Bruchtal-Regionalführer

Wer sich mit Mittelerde etwas auskennt, weiß, dass in Bruchtal Elrond Halbelb, der legendäre Elbenfürst und Teilnehmer am Letzten Bündnis zwischen Elben und Menschen, herrscht. Der Quellenband „Bruchtal-Regionalführer“ für das Fantasy-Rollenspiel „Abenteuer in Mittelerde“ („AiM“) führt dann auch detailliert in das Anwesen, das die Elben Imladris oder Rivendell nennen, und seine Bewohner ein. Auch ausführlich werden die umliegenden Lande behandelt. Um es vorweg zu schreiben: Auch dieser Quellenband ist gelungen!

von Markus Kolbeck

Der 144-seitige Hardcover-Band ist 2021 im Truant-Verlag auf Deutsch erschienen. Zuvor ist für das Fantasy-Rollenspiel „The One Ring“ die Vorlage zur Umsetzung für „AiM“ als „Rivendell“ und für „Der Eine Ring“ als „Bruchtal“ veröffentlicht worden. Der Band kostet knapp 40,- Euro. Die Autoren sind Francesco Nepitello mit Shane Ivey, Andrew Kenrick, Thomas Morwinsky, Jacob Rodgers und James M. Spahn. Der Band ist komplett – bis auf ein paar Schwarz-Weiß-Zeichnungen – in Farbe gehalten und beinhaltet viele Kartenausschnitte des gerade behandelten Gebiets. Ganz vorne in diesem Buch ist eine zweiseitige Landkarte für die Spieler abgedruckt, ganz hinten eine zweiseitige Landkarte für den Spielleiter mit den Geländeschwierigkeiten und Verderbnisgraden der bereisten Länder. Das Farb-Coverbild zeigt eine Abenteurergruppe, wie sie Bruchtal betritt. Der Begleitband zu „Bruchtal“ ist der Abenteuerband „Eriador-Abenteuer“. Der Quellenband lässt sich ohne den Abenteuerband verwenden, aber nicht umgekehrt.

Inhalt

In „Bruchtal“ gehen die Autoren davon aus, dass die Zeit nach 2951 D. Z. liegt, also etwas nach dem Anfangsjahr der Grundregeln 2946 D. Z.. Der Band umfasst mit Regionalbeschreibungen das östliche Eriador (westlich des Nebelgebirges) und zwar von Bree (das aber nicht hier vorkommt, sondern gesondert im Abenteuer- und Quellenband „Breeland-Regionalführer“ behandelt wurde) im Westen bis zum Nebelgebirge im Osten und von dem untergegangenen Reich des Hexenkönigs Angmar im Norden bis zu der verlassenen Stadt Tharbad im Süden. Außerdem werden Kreaturen der Großregion und neue Regeln zu Schätzen, dem Auge von Mordor und mehr aufgeführt.

Der Quellenband ist in zehn Kapitel unterteilt. Im ersten, der Einführung, erfährt der Leser, wie man dieses Buch benutzt und auch etwas über die Zählung der Jahre.

Das zweite Kapitel heißt „Imladris“ und widmet sich auf 21 Seiten Bruchtal, der Heimstätte der Hochelben. Es gibt eine Karte, die die Lage aller Anwesen im Tal wiedergibt, und Karten von Elronds Haus, dem Haupthaus. An namhaften Charakteren werden Elrond Halbelb mit Spielwerten beschrieben, außerdem seine Tochter Arwen Undómiel, seine Söhne Elrohir und Elladan (beides Elbenfürsten), ferner Glorfindel (Elbenfürst und Stellvertreter Elronds), Erestor (ein Weiser), Lindir (der Seneschall) und Damron (ein Elbenschmied). Der Weiße Rat wird beschrieben, der in Bruchtal tagt und zu dem unter anderem Gandalf und Saruman gehören. Es wird auf Beschäftigungen im Tal eingegangen sowie was es heißt, dort längere Zeit zu bleiben. Außerdem gibt es neue Unternehmungen für die Gefährtenphase.

Das dritte Kapitel ist ebenfalls wichtig und behandelt die Geschichte von Eriador. Man erfährt vom Untergang der Insel Númenór (der Herkunft der Dúnedain (Einzahl: Dúnadan) und Waldläufer des Nordens), von der Gründung des Reichs Arnor, vom Aufstieg Angmars, von der Aufspaltung von Arnor in Arthedain, Rhudaur und Cardolan und von deren Ende. Die Waldläufer tauchen auf! Es werden noch die Orkkriege und weitere Details bis in die jüngere Vergangenheit geschildert.

Das vierte Kapitel beinhaltet die eigentlichen Regionalbeschreibungen. Es werden Merkmale der Landschaft, Flora und Fauna wie wilde Tiere, außerdem Bewohner und namhafte Charaktere respektive Orte aufgeführt. An Regionen gibt es: Eregion, die Trollhöhen, die Kaltfelsen, die Ettenöden, der Gramberg, Angmar, die Südhöhen und Wetterberge, die Nordhöhen, die Hügelgräberhöhen und Tharbad. Einige weitere neue Unternehmungen in der Gefährtenphase wurden eingestreut. Der Winkel und die Leeren Lande werden ausgelassen, wie auch schon in „Bruchtal“ für „Der Eine Ring“.

Das fünfte Kapitel heißt „Das Böse im Norden“ und ist eine Kreaturenbeschreibung mit neuen Fähigkeiten, neuen besonders starken Fähigkeiten und außergewöhnlichen Truppenfähigkeiten. Untote werden kategorisiert (in wandelnde Tote, Unholde, Geister und Gespenster) samt ihren besonderen Fähigkeiten. An Ungeheuern in Eriador gibt es den Crebain-Vogel, den Steintroll, Ettins, Orks von Carn Dûm, Hügelmenschen von Rhudaur, Orks vom Gramberg und einzelne Charaktere, alle mit Spieldaten. Besondere Erwähnung finden auch Grabunholde, Moorkrieger, Todesgeister, Schattengestalten und der König der Unholde. Dem Hexenkönig von Angmar, der der Herr der Nazgûl (Ringgeister) ist, wird ein eigenes Unterkapitel spendiert.

Kapitel Sechs widmet sich einem weiteren interessanten Thema: Schatzhorten. Es werden grundlegende Themen wie „Was ist ein Schatzhort“ eigentlich und was hat es mit verdorbenen Schätzen auf sich behandelt. Bei „AiM“ kann ein Schatz verschiedene Gegenstände beherbergen: wertlosen Tand, einen gewöhnlichen Schatz, einen wertvollen Gegenstand, ein wundersames Artefakt und sagenhafte Waffen und Rüstungen oder gleich mehrere Gegenstände.. Es lassen sich also auch magische Schätze finden! Es gibt Tabellen zum Auswürfeln (das Schicksal!) von Schätzen.

Im siebten Kapitel wird auf vom Spielleiter geführte Verzeichnisse mit magischen Schätzen eingegangen, außerdem auf neue magische Eigenschaften und verfluchte Gegenstände. Beispiele für Schatzverzeichnisse gibt es auch.

Das achte Kapitel behandelt das Auge von Mordor. Sauron droht auf besonders lästige, mächtige oder Magie nutzende Gefährt*innen aufmerksam zu werden. Wie groß diese Wahrscheinlichkeit ist, gibt der variable Verfolgungswert an. Dem können die Abenteurer*innen mit Verschleierung entgegenwirken. Wird das Böse aufmerksam, kommt es zu einer Enthüllungsepisode. Beispiele für solche Situationen werden auch genannt.

Das neunte Kapitel widmet sich einer neuen Kultur für „AiM“: den Hochelben von Bruchtal! Es wird alles genannt, was man für die Erschaffung solch eines, durchaus etwas mächtigeren Charakters, als man das vom Grundregelwerk gewohnt ist, braucht, einschließlich kultureller Tugenden und kultureller Erbstücke.

Der Inhalt des letzten Kapitels sei auch noch kurz beschrieben: Es handelt sich dabei um eine Reiseereignistabelle für Eriador mit insgesamt zwölf Einträgen mit jeweils rund zehn ausgearbeiteten Untereinträgen (Reiseereignissen).

Außerdem werden noch ein Beispielcharakter für einen Hochelb von Bruchtal auf einem ausgefüllten Charakterblatt, leere Verzeichnisblätter für magische Schätze zum Kopieren und ein Index abgedruckt.

Kritik

Die Nützlichkeit des Bandes steht – wie der aller anderen „AiM“-Regionalführer von Truant – außer Frage! Er kann dazu dienen, Abenteuer für „Eriador-Abenteuer“ vorzubereiten, oder für eigene Szenarien, was dann mehr Aufwand wäre. Die Beschreibungen der Regionen sind detailliert und wirken manchmal wie aus einem Reiseführer, sind also angenehm zu lesen. Die Geschichte der Dúnedain in Eriador ist in ihrer Spannbreite episch zu nennen, was diesem Volk mehr Tiefe verleihen kann. Aber während im Quellenband „Bruchtal“ für „Der Eine Ring“ neben dem auch hier beschriebenen Volk der Hochelben von Bruchtal auch das Volk der Waldläufer des Nordens komplett zum Spielen aufgeführt wird, fehlt diese Volksbeschreibung im „Bruchtal-Regionalführer“ völlig. Das ist eigentlich das größte Manko dieses Bandes! Dagegen kann man halten, dass der Band viele Reiseereignisse enthält, die jedes Abenteuer bereichern können. Da musste man wohl am Platz sparen.

Die Bebilderung ist stimmungsvoll und passt gut zu den behandelten Themen. Außerdem gibt es für jede der aufgeführten Monster im Kreaturenteil eine Abbildung. Neben der gegebenen Nützlichkeit stimmt auch die Wichtigkeit: Wer wollte nicht schon einmal Bruchtal, Heimstatt von Elrond Halbelb und Tagungsort des Weißen Rates, in seine Kampagne einbauen? Eine Handvoll Rechtschreibfehler sind mir aufgefallen, das geht aber wohl noch in Ordnung. Der Preis von knapp 40,- Euro für das Buch ist angesichts eines recht geringen Umfangs von 144 Seiten auf den ersten Blick nicht gerechtfertigt. Allerdings wird die Auflage für das Farb-Hardcover eher klein sein, zudem muss der Truant-Verlag noch Übersetzungshonorare und Lizenzgebühren zahlen.

Ausblick

Im Herbst 2021 erscheint die 2. korrigierte Auflage des „Abenteuer in Mittelerde – Spielerhandbuch“ beim Truant-Verlag. Die Errata für die 1. Auflage gibt es auf der Website des Verlags als Download. Ebenfalls im Herbst 2021 erscheint beim schwedischen Verlag „Fria Ligan“ (englisch: „Free League Publishing“) die neuen Versionen von „The One Ring“ und „Adventures in Middle-earth“, da der ursprüngliche Verlag „Cubicle 7“ vor Längerem die Mittelerde-Lizenz zurückgeben hat. Man darf des Weiteren auf den Szenarienband „Eriador-Abenteuer“ hoffen sowie den Kampagnen-Band „Düsterwald-Kampagne“, der hoffentlich auch noch erscheint, da er gut werden wird!

Fazit: Trotz des Mankos, was das Fehlen der Kulturbeschreibung für die Dúndedain betrifft, ziehe ich ein positives Fazit für den „Bruchtal-Regionalführer“. Die große Nützlichkeit, die vielen Details und ausgearbeiteten Kreaturen tragen zum Gelingen des Bandes bei. Der Band ist bestimmt gut recherchiert und passt hervorragend zu einer Kampagne in der Region. Die epische Bandbreite der geschichtlichen Betrachtung der Dúndedain trägt ihr Übriges dazu bei, einen guten Eindruck zu hinterlassen. Ich kann den Band allen „AiM“-Spielleiter*innen für ihre Kampagne empfehlen! Der „Bruchtal-Regionalführer“ ist durchaus gelungen!

Bruchtal-Regionalführer
Quellenband
Francesco Nepitello mit Shane Ivey, Andrew Kenrick u. a.
Ulisses Spiele 2021
ISBN: 978-3-934282-97-1
144 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 39,95

bei amazon.de bestellen