von Jens Krohnen
„Amarok“, der vierte Band der „Carthago Adventure“-Reihe, beginnt gleich drastisch: London Donovan erschießt eine junge Frau in einer schneeverschneiten Landschaft. Es folgt eine Rückblende, welche an Dramatik nicht nachlässt. Der alte Wolfgang Feiersinger studiert ein Video, auf dem der vermeintliche Tod London Donovans im Kampf gegen einen mannsgroßen Wolf zu sehen ist. Von dort an nimmt die eigentliche Handlung ihren Lauf.
Hoch im Norden des verschneiten Kanadas verschwinden Fallensteller und Trapper. Die örtlichen Einwohner sind sich sicher, dass ein Amarok, eine Legende aus grauer Vorzeit, hinter diesen Fällen steckt. Dabei soll es sich um einen gigantischen Wolf handeln, welcher Jägern nachstellt. Ein Jagdtrupp wird zusammengestellt, doch die örtliche Polizei will zunächst eigene Nachforschungen anstellen. In dieser Gemengelange landet Feiersinger mit einem technisch hochgerüsteten Team, um sowohl London Donovan zu finden, als auch den Amarok zu stellen. Wird es ihm gelingen, ein weiteres Tier seiner Sammlung kryptozoologischer Kuriositäten hinzuzufügen?
„Amarok“ ist der bislang ungewöhnlichste Band der „Adventures“-Reihe. Das liegt zum einen daran, dass er kaum ohne die vorhergehenden Bände vollauf verständlich ist. Zwar ist die eigentliche Jagd nach dem Amarok wieder eine alleinstehende Geschichte, welche auch hier zu ihrem Abschluss gebracht wird. Allerdings ist das Verhältnis der wichtigsten Protagonisten untereinander bereits vorbelastet und wird auch in keiner Weise mehr vorgestellt. So dürften Neuleser tatsächlich Schwierigkeiten haben, das Verhältnis zwischen Feiersinger und Donovan richtig zu verstehen. Zum anderen zeigen gerade die beiden Hauptcharaktere neue Charakterzüge, welche sie wenig sympathisch machen: So lassen sich Donovan und Feiersinger zu der einen oder anderen Grausamkeit hinreißen, welche man zumindest Donovan so vorher nicht zugetraut hätte. Ebenso endet der Band mit einem neuen Zerwürfnis zwischen den beiden – es bleibt abzuwarten, wie sie im fünften Teil zueinander stehen werden.
Zwar ist auch der vierte Band der Reihe mit 56 Seiten recht kurz geraten, verschwendet allerdings auch keine Zeit darauf, Vergangenes zu beleuchten, und setzt gewisse Vorkenntnisse der Reihe voraus. Damit bleibt genügend Platz für reichlich Action und Dramatik, sodass die Kürze nicht weiter ins Gewicht fällt.
Wieder gibt es einen neuen Zeichner in der Reihe, dieses Mal Drazen Kovacevic. Dieser nimmt die Arbeit seiner Vorgänger nahtlos auf, sodass die Charaktere gut wiederzuerkennen sind. Allerdings ist der explizite Brutalitätsgrad in diesem Band deutlich höher als in den ersten Bänden der Geschichte und so manches Panel ist nichts für zarte Gemüter. Damit ist „Amarok“ in Summe deutlich weniger als kleiner Appetithappen zu gebrauchen, als die ersten Bände der Reihe, bringt den „Adventures“ aber dafür eine neue Tiefe.
Fazit: Die „Carthago Adventure“-Reihe entwickelt sich immer weiter. Zwar ist die eigentliche Handlung des „Adventures“ auch hier abgeschlossen, doch die Protagonisten und ihr Verhältnis untereinander entwickelt sich mittlerweile bandübergreifend. Damit ist „Amarok“ nur Kennern der Reihe zu empfehlen. Diese erhalten wie immer ein kompaktes, actionreiches Spektakel, dieses Mal allerdings recht blutig.
Carthago Adventure 04: Amarok
Comic
Christophe Bec, Drazen Kovacevic u.a.
Splitter-Verlag 2017
ISBN: 978-3-86869-763-6
56 S., Hardcover, deutsch
Preis: 14,80 EUR
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