Die Schwarze Katze: Die Drachen von Wolldorf (Einsteigerbox)

„Die Schwarze Katze“, der feline Ableger von Deutschlands erfolgreichstem Rollenspiel „Das Schwarze Auge“, gehört zu den erfolgreicheren Produkten der jüngeren Verlagsgeschichte. Nachdem bereits zwei erfolgreiche Crowdfundings zahlreiche Abenteuer- und Quellenbände finanziert haben, liegt nun mit „Die Drachen von Wolldorf“ eine eigens angefertigte Einsteigerbox vor. Kann das Produkt überzeugen?

von André Frenzer

Einsteigerboxen sind immer ein interessantes Themengebiet für Spielende wie Rezensenten. Welche Inhalte sind enthalten? Wie umfangreich sind die präsentierten Regeln? Ist ein weiteres Spiel mit den Inhalten aus der Box möglich, oder handelt es sich wirklich nur um einen Appetizer? Beim Öffnen der Box „Die Drachen von Wolldorf“ fällt zunächst einmal die angenehme Materialfülle auf. Gleich fünf Hefte sind enthalten, dazu ein Flyer, fünf mehrseitige Charakterbögen, vier Würfel, ein Mondglöckchen und eine großformatige Karte. Es gibt also reichlich zu erkunden.

Neueinsteiger sollten mit dem Flyer „Lies mich zuerst“ in die Lektüre einsteigen. Hier wird kurz erklärt, was ein Rollenspiel eigentlich ist und was man mit den weiteren Inhalten der Box so alles anstellen kann. Es folgt sogleich das erste Abenteuer, welches mit „Die ersten Tapser“ betitelt ist. Hier begleiten wir eine Gruppe erwachter Katzen auf ihrer Reise von Havena in das beschauliche Dorf Wolldorf. „Die ersten Tapser“ ist didaktisch gut gemacht. So wird in diesem Band noch kein Spielleiter verlangt. Stattdessen erarbeitet sich die Gruppe die Beschreibungen sowie die ersten Regeln gemeinsam. Proben und ein einfacher erster Kampf werden ausführlich erklärt und die Ergebnisse der Würfelwürfe in eine mögliche Weiterführung der Handlung eingebunden. Natürlich ergeben sich auf diese Weise noch nicht die Freiheiten, die das Rollenspiel später bieten wird; dennoch finde ich diese Herangehensweise sehr gelungen, um den Spielern eine erste Idee vom gemeinsamen Rollenspiel zu vermitteln.

Nachdem die Helden Wolldorf erreicht haben, lernen sie den Meckerdrachen Toblin kennen. Dieser fungiert als Auftraggeber für das zweite enthaltene Abenteuer, „Der magische Schlüssel“. Dieses Abenteuer ist nun bereits wesentlich klassischer aufgebaut, nimmt den – spätestens jetzt von den Spielern zu bestimmenden Spielleiter – aber sehr eng an die Hand. Dialoge mit NSC werden als klassische Frage-Antwort-Spiele vorgeschlagen und auch Regelerklärungen werden noch sehr ausführlich vorgenommen. Auch wird der Spielleiter ermutigt, ideenlosen Spielern Rat- und Vorschläge zu geben, um die Handlung in Schwung zu halten. Am Ende des Abenteuers sollten die Erwachten den namensgebenden magischen Schlüssel in den Händen halten, welcher sie an den Ort des dritten Abenteuers bringt. „Der Tempel des Drachen“, eine geheime Höhle unterhalb Wolldorfs, beinhaltet dann nicht nur ein Abenteuer in fast schon klassischer Aufmachung, sondern auch inhaltlich klassische Kost: ein zünftiger Dungeoncrawl und ein kleiner, aber feiner Drachenhort mit Twist erwarten die tapferen Katzen.

Die beiden weiteren Bände enthalten die wichtigsten Grundregeln aus dem Grundregelwerk sowie eine Settingbeschreibung von Wolldorf. Dabei ist das Regelheft mit seinen 36 Seiten das Schwergewicht in der Box. Enthalten sind entschlackte und verkürzte Grundregeln, sodass man das Wichtigste über Proben und Fertigkeiten, Kampf, einige Ahnenzauber und besondere Sonderregeln nachschlagen kann. Ebenfalls enthalten ist eine kurze Ausrüstungsliste, um die Charaktere weiter auszustatten. Was fehlt sind Generierungsregeln für eigene Charaktere, sodass man für weitere Abenteuer auf die vorgefertigten Erwachten zurückgreifen muss. Das 24 Seiten starke Heft zu Wolldorf enthält zunächst eine allgemeine Beschreibung über das Leben als Erwachter, bevor das eigentliche Setting der Box beschrieben wird. Lobend erwähnen möchte ich, dass neben dem Vertiefen der Abenteuerschauplätze auch an neue Aufhänger für spätere Abenteuer gedacht wurde. Wolldorf ist natürlich nicht Havena, dennoch lassen sich hier – einen kreativen Spielleiter vorausgesetzt – sicherlich noch ein paar spannende Stunden erleben.

Die Box erscheint mir didaktisch interessant und recht gut gelungen. Sie nimmt die gesamte Spielergruppe an die Hand und führt sie in das Konzept „Rollenspiel“ ein. Der Schwierigkeitsgrad sowohl für die Spieler aber insbesondere für den Spielleiter steigt dabei von Abenteuer zu Abenteuer, wobei man am Ende dieser Box bereits ein recht gutes Gefühl dafür hat, wie das Spiel funktioniert. Doch auch inhaltlich hat mir „Die Drachen von Wolldorf“ gefallen. Die Abenteuer verbinden klassische Fantasy-Elemente sehr gelungen mit der Attitüde eines „Katzen“-Rollenspiels. Der Charme, welcher gerade „Die Schwarze Katze“ ausmacht, wird hier sehr gut transportiert – ohne jedoch die Wurzeln als Abenteuerspiel zu verleugnen. Die wirklich schöne Bandbreite an Material tut ein Übriges, um den positiven Eindruck zu verstärken. Einziges Manko bleiben die fehlenden Regeln zum Erschaffen eigener Charaktere. Viele Einsteigerprodukte verzichten gerade auf diesen Bestandteil der Regeln, sicher auch, um neugierig auf die Grundregeln zu machen. Aber so richtig komplett wäre die Box eben nur dann, wenn nicht nur vorgefertigte Charaktere beiliegen würden.

Optisch unterscheidet sich „Die Drachen von Wolldorf“ nicht großartig von den anderen Produkten der Reihe. Die Bände sind vollfarbig und reichhaltig illustriert. Das Layout ist an „Das Schwarze Auge“ angelehnt, wirkt aufgeräumt und übersichtlich. Textkästen und Vorlesetexte lockern die Fließtexte auf und sorgen für Anhaltspunkte und Übersichtlichkeit. Die Illustrationen, welche teilweise aus anderen Bänden zweitverwertet wurden, sind einheitlich auf einem hohen Niveau und lassen das Leben der Erwachten lebendig werden. Es gibt einige kleinere Ungereimtheiten zwischen den Charakterbögen der vorgefertigten Charaktere (um diese kompatibel mit dem Grundregelwerk zu halten) und den im Regelheft vorgestellten Fertigkeiten, doch fallen diese kaum weiter ins Gewicht. Da sich auch ansonsten kaum Fehler in der Box finden lassen, möchte ich Korrektorat und Lektorat eine gute Arbeit attestieren.

Fazit: „Die Drachen von Wolldorf“ ist eine interessante Einsteigerbox. Eine ansprechende Lernkurve, viel Material, klassisches Abenteuerflair und eine optisch hochwertige Aufmachung versprechen einen guten Einstieg in „Die Schwarze Katze“. Für Neueinsteiger und alle, die einmal in „Die Schwarze Katze“ hineinschnuppern wollen, eine glatte Empfehlung.

Die Schwarze Katze: Die Drachen von Wolldorf (Einsteigerbox)
Einsteigerbox
Philipp Baas u. a.
Ulisses Spiele 2022
ISBN: 978-3-9873208-2-8
24, 24, 20, 24 und 36 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 29,95

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