DSA: Pardona I – Kind des Goldenen Gottes

Vor vielen Tausend Jahren kannten die Menschen in Aventurien noch keine Reiche. Die Hochelfen dagegen lebten schon in ihren elementaren Städten. Als Beweis der Überlegenheit selbst gegenüber den Göttern lässt der Hochelf Ometheon im tiefsten Eis des Nordens den sogenannten Himmelsturm errichten. Die Stadt beherbergt viele Elfensippen, die sich der Forschung und Kunst widmen. Eines Tages erscheint die Elfe Amadena und zieht nach und nach viele Elfen in ihren Bann. Auch der junge Acuriën schließt sich ihr an und muss zu spät erkennen, dass Amadena düstere Pläne verfolgt …

von Ansgar Imme

Die Hochelfe Pardona gehört seit Jahrzehnten zu den wichtigsten Antagonisten, die die Welt von „Das Schwarze Auge“ zu bieten hat. Vom heute bekannten Fantasy-Autor Bernard Hennen in seinem damaligen „DSA“-Abenteuererstling „Folge dem Drachenhals“ Mitte der 1980 Jahre eingeführt, wurde sie – wie auch vieles zum Elfenvolk – zunächst durch seine „Phileasson“-Kampagne vorgestellt und entwickelt. Später wurde sie immer wieder von anderen Autoren aufgegriffen und tauchte in Abenteuern, Quellenbänden und weiteren Schilderungen auf.

Auch die Autorin dieser „Pardona“-Trilogie, Mhaire Stritter, hat bereits ein „DSA“-Solo-Abenteuer rund um die legendäre Elfe geschrieben und bot sich damit als Kennerin des Stoffes an. Mit mehreren Abenteuern und der Mitarbeit an Quellenbänden wies sie auch eine gute Schreiberfahrung und vor allem profunde Kenntnis der Spielwelt auf.

Eine kurze Geschichte der Zeit ... (Zum Inhalt)

Auch wenn Stephen Hawking rein gar nichts mit der Geschichte zu tun hat, so passt die Überschrift doch irgendwie zu einer Geschichte, die etliche Jahrtausende umspannt und doch auf vergleichsweise wenige Buchseiten reduziert werden muss.

In den gut 260 Seiten des ersten Bandes bewegt sich die Handlung über etwas mehr als ein Jahrtausend. Die Elfen sind lange vor der heutigen Zeit die herrschende Rasse in Aventurien und habe mehrere elementare Städte errichtet. Einer der Elfen, Ometheon, hat etliche Sippen in das ewige Eis im Norden geführt, um dort mit dem Bau einer Stadt in der lebensfeindlichen Umgebung zu zeigen, dass Forschung und freier Geist alles ermöglichen. Die Sippen unter seiner Führung geben sich der Forschung und Kunst hin und nehmen dabei eher durch Zufall auch einige Menschen aus dem Volk der Nivesen gefangen, deren Anführer der junge Kilgan ist.

Fast zeitgleich trifft aus den elfischen Städten des Südens die Elfe Amadena ein, die bei Ometheon hoch im Ansehen steht und neue Ansichten unter den Elfen ermöglichen soll. Zudem gilt sie als herausragende Forscherin. Der junge Acuriën schließt sich ihr an und wird Zeuge ihrer Experimente, bei denen verschiedene Lebewesen zu Chimären-Wesen verschmolzen werden. Als sie auch die Nivesen für Experimente nutzen will, erkennt Acuriën, dass die Elfe keine Grenzen kennt. Er wendet sich ab und und versucht, Verbündete gegen sie zu finden und Beweise über ihr Schaffen Ometheon vorzulegen. Doch Amadena hat bereits ihr Netz ausgeworfen und die Macht im Himmelsturm an sich gerissen.

Tausend Jahre später sind die Pläne der mysteriösen Elfe, die nun Pardona genannt wird, weiter gediehen und bedrohen auch die Elfenstädte. Simyala, die Stadt des Humus, scheint jedoch uneinnehmbar. Acuriën stellt bei Erkundigungen mit seinen Freunden aber fest, dass die Elfe mit Mächten im Bunde steht, die selbst die Kräfte der Elfen Simyalas zu übersteigen scheinen. Alle Hoffnung scheint vergebens, als sich die Pläne Pardonas offenbaren.

Bewertung

Während sich der vor nicht allzu langer Zeit erschienene „DSA“-Roman „Expurgico“ vornehmlich an erfahrene Leser dieser Spielwelt richtete, kommen bei dieser Geschichte auch Neulinge und wenig erfahrene Leser recht gut zum Zuge. Es gibt zwar durchaus Anspielungen, die langjährige Spieler wohlwollend erkennen, aber die Geschichte lässt sich auch ohne viele Vorkenntnisse lesen und genießen.

Vielleicht entgegen mancher Erwartung – wenn man einige Stimmen aus „DSA“-Foren und Blogs liest – steht die namensgebende Titelfigur Pardona nicht im Mittelpunkt der Erzählung. Die Geschichte wird vor allem aus Sicht des Elfen Acuriën und des Nivesen Kilgan erzählt, die oft genug Pardona und ihr Verhalten von außen erleben. Dies erlaubt zwar keine Blicke in das Innere der bekannten Protagonistin, ermöglicht aber, die Handlung auf verschiedenen Ebenen und aus verschiedenen Sichtweisen zu betrachten. Man kann sich darüber streiten, ob die Geschichte durch den Verzicht auf Pardonas Perspektive, die weitgehend egoistisch und ohne Mitgefühl ist, wirklich verliert (was der Rezensent nicht so sieht). Das Buch hätte auf jeden Fall komplett anders ausgesehen und eine ganz andere Handlung enthalten, da die Perspektiven von außerhalb und Begleitung anderer Handlungsstränge gefehlt hätten. Welches die bessere Lösung gewesen wäre, kann man natürlich nur mutmaßen. So, wie es geschrieben wurde, kann man sich als Leser dafür aber erst mal an die Figur herantasten, bekommt aber natürlich durch die „menschliche Brille“ einen abwertenden Eindruck. Ob die Folgebände den Leser näher an die Figur heranlassen, wird sich zeigen.

Dem Spannungsbogen und der Geschichte tut diese Blickweise zunächst keinen Abbruch. Es ermöglicht eben sogar, das Tempo auf unterschiedliche Weise zu bestimmen und die Handlung aus zwei Blickweisen – des Elfen Acuriën und des Menschen Kilgan – zu betrachten. Vor allem die Handlung im Himmelsturm springt schnell voran, wobei es einem im Buch so vorkommt, als ob der Zeitraum der Ankunft Amadenas bis zum Bruch mit den Elfensippen innerhalb weniger Tage bis Wochen geschieht, während es in Wirklichkeit vermutlich Monate oder Jahre gedauert hat. Für Leser und Spieler, die die Geschichte aus den Abenteuern und Quellenbänden kennen, wirkt dies deutlich zu schnell. Man hätte sich gewünscht, dass hier auch an manchen Stellen zu den Brüdern Ometheon und Emetiel die bekannte Handlung mehr ausgebaut worden wäre. So bleiben diese beiden wichtigen Figuren der Handlung oft außen vor.

Ein leichter Bruch in der Spannung und im Tempo ergibt sich nach der Flucht aus dem Himmelsturm, als die Handlung in der Elfenstadt Simyala fortgeführt wird. Hier quält man sich etwas durch die Seiten, wenn es um Gedanken und Gefühle von Acuriën geht. Und es braucht etwas, bis die Handlung wieder Tempo und Spannung aufnimmt. Zum Ende wirkt die Schilderung dagegen fast schon gehetzt. Hier hätten ein paar mehr Seiten dem Ganzen vielleicht gut getan. Der Cliffhanger zum Schluss hingegen, der nicht nur Amadena betrifft, ist gut gesetzt und lässt den Leser auf die Fortsetzung warten.

Wie schon erwähnt, ist es kein Buch mit Pardona alias Amadena im Mittelpunkt. Der Elf Acuriën und der Nivese Kilgan stehen mehr im Mittelpunkt der Handlung. Sie werden durch die Handlung geschickt, und man lebt mit ihnen und ihren Gefühlen. Bei der Beschreibung der Elfen im Allgemeinen und Acuriën im Besonderen bemüht sich die Autorin, die gewisse Fremdartigkeit gegenüber uns Menschen darzustellen, was auch durch Kilgans Beobachtungen unterstrichen wird. Andere Figuren werden dagegen eher oberflächlich gestreift, erhalten aber wiedererkennbare Merkmale.

Fazit: Der erste Roman zur legendären Elfe Pardona bietet einen guten Start in einer für langjährige Spieler und Leser teilweise bekannten Handlung. Eine erste Annäherung an die Figur wird ermöglicht und gleichzeitig werden ihr Verhalten und ihre Pläne teilweise aufgedeckt. Dabei ist die Geschichte sowohl für Neulinge als auch Kenner von „DSA“ geeignet. Ein paar Längen vor allem nach der ersten Hälfte muss man überwinden, wird aber trotzdem mit einer an vielen Stellen spannenden und manchmal noch überraschenden Handlung belohnt. Wer nur Pardona wollte, wird allerdings nicht zufrieden sein. Alle anderen bekommen einen interessanten und meist spannenden Start in die Trilogie.

Pardona I – Kind des Goldenen Gottes
Rollenspiel-Roman
Mhaire Stritter
Ulisses 2021
ISBN: 978-3-96331-777-4
280 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: 14,95 EUR

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