Doom – Das Brettspiel (NEUAUFLAGE)

Als 1993 das Videospiel „Doom“ auf den Markt kam, galt der 3D-Ego-Shooter sowohl in technischer Hinsicht als auch aufgrund seiner inhaltlichen Intensität als bahnbrechend. Der ultrabrutale Kampf von Marines gegen eine Dämonenbrut auf dem Mars (und später auch in Höllenleveln) entwickelte sich zum (zeitweise in Deutschland indizierten) Hit und zog mehrere Fortsetzungen nach sich. Digitale Ableger, Romane und sogar ein Kinofilm adaptierten und erweiterten die Handlung. 2004 veröffentlichte Fantasy Flight Games ein erstes Brettspiel zu „Doom 3“. 2016 wurde eine neue Version – begleitend zu „Doom“ (2016) – auf den Markt gebracht. Jetzt liegt sie auf Deutsch vor.

von Frank Stein

Das taktische, missionsbasierte Miniaturenspiel ist für 1 bis 4 Spieler, die einen Trupp schwer bewaffneter UAC-Marines übernehmen, sowie einen Zerstörer-Spieler, der die höllischen Horden kontrolliert, ausgelegt. Es schlägt in die gleiche Kerbe wie die FFG-Spiele „Descent“ und „Imperial Assault“ (oder eben der Urvater „Doom – Das Brettspiel“), bedient aber statt Fantasy oder SF die Action/Horror/Videogame-Ecke, was sich auch durchaus im Spielmechanismus widerspiegelt. So wird deutlich weniger Wert darauf gelegt, ein (fortlaufendes) Abenteuer zu erzählen. Stattdessen werden die Einsätze in knackig militärischer Form präsentiert und das Konzept ist schnell und tödlich.

Das Cover der quadratischen Standard-Box ziert der Cyberdemon aus dem aktuellen Videospiel, ein fieser Brummer, der auch als überdimensionierte Spielfigur (und Operations-Endgegner) enthalten ist. Das Innere der Schachtel ist mit Spielmaterial gut gefüllt, etwa mit 37 Plastikminiaturen, 6 Kampfwürfeln, Regelwerk, Referenzhandbuch und Operationshandbuch, Unmengen an Spielkarten und Spielmarkern sowie 24 doppelseitig bedruckten Spielplanteilen, die in ihrer Machart absolut jenen aus „Descent“ oder „Imperial Assault“ gleichen (oder eben dem Urvater „Doom – Das Brettspiel“). Das Design, die Bilder und die Miniaturen sind dabei komplett an das neue „Doom“-Videospiel angelehnt beziehungsweise im Fall der Bilder diesem sicherlich auch teilweise einfach entnommen. Alles in allem ist das Spielmaterial gewohnt hochwertig, auch wenn die Illustrationen überwiegend in Rot-Braun-Grau daherkommen und deshalb das Ganze etwas trister wirkt als die farbenfrohen Schwesterspiele.

Was auf den ersten Blick wie „Imperial Assault“ mit aufgestülpter „Doom“-Thematik wirkt (wobei das alte „Doom“ durchaus früher da war, aber wer erinnert sich schon noch an Spiele von vor 14 Jahren – ich nicht, darum kann ich die Neuauflage mit dem ursprünglichen Brettspiel auch leider nicht vergleichen), spielt sich schon im Tutorial spürbar anders. Klar: Es geht wieder darum, dass eine Truppe Helden gegen die Kräfte des Bösen, gesteuert durch einen Spielleiter, kämpfen. Man bewegt sich und schießt, Reichweite, Sichtlinie und Geländebeschränkungen spielen hier wie da eine Rolle. Ähnlichkeiten existieren also durchaus. Doch die Unterschiede machen das Spiel spannend.

Eine Partie wird über mehrere Runden zu jeweils zwei Phasen gespielt. In der Statusphase wird der Initiativestapel neu gemischt, Karten werden spielbereit gemacht und einige andere organisatorische Punkte abgehandelt. In der Aktivierungsphase werden nacheinander die Karten des Initiativestapels aufgedeckt, und dann wird jeweils ein Marine oder eine Monstergruppe des Zerstörers aktiviert. Diese Art von unvorhersehbarer Reihenfolge spiegelt ganz  gelungen die Unwägbarkeiten eines Kampfs gegen die Hölle wider.

Monster verwenden zur Bewegung und zum Kampf die fixen Werte auf ihren Dämonenkarten. Allerdings kann der Zerstörer auf Ereigniskarten zurückgreifen, um unerwartete Effekte auszulösen, etwa eine Explosion oder ein Neuwürfeln eines der Kampfwürfel. Marines handeln in ihrer Aktivierung gemäß den Aktionskarten, die sie auf der Hand halten. Dabei wird das Aktionsdeck jedes Marines individuell aus vier Grundkarten und dann je drei Karten passend zu jeder Waffe, die er trägt, zusammengestellt. Das Startdeck liegt bei zehn Karten (vier Grundkarten plus zwei Waffen), findet man im Laufe einer Mission weitere Waffen, wird es größer. Unterschieden wird dabei nach Haupt-Aktionen und Bonus-Aktionen, das heißt der Spieler kann seinen Marine nicht völlig frei agieren lassen, sondern ist in der Regel auf eine Bewegung, einen starken Angriff und vielleicht einen schwächeren Extra-Angriff beschränkt. Elegante Karten-Kombos mögen auch ein härteres Zuschlagen erlauben.

Ein Angriff wird ganz leicht abgehandelt. Jede Karte zeigt an, welche Kampfwürfel (es gibt schwächere rote und stärkere schwarze) man werfen darf. Die Würfel erzeugen 0-3 Punkte Schaden. Zur Abwehr zieht ein Marine-Spieler eine Aktionskarte und vergleicht die Schildsymbole in der oberen rechten Ecke. Der Zerstörer zieht vom Ereignisstapel. Was bleibt, ist Schaden. Sind die Lebenspunkte auf Null gesunken, wird ein Dämon vom Tisch entfernt, ein Marine stirbt und respawnt in der nächsten Aktion.



Wie es sich für eine Videospiel-Adaption gehört, liegen in den Leveln Med-Kits herum, man findet Waffen und die Marines respawnen an bestimmten Teleporterpunkten, nachdem die Dämonen sie umgebracht haben. Portalmarker, an denen (meist) einmalig Monster auftauchen können, sind das analoge Pendant zu Triggern in der digitalen Welt. So kann nach dem Öffnen einer Tür ein Portalmarker ausgelöst werden, der dann den Raum dahinter mit Höllengezücht füllt.

Die Missionen sind meist sehr gradlinig. Der Zerstörer muss Killmarker sammeln (für jeden toten Marine einen), die Marines müssen entweder alle Monster umbringen oder Zielmarker einsammeln. Für Abwechslung sorgen unterschiedliche Invasionskarten (die bestimmen, welche Monster aus Portalen treten), Bedrohungskarten (die ein paar globale Umstände festlegen), Missionskarten (die Ziele für die Marines und den Zerstörer festlegen), Klassenkarten (die den Marines kleine, dauerhafte Boni verleihen) sowie im Spiel die Glory-Kill-Karten (die einen kurzzeitigen Vorteil verleihen, wenn ein Marine einen Dämon im Nahkampf erledigt hat). All diese modularen Spielbestandteile machen es zudem leicht, Missionen zu modifizieren.

Die zwei sechsteiligen Operationen im Operationshandbuch erzählen zwar je eine kleine, fortlaufende Geschichte, bestehen aber dennoch im Grunde aus Einzelmissionen. Es gibt keinen echten Kampagnenmodus mit Helden und Monstern, die stärker werden. Skaliert wird das Spiel eher durch die Art der Gegner, die auftauchen, die Waffen, die im Level liegen (BFG!) und die Zahl der Killmarker, die der Zerstörer für einen Sieg benötigt. Daher eignet sich „Doom“ auch eher als kurzweilige Metzelorgie für Zwischendurch, denn als episches Abenteuer, in dessen Rahmen man sich immer mehr mit seiner Spielfigur identifiziert.

Fazit: Man könnte „Doom“ den kleinen, schmutzigen Bruder von „Descent“ oder „Imperial Assault“ nennen – schnell, düster, tödlich. Einige Elemente wurden aus den anderen beiden Spielen übernommen, der Mechanismus selbst ist jedoch durch die Aktionskarten, den Initiativestapel, das Respawnen und andere, an Videospiele angelehnte Details etwas durchaus eigenes. Das Kampagnenspiel kommt eher lakonisch daher, was den Fluff angeht, und ist von einem deutlich zynischen Tonfall geprägt. Da die Marines keine echte eigene Identität haben (es sind gesichtslose Soldaten, die Alpha, Bravo etc. heißen) und auch keine Entwicklung durchmachen, liegt die Stärke von „Doom“ eher in flotten Einzelmissionen, die mit reichlich Geballer und erheblichem Bodycount für Laune am Spieltisch sorgen.

Doom – Das Brettspiel (NEUAUFLAGE)
Brettspiel für 2 bis 5 Spieler ab 4 Jahren
Jonathan Ying
Fantasy Flight Games/Asmodee 2017
EAN: 4015566024595
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 75,99

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