Der Innere Feind 4: Die Gehörnte Ratte – Kompendium

Das vierte Kompendium zur Kampagne „Der Innere Feind“ legt einen Schwerpunkt auf die verschlagenen Rattenmenschen – die Skaven. Neben Hintergrundwissen über ihre Geschichte, Gesellschaft und ihre Gottheit finden sich Informationen zu besonderer Ausrüstung, Magie, Waffen und Apparaten sowie einen sie verehrenden menschlichen Kult. Ebenso gibt es Erweiterungen rund um die Stadt Middenheim und die Middenberge, außerdem Begegnungen sowie drei Kurzabenteuer, die den Spielwert erweitern sollen.

von Ansgar Imme

Das vierte Abenteuer der Kampagne „Der Innere Feind“ hat den anderen Abenteuern etwas voraus: Es wurde komplett neu geschrieben, da der alte vierte Band nicht zur Kampagne passte. Somit konnte man auch im zugehörigen Kompendium eher Neues erwarten, während in den anderen Kompendien teilweise auch Inhalte aus den Ursprungsabenteuern in die Kompendien ausgelagert wurden. Wie bisher soll auch dieses Kompendium den Spielleiter unterstützen und weitere Informationen liefern, um das Abenteuer und die Spielerfahrung zu bereichern. Verantwortlich ist weiterhin Altautor Graeme Davis, der etliche weitere Autoren um sich geschart hat.

Zum Inhalt

Das Kompendium enthält wie bisher 128 Seiten, die mit vielen vollfarbigen Illustrationen versehen sind und ein angenehm lesbares und übersichtliches Layout haben. Dazu sind erneut der Stadtplan von Middenheim in einer Version für die Spieler und in einer für den Spielleiter sowie Handouts zu den Kurzabenteuern des Bandes enthalten.

Das erste Drittel des Bandes wird allein den Skaven gewidmet, wobei auch die dann fünfzehn weiteren Seiten mit ihnen in Zusammenhang stehen, so dass etwa die Hälfte des Bandes allein für die Rattenwesen vorgesehen ist.

Der erste Abschnitt beginnt mit der Geschichte der Skaven von Anbeginn ihrer Existenz bis heute sowie der Beschreibung des Rates der Dreizehn. Dabei wird auch auf Schlachten gegen die Menschen sowie ihre Verbindung zum gefährlichen Warpstein eingegangen.

Das zweite Kapitel stellt die verschiedenen Klans der Skaven vor (mitsamt passender Regelwerte), was sie auszeichnet, wo ihre Stärken liegen und welche Ziele sie sowohl gegenüber den anderen Klans als auch generell und im Umgang mit den Menschen haben. Einiges aus dem ersten Abschnitt wird hier dann noch einmal genauer erläutert, sodass sich beide Kapitel gut ergänzen. Auch wird eine Verbindung mit dem Abenteuer hergestellt, da Entscheidungen des Skavenrats der Dreizehn erläutert werden und wie sich diese auf die Handlung auswirken.

Die beiden nun folgenden Teile sind sehr spielnah, da es sich um Regelelemente oder verwendbare Gegenstände handelt. Mit Skavenwaffen und spezieller Ausrüstung kann man die Gegner der Abenteurer passend ausrüsten und im Spiel deutlich von den Menschen unterscheiden. Die Waffen und Ausrüstung bieten sich dazu als Beuteteile nach einem Kampf an. Hier finden sich Nah- und Fernkampfwaffen, magische Gegenstände oder Skavenmunition mitsamt Beschreibungen als auch Regelwerten. Da die Skaven durch den Warpstein besondere Technologie verwenden und erstellen, sind Elektropeitschen, Gaskugeln, Bomben und Raketen keine Seltenheit in der skavischen Ausrüstung.

Außergewöhnlich ist dazu die skavische Magie, deren Anwender und ihre vor allem sehr ausgeprägte Verwendung von Warpstein beim Zaubern präsentiert werden. Mehrere Seiten mit neuen Zaubersprüchen sowohl zur Stärkung eines Skaven als auch gegen feindliche Ziele sorgen für eine gute Ausstattung des Spielleiters.

In vier kürzeren Kapiteln geht es dann nicht mehr direkt um die Skaven, aber um mit ihnen zusammenhängende Themen. Ein kleines Bestiarium zeigt Schöpfungen des Züchterklans der Skaven, der mit Hilfe von Warpstein und Magie schreckliche Monster aus normalen Ratten geschaffen hat. Mit Hilfe von Spielwerten, Illustrationen als auch Beschreibungen können diese schnell im Spiel eingesetzt werden. Mit dem Assassinenlehrling wird eine besondere Art von Skaven beschrieben, auf den die Abenteurer auch im Abenteuer treffen können. Dazu werden Hinweise für das Aufeinandertreffen sowie die Zuspitzung von Gefahr genauer erläutert. Im dritten Teil geht es um die Skavenverschwörung, womit das Verschweigen der Existenz der Skaven gemeint ist, und wie sowohl von den Skaven als auch den Menschen versucht wird, deren Existenz und damit Gefahr zu verwischen. Der „Gelbe Fangzahn“ ist dann eine der Organisationen, die mit den Skaven zusammenarbeiten und diese sogar verehrt und ihnen dient. Deren Organisation, Ziele, Methoden und Erkennungsmerkmale sowie Werte verschiedener Kultisten werden in dem letzten dieser vier Abschnitte dargestellt.

In den Kapiteln 9 bis 12 beschäftigen sich die Autoren mit den Middenbergen, der Bronzefeste sowie Begegnungen auf dem Weg dorthin. Neben einer längeren Ausführung zur Geschichte der Middenberge und einem kleinen Bestiarium wird die gefährliche und mysteriöse Bronzefeste – leider – nur kurz gestreift und dabei auch die Gefahr der Seuchenkönige erwähnt. Mit zwei zwergischen Zufallsbekanntschaften und einer neuen Zwergenkarriere wird dieser Bereich abgerundet.

Gleich drei Abenteuer kann der Spielleiter auf den abschließenden vierzig Seiten für sich nutzen. „Ein wenig Hilfe von meinen (neuen) Freunden“ benötigt der belgische, pardon, halblingsche Detektiv Alphonse Hercules de Poirot, pardon, Gascoigne, um in Middenheim mit Hilfe der Abenteurer eine Entführung aufzuklären. Auf dem Weg in die Middenberge müssen die Abenteurer dann im kleinen Ort Oberholzbeck den Einwohnern helfen, die mehrere ihrer Verwandten und Freude vermissen. Doch die Mine, in der diese verschollen sind, birgt eine größere Gefahr als man denkt. Wie schon in den Vorbänden darf man sich dann noch einmal mit dem „Grabfürsten“ herumschlagen, welcher anscheinend einfach nicht totzukriegen ist. Dieses Mal treibt er sein Unwesen in Middenheim und auf dem Weg in die Middenberge und stört – teils unbeabsichtigt – die Pläne der Helden.

Kritik

Hier wurde nicht mehr mit dem unerlässlichen Begleitband für das Abenteuer geworben, sondern vom „essenziellen Begleiter gegen die Bewohner des Unterreichs“ gesprochen. Und das trifft es zumindest für die erste Hälfte ganz gut. Die Handlung und Hintergründe des zugehörigen Abenteuers werden durch die vielen Informationen gestärkt und erweitert, auch wenn vieles davon den Spielern gar nicht oder nur teilweise zu Ohren kommen wird.

Natürlich ist der Ablauf und das Spielen von „Die Gehörnte Ratte“ auch recht gut ohne die hier enthaltenen Informationen möglich, aber die neuen Hintergründe helfen dem Spielleiter vor allem dann, wenn die Abenteurer auf die Skaven treffen und diese verhören oder sich eben genauer mit dem Kult des Gelben Fangzahns beschäftigen. Noch mehr zum Tragen kommen all die Hintergründe natürlich, wenn der Spielleiter weitere Abenteuer mit und um die Skaven plant oder die Abenteurer sogar in die Unterwelt schicken möchte. Dies erfordert allerdings sehr erfahrene Helden. Alternativ kann man auch eine reine Skavenkampagne überlegen, wenn man einiges weiter ausarbeitet.

Wer aus der zweiten Edition den Hintergrundband „Die Gehörnte Ratte“ (damals kein Abenteuer) kennt, dem wird vieles aus der ersten Hälfte des Kompendiums bekannt vorkommen. Aber natürlich wurde alles auf die neue Regeledition angepasst und dazu auch einige Anpassungen vorgenommen, sodass auch Altspieler hoffentlich davon profitieren.

Sehr hilfreich sind auf jeden Fall die Skavenwaffen und die Ausrüstung, da man die Gegner so individueller gestalten und ganz neue Herausforderungen für die Abenteurer ins Spiel bringen kann. Auch auf die neuen Zauber werden die Spieler so nicht vorbereitet sein und entsprechend ganz anders gefordert. Der Wiederspielwert ist hier ohne Zweifel gegeben.

Die kleinen Zwischenkapitel um den Assassinenlehrling, die Skavenverschwörung (bereits im Abenteuer erwähnt) oder die Begegnungen auf dem Weg zur Bronzefeste wirken dagegen ein wenig wie Lückenfüller. Man hätte sie auch nicht vermisst, wenn sie gefehlt hätten Die Informationen bereichern unter Umständen das Spiel, aber es braucht sie nicht.

Fast schon zu kurz sind dagegen die Abschnitte um den Gelben Fangzahn und vor allem das Middengebirge und die Bronzefeste. Auch wenn sowohl Kult als auch das Middengebirge im Abenteuer kurz beschrieben werden, hätte man hier gern mehr Hintergründe als die wenigen Seiten liefern können, falls ein Spielleiter dies im Abenteuer oder vor allem später noch mal nutzen möchte. Dagegen haben die beiden Bestiarien zu Skaven und dem Middengebirge deutlich mehr Platz im Vergleich erhalten. Hier hat man mehrfach den Eindruck, dass man unbedingt Regelelemente, Spielwerte und bedrohliche Wesen einbringen möchte. Aber vielleicht ist das in englischsprachigen Systemen aktuell auch einfach stärker gefragt. Bei der Bronzefeste hingegen handelt es sich um ein so gefährliches Terrain und sehr mächtige Gegner, dass die Autoren dies vielleicht nicht genauer ausführen wollten, da man schon sehr erfahrene Spielercharaktere benötigt.

Die drei Abenteuer bieten wie bereits in den Vorbänden gute Unterhaltung für wenige Spielabende oder als Einschub in die Handlung. Vor allem das zweite Szenario um die Mine kann gut auch in das Abenteuer eingebaut werden. Aber auch die beiden anderen Kurzabenteuer lassen sich mit wenig Aufwand in die normale Handlung integrieren. Alle sind ausreichend genug ausgearbeitet, teilweise mit Plänen versehen und bieten eine kurzweilige und spannende Handlung mir jeweils unterschiedlichen Herausforderungen. Dazu wird den Spielern auch jeweils recht viel Freiraum geboten, ohne dass sie nur an einer roten Linie entlanggeführt werden.

Fazit: Grundsätzlich macht das Kompendium wieder einen guten Eindruck und bietet viele Informationen und nur wenig Füllmaterial. Essentiell für das Abenteuer ist es nicht, für ein Spielen in der Unterwelt aber auf jeden Fall mit der ersten Hälfte sehr hilfreich. Für die Unterwelt ist die zweite Hälfte dann aber überhaupt nicht nützlich, auch wenn große Teile davon durchaus gut sind. Insgesamt ist es wieder ein Mischband, der das Abenteuer bereichert und auch außerhalb der Kampagne für viel Spielspaß und neue Ideen sorgen kann. Damit ist es definitiv kein Muss-Kauf, aber durchaus ein lohnenswerter Erwerb. Wer noch etwas für den Weihnachtsbaum benötigt, kann seine Wunschliste um diese Publikation ergänzen.

Der Innere Feind 4: Die Gehörnte Ratte – Kompendium
Quellenbuch
Dave Allen, Gary Astleford, Jim Bambra u.a.
Ulisses Spiele 2024
ISBN: 978-3-96331-910-5
128 S., Hardcover, deutsch
Preis: 39,95  EUR

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