von Jens Krohnen

Alle vier hier versammelten Abenteuer eignen sich für Anfänger oder Lehrlinge, also für Startcharaktere oder solche, welche sich gerade erst die ersten Meriten verdient haben. Die Abenteuer könnten dabei recht problemlos hintereinander gespielt werden, verfügen aber über kein verbindendes Element – sieht man einmal von den durchweg düsteren Themen ab. Einzig „Die Peitsche des Sklavenjägers“ nimmt handlungstechnisch eine Sonderstellung ein und bietet sich in der vorliegenden Form nur als Kampagneneinstieg an. Doch der Reihe nach.

Eröffnet wird der Abenteuerband mit „Missetat in Letzte Hoffnung“. Letzte Hoffnung ist der Name der kleinen Ortschaft, in dem das Abenteuer von Robert Schwalb, dem Autoren hinter dem „Dämonenfürsten“ höchstselbst, spielt. Hier stoßen die Charaktere auf die Umtriebe eines Nekromanten und seiner Verbündeten, die eine Spur der Verwüstung in Letzte Hoffnung hinterlässt. Zunächst sind die vielen Grautöne innerhalb des Szenarios erwähnenswert, denn auch wenn es Schlimmeres zu verhindern gilt, gibt es hier keine klassischen Bösewichte. Dazu gesellen sich ein netter Dorf-Generator sowie einige kleine Zufallstabellen, um das Abenteuer abwechslungsreicher zu gestalten. Das gefällt.

Deutlich kürzer fällt „Die Peitsche des Sklavenjägers“ aus. Hier finden sich die Charaktere als Gefangene orkischer Sklavenjäger wieder und müssen auf ihrem beschwerlichen Weg gen Norden eine Möglichkeit zur Flucht finden. Wenige ausgearbeitete Nebencharaktere und ein Finale, welches notfalls per „Deus ex machina“ gelöst wird, lassen das Abenteuer ein wenig beliebig und wenig ausgereift wirken, auch wenn die Grundidee für Einsteigercharaktere interessant ist.

In „Der Gott in der Tiefe“ werden die Charaktere durch einen Kirchenoberen auf eine neue Religion angesetzt, welche sich in der Stadt neuerdings Beliebtheit erfreut. Hierbei handelt es sich um einen Totenkult, welcher den Toten einen sicheren Weg ins Jenseits verspricht. Das Abenteuer erinnert damit in der Anlage an das Szenario „Der perfekte Augenblick“ aus „Unvermeidbare Opfer“, kann jedoch nicht an dessen Tiefgang heranreichen. Der Kult bleibt dünn und uninspiriert, und auch die Auflösung seiner Machenschaften ist eher unspektakulär.

Abgeschlossen wird „Der Gott in der Tiefe“ dann mit dem Szenario „Ihre Augäpfel“. Hier geht es um ein Dorf, welches einen Pakt mit einem Feenwesen geschlossen hat. Dafür erhält es zwar in jedem Jahr reiche Ernte, muss aber auch spezielle Opfer darbringen. Auch hier erinnert der Grundgedanke an „Unvermeidliche Opfer“ – hier das titelgebende Abenteuer – ohne jedoch dessen Tiefgang zu erreichen. Dafür werden immerhin eine interessante Ortschaft und spannende NSC aufgeboten, was über den eher geradlinigen Verlauf der Handlung hinwegtröstet.

Insgesamt gibt es damit keinen echten Ausreißer nach unten, doch auch kein echter Höhepunkt findet sich in dem Band. Alle vier Abenteuer sind handwerklich ordentlich und zeigen eine interessante Bandbreite möglicher Abenteuermotive für „Der Schatten des Dämonenfürsten“ auf. Insbesondere die vielen Grautöne bei den handelnden NSC wissen zu gefallen und auch, dass die Moral der Charaktere hin und wieder auf die Probe gestellt wird.

Der Band ist vollfarbig. Das Layout orientiert sich dabei am Grundregelwerk und bietet eine gute Struktur und Lesbarkeit. Die Illustrationen sind hochwertig, wenn auch für meinen Geschmack etwas zu spärlich eingesetzt. Auch dem Lektorat und Korrektorat kann ich nur eine gute Note ausstellen, da mir kaum störende Fehler ins Auge gesprungen sind.

Fazit: Vier ordentliche Abenteuer ohne sonderliche Höhepunkte laden dazu ein, erste Gehversuche in der dem Untergang geweihten Welt des „Dämonenfürsten“ zu unternehmen. Es gibt stärkere Abenteuerbände für das System, aber gerade Einsteiger vor und hinter dem SL-Schirm werden hier auf ihre Kosten kommen.

Der Gott in der Tiefe
Abenteuerband
Robert J. Schwalb, Chris Pramas u.a.
System Matters 2019
ISBN: 978-3963780110
40 Seiten, Softcover, deutsch
Preis: EUR 12,95

bei pegasus.de bestellen
bei amazon.de bestellen