von Alice
Die Mitglieder von Maelstrom sind von Cyberware regelrecht besessen, weshalb sie umfangreiche illegale Körpermodifikationen installieren, womit sie eine Cyberpsychose, also eine durch Cyberware ausgelöste Bewegungsstarre, riskieren. Dies wirft die Frage auf, wie viel Menschlichkeit ein Maelstrom noch besitzt, doch eines ist sicher: Man möchte so jemanden nicht zum Feind haben. Diese Erfahrung muss eine Bande von Moxes machen, die durch Maelstrom innerhalb von wenigen Minuten komplett ausgelöscht wird, mit einer Ausnahme: einer jungen Frau. Die Maelstrom gelten als gefährlich und gefühlskalt, doch ausgerechnet eines deren Mitglieder weigert sich, die Frau zu töten. Der Grund dafür ist, dass er sich in sie verliebt hat. Er empfindet diese Art von Gefühl zum ersten mal, weshalb er damit überfordert ist und durchdreht.
Die Gefühle des Maelstrom-Mitglieds werden sowohl optisch als auch erzählerisch auf interessante Weise dargestellt und durchgehend von der Frage begleitet, was eigentlich Liebe ist. Der Verliebte ist vollkommen von seinen Gefühlen überwältigt, und obwohl er die Frau kaum kennt, ist er wie besessen von ihr und versucht mit allen Mitteln, sie zu beschützen. Dies führt zu zahlreichen Morden, die in Splatter ausarten. Die Geschichte selbst ist somit deutlich weniger tiefsinnig, wie sie zunächst scheint, wurde jedoch gelungen ausgearbeitet. Die Dialoge – beziehungsweise häufig auch Monologe – wirken sehr stimmig mit der außergewöhnlichen optischen Umsetzung. Der Zeichenstil ist eher grob und skurril, was einerseits gewöhnungsbedürftig ist, gleichzeitig aber gekonnt umgesetzt wurde. Die Farben sind kräftig und kommen auf dem hochwertigen Bilderdruckpapier ausgezeichnet zur Geltung.
Für Unterhaltung sorgen übrigens kurze Szenen, die immer wieder eingeschoben werden und Charaktere verschiedener Zeichentrickklassiker wie Wolf und Rotkäppchen, Bugs Bunny und Daffy Duck zeigen. Diese Szenen bilden Parallelen zu den aktuellen Verlauf der Handlung und verleihen der eigentlich brutalen Geschichte eine humorvolle Note.
„Cyberpunk 2077: XOXO“ ist der fünfte Band der Reihe, wobei jeder Comic eigenständig lesbar ist und keine bestimmte Reihenfolge eingehalten werden muss. Die größte Gemeinsamkeit zwischen den Comics besteht in der Schwarz-Gelb-Optik, sonst unterscheiden sie sich doch sehr. Sztybors Erzählstil ist vielfältig, sodass er in jedem Comic eine etwas andere Note hat. Bei dem Künstlerteam kommt es häufiger zu einem Wechsel, weshalb der Zeichenstil sich von Band zu Band ebenfalls deutlich unterscheidet. Dies sorgt einerseits für viel Abwechslung, andererseits weiß man nie so genau, was einem erwartet, weshalb es schwierig sein kann, sich darauf verlassen zu können, an allen „Cyberpunk 2077“-Comics Freude zu haben.
Fazit: „Cyberpunk 2077: XOXO“ wurde sowohl erzählerisch als auch optisch gekonnt umgesetzt. Etwas gewöhnungsbedürftig ist jedoch die hohe Anzahl an Splatterszenen.
Cyberpunk 2077 – XOXO
Comic
Bartosz Sztybor, Jakub Rebelka
Panini Comics 2024
ISBN: 978-3-7416-4047-6
116 S., Softcover, deutsch
Preis: 15,00 EUR
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