Das Heldenbrevier der Noioniten

Die Reihe der „Heldenbreviere“ ergänzt aus inneraventurischer Sicht die aktuellen Regionalbände. Im Rahmen des „Mythos“-Crowdfundings wurde auch ein passendes Cthulhu-Brevier finanziert. Kaum ein Wunder, dass die Wahl auf die seelsorgenden Noioniten fiel. Lohnt sich die Lektüre?

von André Frenzer

„Eine alptraumhafte Reise in fremde Welten“, so der bedeutungsschwangere Untertitel des vorliegenden Heldenbreviers. Schauen wir mal, wie geisterschütternd die Lektüre so wird. Vorab möchte ich sagen, dass ich mit den „Brevieren“ der aktuellen Produktreihe keinerlei Erfahrung besitze. Vergleiche mit anderen Brevieren finden sich daher in dieser Rezension nicht wieder.

Das vorliegende „Heldenbrevier“ ist abwechselnd in Briefform sowie als Tagebucheintrag verfasst. Im Mittelpunkt stehen zwei unterschiedliche Protagonisten. Da wäre auf der einen Seite der Noionit Elgir Berendinger, der mit seinen Erlebnissen die Handlung ins Rollen bringt. Dieser berichtet in einem Brief an seinen Freund, dem grauen Magier Jost Weidentreu, von einem seltsamen Fall in seinem Kloster. Eine junge Patientin zeigte sehr seltsame Verhaltensmuster, die irgendwann in ihrem Tode mündeten. Da die Begleitumstände ihres Todes äußerst seltsam erscheinen, stürzt sich Jost Weidentreu sogleich in weitere Forschungen.

In der Folge kommunizieren die beiden per Briefwechsel und berichten sich von den unterschiedlichen Ergebnisständen ihrer Forschungen. Dabei werden erfreulicherweise viele typische, aventurische Lokalitäten besucht – die beiden Freunde besuchen Waldelfen in den Salamandersteinen, halten sich in Gareth auf und forschen auch im Kosch weiter. Schlussendlich treffen die beiden zusammen, um gemeinsam alte Schriften zu studieren, die ihnen den Weg zur Wahrheit öffnen. Von nun an folgen wir dem Tagebuch Jost Weidentreus, der uns von den weiteren Ereignissen berichtet. Schlussendlich stoßen die beiden auf die Spuren einer cthuloiden Gottheit, einem Portal in die Traumlande und auf die Erkenntnis, dass sie hier etwas gegenüberstehen, dass nicht recht in ihr bisheriges Weltbild passt.

Handwerklich ist dieses „Heldenbrevier“ gut gelungen. Natürlich nimmt die Erzählform in Briefen oder Tagebucheinträgen ein wenig Spannung aus der Handlung – denn immerhin erfahren wir als Leser stets nur aus der Retrospektive, was den Protagonisten bereits geschehen ist. Doch sind wir ehrlich, so sind gerade die Lovecraftleser dieses Stilmittel durchaus gewohnt. Und so funktioniert auch das „Heldenbrevier“ weniger als abenteuerliche Geschichte, wohl aber als klassische Mythos-Story. Denn die Einbindung des Mythos in Aventurien erfolgt an dieser Stelle nahezu nahtlos und auch so oberflächlich, dass es glaubhaft erscheint. Das „Heldenbrevier“ ist damit eines der gelungensten Bände aus dem Crowdfunding.

Optisch ist der Band mit seinem rohrschach-artigen Zierrahmen und vergilbten Pergamentseiten hübsch aufgemacht. Die wenigen Illustrationen unterstreichen mit ihrem verschwommenen Stil gekonnt die Stimmung des Bandes. Lektorat und Korrektorat haben saubere Arbeit geleistet – mir sind nicht unbotmäßig viele Rechtschreibfehler ins Auge gesprungen. Damit kann ich technisch eine gute Note vergeben.

Fazit: „Das Heldenbrevier der Noioniten“ bietet eine spannende Mythosgeschichte, die gekonnt in den aventurischen Kontext eingebettet ist. Empfehlenswert.

Das Heldenbrevier der Noioniten
Novelle
Carolina Möbis
Ulisses Spiele 2020
ISBN: 978-3963313998
160 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 14,95

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