Breeland-Regionalführer

Für „Abenteuer in Mittelerde“ („AiM“) ist ein neuer Regionalführer und Abenteuerband erschienen: „Breeland“. Was ist ausgerechnet an dieser Siedlung in der fast menschenleeren Region Eregion in Mittelerde so interessant, dass ihr ein eigener Band spendiert wird? Die folgende Rezension soll darüber Aufschluss geben.

von Markus Kolbeck

Vorbemerkungen


Der 130-seitige Hardcover-Band „Breeland-Regionalführer“ ist 2020 im Truant-Verlag veröffentlicht worden und beruht auf dem Rollenspiel-Band „Bree“ für „The One Ring“ sowie der englischsprachigen Adaption für „Dungeons & Dragons 5“ („D&D 5“) als „Bree-land Region Guide“, einem Teil der Rollenspiel-Reihe „Adventures in Middle-earth“. Für das deutschsprachige Fantasy-Rollenspiel „Der Eine Ring“ wurde „Bree“ nicht übersetzt. Die Autoren sind: Gareth Ryder-Hanrahan, Jon Hodgson, Francesco Nepitello und Jacob Rodgers.

Normalerweise braucht man vier (!) Regelbücher, um „AiM“ zu spielen: den „Dungeon Master's Guide – Spielleiterhandbuch“, das „Player's Handbook – Spielerhandbuch“, beide für „D&D 5“, und die zwei „AiM“-Regelwerke „Spielleiterhandbuch“ und „Spielerhandbuch“. Statt der beiden „D&D 5“-Regelwerke kann man auch das „D&D 5 Einsteigerset“ verwenden. Dazu kommen noch Würfel, eventuell ein Spielleiterschirm und eventuell das „D&D 5 Monster Manual – Monsterhandbuch“. Bei so viel Regelwerk sollte man das Spiel vorher mehrfach als Spieler*in bei einem*einer erfahrenen Spielleiter*in ausprobiert haben, bevor man es selbst leitet. So kann man sich besser mit den Spielmechanismen vertraut machen.

„Breeland“ ist nicht nur ein Regionalführer, sondern enthält auch drei spielbereite Abenteuer. Zuvor sind bereits der Regionalführer „Rhovanion“ und der Abenteuerband „Wilderland“ sowie das Set mit einem Einsteigerabenteuer und einem Spielleiterschirm „Die Wipfel des Düsterwalds“ erschienen. Auf dem Titelbild von „Breeland“ sieht man eines der Tore der Siedlung, den dahinterliegenden Breeberg und mehrere Gestalten, darunter wohl ein Waldläufer. Im Inneren findet man einige stimmungsvolle Farbabbildungen und NSC-Porträts, oft auch als Bleistiftzeichnung. Vorne im Band ist eine Karte der Region um Bree herum abgebildet, die man den Spielern vorlegen kann. Im hinteren Teil ist die gleiche Landkarte für den Spielleiter abgedruckt, zeigt aber die Geländeschwierigkeitsgrade und die Verderbnisstufen der einzelnen Gebiete an. Dem Band wurde erfreulicherweise ein Lesebändchen spendiert.

Inhalt

„Breeland“ enthält die Geschichte von Bree und die Beschreibung seiner Umgebung einschließlich der drei Dörfer Stadel, Schlucht und Archet. Bree ist bekannt aus den Büchern von J. R. R. Tolkien und den Filmen von Peter Jackson. Ihm wurde eine farbige Übersicht über die Siedlung spendiert. Der zentralen Gastwirtschaft „Zum Tänzelnden Pony“ mit ihrem Gastwirt Barnabas Butterblume wurde auch ein eigenes Kapitel samt Lageplan gegönnt. Bree liegt an der Kreuzung der Überlandstraßen Grünweg und Oststraße und wird von Menschen und Hobbits bewohnt. In diesem Kapitel finden auch erste Nichtspielercharaktere (NSC) samt Spieldaten Erwähnung. Im Kapitel „Abenteuer in Bree“ werden kurze Abenteuerideen geschildert. Es gibt auch neue Unternehmungen für die Gefährtenphase. Eine neue, spielbare Charakterklasse mit kulturellen Vorteilen und Erbstücken gibt es auch: die Zwerge der Blauen Berge. Ein eigenes Kapitel gibt es für die Feinde, denen man in der Region begegnen kann, mit insgesamt acht Einträgen zu „Gefahren in der Wildnis“, „Gesandte des Feindes“ und „Schlechte Menschen“. Löblicherweise wurden dem Band wieder Reiseereignisstabellen mitgegeben: Es existieren 12 Einträge mit jeweils mehreren Ereignissen für die drei Abenteuer.

(Aufgrund der Spoilergefahr sollten „AiM“-Spieler*innen spätestens hier aufhören zu lesen!)

Abenteuer

Die Szenarien sind im Zeitraum zwischen den Ereignissen in den Büchern „Der Hobbit“ und denen in „Der Herr der Ringe“ angesiedelt, sodass geschichtlich etwas Spielraum zur Ausgestaltung vorhanden ist. Die Abenteuer sollten der Reihe nach gespielt werden und hängen teilweise zusammen. Es wird eine Dauer von drei Jahren (ein Jahr für jedes Abenteuer) vorgeschlagen und als Startjahr 2971 des Dritten Zeitalters. Die Erfahrungspunktebelohnungen für kampflose Herausforderungen sind jeweils am Rand festgehalten. Die Erfahrungspunkte für Kampfherausforderungen sind jeweils in den Datenblöcken der Gegner angegeben. Im Folgenden werde ich die drei enthaltenen Abenteuer mit Titeln, Inhaltsangaben, kurzen Bewertungen, Seitenumfang und den empfohlenen Anfangsstufen der Gefährten aufführen:

Abenteuer 1: „Alte Knochen und Haut“, 21 Seiten, Stufen 1 oder 2

Startpunkt für dieses Abenteuer ist Bree, und es spielt vor allem im Umland. Ein alter, erfahrener Troll findet sich regelmäßig auf dem Totenacker von Bree ein, um Leichen zu stehlen und zu verzehren. Dabei hat er unwissentlich den „Schlüssel“ zu einem Schatz mitgehen lassen. Die Helden müssen den Troll in einer spannenden Verfolgungsjagd über unwegsames Gelände stellen. Ein gefährliches Unterfangen für unerfahrene Abenteurer, denn die gejagte Kreatur ist in ihnen weit überlegen! Heimlichkeit oder auch der Versuch, mit dem Troll zu verhandeln (was als Audienz spieltechnisch abgehandelt wird) könnten zum Erfolg führen. Schließlich gilt es noch, den Schatz zu bergen. Das Abenteuer scheint auf den ersten Blick etwas geradlinig zu sein, gewinnt aber durch die Schatzsuche einen zusätzlichen Aspekt in der Handlung. Ein Troll als Gegner ist eine typische tolkieneske Figur – ein Pluspunkt! Das Szenario enthält herausfordernde Würfelproben, Interaktionen wie Audienzen und Action, also alles, was ein „AiM“-Abenteuer spielenswert macht.

Abenteuer 2: „Fremde Menschen – fremde Straßen“, 25 Seiten, Stufen 3 oder 4


Dieses Szenario spielt auf der Oststraße, in der Nähe des Chetwalds und in Bree. Zwei Anhänger des Hexenmeisters Gorlanc, der in den Norden zurückgekehrt ist, haben sich Reisenden angeschlossen, um dem Hexer ein Artefakt zu überbringen. In der „Verlassenen Herberge“ kommt ihnen ein Waldläufer auf die Schliche und wird ermordet. Gewaltsames Vorgehen führt hier nicht zum Ziel, da die Reisenden zusammenhalten und den Helden an Zahl überlegen sind. Es gilt möglichst subtil den*die Täter*in zu ermitteln. Dabei spielt die Beschattung der Karawane der Reisenden eine zentrale Rolle. Anschleichen ist also wiederholt angesagt. Gelingt es den Gefährten, auch das Artefakt abzufangen, damit Gorlanc nicht noch zusätzlich an Macht gewinnt? Fingerspitzengefühl, Subtilität, Überzeugungsfähigkeit und Heimlichkeit, vielleicht auch ein Akt der Gnade, sind bei diesem Abenteuer gefordert. Es gibt auch wieder Audienzen und Action – ein Szenario, das zu gefallen weiß, aber so richtig erst im dritten Abenteuer seine Auflösung findet.

Abenteuer 3: „Versteckt in Stadel“, 14 Seiten, Stufen 4 oder 5

Das dritte Abenteuer spielt vor allem auf dem Grünweg, im Chetwald, Bree und Stadel. Die Festung des Hexenmeisters Gorlanc wurde geschleift und viele der bösen Menschen, einschließlich Gorlanc, sind auf der Flucht. Der Hexenmeister nimmt in Stadel Hobbits als Geiseln und vergiftet ein Hobbitmädchen. Nur er kenne das Gegengift! Sollte ihm etwas zustoßen, so würde das Mädchen sterben. Ein Frontalangriff auf die Hobbithöhle (Smial), wo sich Gorlanc versteckt hält, scheint aussichtslos. Es gilt Informationen zu gewinnen, das Gift zu identifizieren und das Gegengift zu brauen und mittels Heimlichkeit in den Smial einzudringen, um das Hobbitmädchen zu retten und den Hexenmeister zu besiegen. An diesem Abenteuer hat mir nicht gefallen, dass mit Gorlanc – auch wenn er im Vergleich nur mit minderer Macht ausgestattet ist – neben Sauron ein weiterer Hexenmeister in Mittelerde eingeführt wird. Aber andere Personen können sich der Verderbnis auch hingeben, die böse Magie mit sich bringt. So wirkt es nicht ganz unwahrscheinlich, auf einen menschlichen Hexenmeister zu stoßen. Ansonsten ist auch dieses Abenteuer gelungen und stellt einen würdigen Abschluss dieser Mini-Kampagne dar! Der Twist mit dem Gegengift ist interessant, da man dann Gorlanc nicht einfach angreifen kann. Es gibt auch hier wieder viele „AiM“-typische Würfelproben und Herausforderungen.

Kritik


Die Komplettlösung, Regionalbeschreibungen und Abenteuer in einem Band zu vereinen, kommt bei mir gut an. Leider wird das in Zukunft nicht die Regel sein. Geht man von den bisher für „The One Ring / Der Eine Ring“ veröffentlichten Bänden aus, die für „Adventures in Middle-earth“ adaptiert wurden, kommen erst mal nur noch getrennte Regionalführer und Abenteuerbände heraus. Nun denn! Gut ist aber auch, dass in diesem Band alle Kreaturenwerte aufgeführt werden oder im „Spielleiterhandbuch“ enthalten sind, sodass man nicht unbedingt ein eigenes Monsterhandbuch wie das „D&D 5 Monster Manual – Monsterhandbuch“ braucht. Die Abenteuer selbst lassen sich gut durchspielen, ohne dass der*die Spielleiter*in allzu viel lenkend eingreifen muss. Ein Hinweis jedoch ab und zu, dass jetzt vielleicht eher Heimlichkeit oder Verhandlung zum Ziel führen könnten, könnte das Leben der Gefährten erheblich einfacher machen. Ansonsten könnte das Abenteuer als Fiasko enden! Als Spieler*in sollte man sich nicht der Illusion hingeben, dass eine Kampfherausforderung, nur weil sie im Abenteuer vorkommt oder man die Stufenempfehlung einhält, frontal bewältigbar ist.

Für „AiM“ steht noch die „Düsterwald“-Kampagne aus. Der dazugehörige Quellenband „Rhovanion-Regionalfüher“ ist bereits erschienen, ist aber nur von halb so viel Nutzen ohne die dazugehörige Kampagne. Das bisherige Ausbleiben dieser Kampagne ist ein klarer Kritikpunkt! Warum weicht man mit „Breeland“ aus in der Veröffentlichungsreihenfolge? Hoffentlich kommt die „Düsterwald“-Kampagne bald, da sie sehr gut ist.

Fehler

Neben kleineren Rechtschreib- und Formatierungsfehlern, die man gerne verzeihen kann, gibt es auch eine etwas gravierendere Falschschreibung eines Namens: Ausgerechnet einer der Hauptgegner, „Gorlanc“, wird als „Orlanc“ in seinem Datenblock geschrieben. Schon etwas peinlich! Außerdem sind mir inhaltliche Fehler aufgefallen: So wird Gorlancs Geschicklichkeitsbonus auf Seite 125 mit „+3“ angegeben, die Geschicklichkeit beträgt aber „15“, somit müsste der Bonus „+2“ betragen! Dann stimmt auch die Rüstungsklasse von „12“. Auf Seite 19 heißt es im Text zum Gelehrten Labkraut, dass alle Proben auf Überzeugen mit Nachteil abgelegt werden. Im zugehörigen Datenblock heißt es aber bei der Fähigkeit „Bestärken“, dass eine Probe auf Überzeugen durch einen Charakter mit Vorteil abgelegt werden kann. Auf Seite 20 wird im Text über Vogt Grünblatt bei „Erwartungen“ ein Bonus von „+2“ bei „Hier ist kein Platz für Märchen.“ genannt. Es müsste wohl „-2“ lauten, wenn die Helden „von Geistern, Zauberei oder anderen hanebüchenen Dingen sprechen“. Diese Fehler stellen aber nicht die Welt dar und lassen sich leicht erkennen und verbessern.

Ausblick

Im Band werden der „Bruchtal-Regionalführer“ und „Abenteuer in Eriador“ erwähnt. Man darf auf diese Bände gespannt sein! Ein Kracher könnte auch die „Düsterwald“-Kampagne werden, die noch aussteht!

Fazit: Insgesamt halte ich den „Breeland-Regionalführer“ für eine interessante Alternative zur getrennten Anschaffung von Regionalführern und Abenteuerbänden, weil sie günstiger ausfällt. Allerdings hat man dann auch weniger Regionalbeschreibungen und weniger Abenteuer! Man bekommt aber alles, um spannende Abenteuer in und um Bree herum zu spielen und zu erleben. „Breeland“ stellt einen schnellen Abenteuereinstieg in die Welt von J. R. R. Tolkien dar und ich kann den Band allen „AiM“-Spielleiter*innen empfehlen!

Breeland-Regionalführer
Abenteuer- und Quellenband
Gareth Ryder-Hanrahan, Jon Hodgson, Francesco Nepitello, Jacob Rodgers
Truant Verlag 2020
ISBN: 978-3-934282-95-7
130 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 34,95

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