Drachengasse 13: Gefahr für den Elfenwald

Hätte Sando doch nur darauf geachtet, dass das Tor hinter ihm richtig geschlossen ist! Dann wäre möglicherweise alles anders gekommen. Doch nun stehen die drei Freunde mit gesenkten Kopf vor Elfenkönig Gloriel. Und der ist alles andere als begeistert, dass der wertvollste Schatz seines Volkes – das Herz des Waldes – wegen der Unachtsamkeit eines törichten Menschenjungen gestohlen werden konnte.

von Oli Clemens

Es hätte so ein schöner Tag in Bondigor für die drei Freunde Tomrin, Nissa und Sando werden können. Hausdiener Alfert hatte Tomrin damit beauftragt, mehr über die Bräuche und Lebensweisen der Elfen in Bondigor zu lernen. Dies sei immerhin Teil seiner Ausbildung zum Edelmann.

Dazu besuchen sie ein Volksfest im Elfenviertel von Bondingor, der Multikulti-Metropole am Fluss Fleet. Das Elfenviertel ist der eigene Ortsteil des grazilen Volks der Wälder und erinnert mehr an einen belebten, bunten Park als an ein Wohnviertel. Dorthin siedelten die Elfen um, nachdem sie aus ihrer ursprünglichen Wald-Heimat durch ein uraltes Übel vertrieben wurden. Für Sando, Zwerg ehrenhalber, ist das der Besuch im Elfenviertel eine Herausforderung. Er mag ihren Kleidungsstil und ihre leicht überhebliche Art überhaupt nicht, willigt aber ein, als Tomrin ihm den Besuch eines Kriegerordens vorschlägt, der für seinen Stockkampf berühmt ist.

Währenddessen trifft Nissa auf die Elfenprinzessin Lariel. Schnell freunden sie beiden an. Als Lariel erfährt, dass sich Nissa für Zauberkunst interessiert, obwohl ihr dies als Mädchen eigentlich strikt untersagt ist, möchte sie ihrer neuen Freundin an einem heiligen Elfen-Schrein den wertvollsten Schatz ihres Volkes zeigen: das Herz des Waldes. Dies ist ein kugelrundes Artefakt, in dem die Elfen einen Teil des Waldes magisch konserviert haben, aus dem sie einst fliehen mussten. Doch während Lariel und die drei Freunde die kunstvolle Welt in dem Artefakt bestaunen, werden sie Zeugen eines unheimlichen Angriffs. Und als der Spuk vorbei ist, stellen die Freunde mit Entsetzen fest, dass das magische Artefakt der Elfen gestohlen wurde!

Tomrin, Nissa, Sando und Lariel müssen sich vor dem Elfenkönig verantworten. Dieser erklärt sie zu unerwünschten Personen in seinem Reich. Auch wenn den Kindern untersagt wird, sich darum zu kümmern, den verlorenen Schatz zurückzubringen, stellen sie sofort erste Untersuchungen an, und sofort beginnt eine aufregende Schatzsuche durch Bondigor.

Während wir in Band 2 der „Drachengasse“-Kinderbuchreihe, „Geister aus der Tiefe“, viel über das launische Volk der Zwerge erfahren haben. widmet sich der neue Band „Gefahr für den Elfenwald“ den Traditionen und Lebensweisen der Elfen. Die ersten drei Kapitel lesen sich fast wie eine bunt-schillernde Chronik des Waldvolkes. Durch das ganze Abenteuer hindurch treffen unsere drei jungen Helden immer wieder auf elfische Traditionen und Bräuche. Und zum Glück können sie auch auf die Hilfe ihrer neuen Freundin Lariel zählen.

Im weiteren Verlauf ihres Abenteuers, das die Freunde unter anderem ins exotische Vielvölkerviertel und ins heruntergekommene Ostend führt, purzeln sie von einer Gefahr in die nächste und kommen oft noch gerade so mit einem blauen Auge davon. Straßenbanden, grimmige Türsteher, ungebetener nächtlicher Besuch oder der Showdown in einer geheimnisvollen Burg – unsere Freunde stecken auf jeder der 220 Seiten wieder Hals über Kopf in einem packenden Abenteuer.

Mehr als in den anderen bisher veröffentlichten Bänden spielt die Magie in „Gefahr für den Elfenwald“ eine bedeutsame Rolle. So beherrscht Nissa mittlerweile schon den Licht- und Findezauber und setzt ihn auch gezielt bei der Spurensuche ein. Die Kinder treffen aber auch auf andere Wesen, die ihre Magie für ihre bösen Absichten einsetzen.

Das Autoren-Duo Perplies und Humberg schafft es dabei, Bondigor zu einem pulsierenden und diversen Spielplatz für ihre drei Protagonisten zu machen. Dabei streuen sie sowohl klassisch-mythische Motive ein, etwa wenn die Freunde durch unterirdische Gänge irren, aber auch ganz zeitgenössische Dinge spielen eine Rolle, wie etwa ein Luxushotel, ein Vergnügungspark oder die Lust von Kindern am Verkleiden. Über alles das streuen sie eine Prise Humor, wie beispielsweise beim Aufeinandertreffen mit den „Fiesen Fünf“, die offenbar nicht richtig zählen können.

Wären unsere Freunde als klassische Heldengruppe unterwegs, so könnte man sie nun auch mittlerweile klar in ihren Klassen definieren. Nissa hat sich autodidaktisch zur Zauberkundigen entwickelt und lebt unbemerkt im Schatten der magischen Universität, nach wie vor unbeeindruckt von den Alte-Männer-Regeln der Zauberer. Tomrin ist der Kämpfer für das Gute, der aber klug genug ist, seine eigenen Chancen in einem Kampf abzuwägen. Und für Sando ist jedes Schloss eine Aufforderung, seine Fingerfertigkeit mit den Dietrichen zu testen. Verbunden sind die durch ihre Freundschaft und das Vertrauen darauf, dass alle immer das Beste füreinander geben. Das ist auch gut so, denn als sie am Schluss vor ihre größte Herausforderung in „Gefahr für den Elfenwald“ treten, müssen alle drei zeigen, dass sie auch allein bestehen können, um gemeinsam erfolgreich zu sein.

Fazit: Elfen, Magie, eine selbstauferlegte Quest und ein spannender Showdown mit Happy-End: „Gefahr für den Elfenwald“ hat davon alles! Sando, Hanissa und Tomrin sind reifer geworden, auch wenn sie immer noch Kinder sind. Und zum ersten Mal stecken sie auch so richtig in der Klemme und müssen sich mit der Konsequenz ihres Handelns auseinandersetzen. Sie lösen ihr Dilemma aber auf bravouröse Art und Weise und erlangen zum Ende wieder das Vertrauen der Elfen.

Drachengasse 13: Gefahr für den Elfenwald
Fantasy-Roman (ab 10 Jahren)
Bernd Perplies, Christian Humberg
Edition Roter Drache 2022
220 S., Hardcover, deutsch
ISBN: 978-3-96815-048-2
Preis: EUR 10,95

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