jedoch die Karten genügen. Es ist essenziell, dass sich gut mischen lassen (denn es wird viel gemischt) und robust genug sind, auch hektische Spielsituationen schadensfrei zu überstehen. Nach diversen Testspielen sind meine Karten in einem sehr guten Zustand, hier passt die Qualität.

Das Spiel

Kooperativ, hektisch, intensiv und immer wieder fordernd – so lässt sich das Spiel wohl am besten charakterisieren. Dabei verfügt jeder Spieler über eine Kartenhand, die er von einem Nachziehstapel auffüllen darf, sobald er eine Karte ausgespielt hat. In Echtzeit werden die Karten nun gemeinsam in einen einzigen Stapel sortiert, wobei es sich bei jeder Karte entweder um einen Ausrüstungsgegenstand oder eine Quest handelt. Um eine Quest zu erfüllen, müssen die abgedruckten Gegenstände zuvor von den Spielern abgelegt worden sein. Also gilt es: Zunächst Gegenstände stapeln und erst dann die Quest, wenn die Gruppe sich sicher ist, alles zusammenzuhaben. Zur Belohnung erhält man für jede Quest wiederum einen Gegenstand, den man für die nächste Quest einsetzen kann. Natürlich verfügt nicht jeder Spieler über die notwendigen Gegenstände, um die eigenen Quests zu erledigen, also müssen sich die Spieler gut absprechen.
 
Nur fünf Minuten hat die Abenteurergruppe Zeit, den gesamten Nachziehstapel durchzuspielen. In dieser Phase spielen alle gleichzeitig. Man muss sich absprechen, im Auge behalten, was bereits gespielt wurde, und vor allem schnelle Entscheidungen treffen. Wenn die Gruppe zu lange zögert, hat sie kaum eine Chance, alles zu schaffen.

Sind alle Karten gespielt oder die Zeit abgelaufen, geht es in die Abenteuerphase. Der Kartenstapel wird umgedreht und nach und nach aufgedeckt. Handelt es sich um eine Ausrüstungskarte, wird diese symbolisch in einen der acht Rucksacktaschen, rings um das Spieltableau gesteckt. Ist es eine Quest, werden alle dafür notwendigen Ausrüstungskarten wieder aus dem Rucksack entfernt. Hat man alles zusammen, wurde die Quest geschafft und kann auf die Haben-Seite gelegt werden. Zusätzlich bekommt man für Quests noch Gegenstände, die man in Form von Sonderplättchen ebenfalls im Rucksack verstaut. Hat man nicht alle Bedingungen erfüllt, wurde die Quest nicht geschafft und kommt auf den Ablagestapel. Leider ist der Rucksack aber nicht unendlich groß und auch nur bedingt haltbar. Hat man zu viele verschiedene oder auch zu viele Gegenstände einer Sorte angesammelt, reißt der Rucksack auf und man verliert alles inklusive der gesamten Partie. Das Spiel ist verloren.

Verloren ist es auch, wenn man nicht die geforderte Anzahl von Quests erledigt hat. Man muss also immer höllisch aufpassen, denn nur allzu schnell sammeln sich Gegenstände im Rucksack an, die man für aktuelle Quests zwar benötigt, aber leider nicht entfernen darf, da die letzte Fackel oder der letzte Zaubertrank einfach nicht auftauchen wollen.

Die Regeln

Dem einfachen Spiel wurde ein ausführliches Regelbuch Beiseite gestellt. Die Abläufe werden gut erklärt und bebildert. Die große Auswahl an Quests und verschiedene Spielmodi bieten Abwechslung und vor allem verschiedene Schwierigkeitsgrade. Im Standardspiel werden alle Quests gemischt und damit ist die Schwierigkeit der nächsten Runde Zufall. Dieser Modus ist wenig empfehlenswert und der Frust ist vorprogrammiert, da die Mission entweder zu einfach oder unschaffbar ist.

Aber zusätzlich enthält das Regelbuch noch eine Kampagne, die die Spielergruppe durch die verschiedenen Schwierigkeitsgrade navigiert. Eine schöne Idee, die Raum für Weiterentwicklung gibt und die Motivation aufrecht erhält.

Um dem Spiel noch mehr Abwechslung mitzugeben, wurden noch ein paar vordefinierte Sondermissionen beigelegt, die mit einer kleinen Regeländerung einhergehen. Zusätzlich kann sich die Spielergruppe noch dafür entscheiden, jedem Spieler eine Charakterkarte zuzuteilen. Die Charaktere haben jeweils eine Sonderfertigkeit, die in der Abenteuerphase genutzt werden kann. Dadurch lässt sich der Schwierigkeitsgrad ein klein wenig absenken. Die Fähigkeiten sind zwar wenig ausbalanciert, dass tut dem Konzept jedoch keinen großen Abbruch. Zwar werden die Charaktere laut Regeln zufällig verteilt, aber es kann ja jede Gruppe selbst entscheiden, daraus eine bewusste Wahl zu machen und vorab über die beste Gruppenzusammenstellung zu diskutieren.

Pros
- Schnell erklärt und schnell gespielt
- Kommunikativ – eine lebhafte Atmosphäre am Tisch ist garantiert
- Gutes Material/Regelbuch
- Verschiedene Regelvarianten
- Schöner Spannungsbogen durch die hektische Spielphase und die spannende Auflösung in der Abenteuerphase

Cons
- Nichts für den späten Abend; eine gute Konzentration ist Pflicht
- Trotz verschiedenster Möglichkeiten der Variation durch Zusatzkarten und Schwierigkeitsgrade ist die Abwechslung überschaubar.


Fazit: Macht das Spiel Spaß? Ja, das tut es. Egal ob alleine oder in der Gruppe ist es fordernd und kurzweilig. Schnell ist man dabei und hat die Motivation noch ein Partie dranzuhängen. Die Kampagne und die Varianten bieten eine Menge Raum zum Ausprobieren und es wird einiges an Übung brauchen, bis man auch die schwierigsten Missionen in der Regel erfolgreich abschließen kann. Aber kann das Spiel auch motivieren, am Ball zu bleiben und sich bis in den letzten Level vorzukämpfen? Das hängt natürlich stark von der Gruppe. Vielspielern, die sich auch mal an ein Solospiel wagen, und festen Spielegruppen ist das durchaus zuzutrauen. Aber trotz der Varianten und verschiedenen Schwierigkeitsgrade fühlen sich die verschiedenen Partien doch ähnlich an. Wurde hier Raum für eine Erweiterung gelassen? Es käme auf einen Versuch an.

Dungeon Time
Brettspiel für 1 bis 5 Spieler ab 10 Jahren
Carlo A. Rossi
Ares Games 2017
EAN: 4015566034099
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 19,78

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