von Daniel Pabst
Der Comic „Batman / Dylan Dog“ verbindet zwei Comic-Figuren aus unterschiedlichen Genres und Comic-Universen. „Dylan Dog“ wurde im Jahre 1986 von Tiziano Sclavi kreiert und im italienischen Verlag „Sergio Bonelli Editore“ (besser bekannt unter dem Namen: „Bonelli Comics“) veröffentlicht. Wie Batman hat er einen Butler, beziehungsweise Assistenten. Bei ihm heißt er Groucho und nicht Alfred Pennyworth. Ansonsten jedoch trennen die beiden Welten. Batman sieht sich als Beschützer von Gotham City, der die eiserne Regel einhält: „Niemals zu töten“. Dylan Dog – ein ehemaliger Polizeibeamter bei Scotland Yard – dagegen kümmert sich um sich selbst, gerät in Abenteuer mit übernatürlichen Wesen und schreckt dabei vor dem tödlichen Waffeneinsatz nicht zurück. Jetzt müssen beide über den Schatten springen und sich verbünden. Denn ein „Monster“ ist aus der Hölle entflohen, welches es einzufangen gilt. Wie gelingt dieses Crossover?
Die Story wurde von Roberto Recchioni entworfen. Die Zeichnungen und die Tusche des Comics stammen von Gigi Cavenago und Werther Dell’Edera. Die Farben sind von Gigi Cavenago, Laura Ciondolini und Giovanna Niro. Am Ende des Bandes gibt es fünf Seiten mit Skizzen. Der Preis dieses Comics liegt bei (stolzen) 39,00 Euro. Was also bekommt man hier für sein Geld? Zunächst einmal gibt es ein vielversprechendes Cover, das unsere Protagonisten offenbart. Bereits hier wird die Handlung angedeutet. Batman und Dylan Dog werden von einer Armee von Untoten verfolgt, die von einem lächelnden Mann mit grünen Haaren angeführt werden: dem Joker. Und dann ist da noch ein steinerner Gargoyle …
Der Einstieg in den Comic gelingt auch für diejenigen, die Dylan Dog nicht kennen recht gut. Im Prolog treten zwei bekannte Figuren auf: Batman und der Joker. Erst danach richtet sich der Blick auf den „Neuen“ in Gotham City. Dylan Dog befindet sich in den Fängen eines irren, selbsternannten Doktors, der versucht, den Tod zu überwinden und ewiges Leben zu schaffen. Gefesselt liegt Dylan Dog als „Versuchskaninchen“ dieses Wahnsinns auf einem Obduktionstisch. Sodann wendet er einen Trick an, um sein Leben zu retten: Er beginnt mit seinem Entführer zu reden und bittet ihn, ein letztes Mal auf seiner Klarinette spielen zu dürfen. Das wird ihm gewährt. Und so knallt es das erste Mal!
Danach betritt wieder Batman die Bühne. Er zieht seine Runden durch die Straßen und Häuserschluchten von Gotham City, um Verbrecher zu jagen. Insbesondere möchte er den mordenden Killer-Clown stellen und zurück ins Arkham Asylum bringen. Doch dieser hat die Stadt verlassen! Und so kommt, was kommen musste: In London trifft Dylan Dog erst auf Selina Kyle – alias Catwoman – und dann auf Bruce Wayne – alias Batman. Besonders interessant ist dabei das Aufeinandertreffen von Alfred Pennyworth und Groucho, die sich über ihre Schützlinge unterhalten und Alfred sagt: „Wenn ein Herr ohne seinen Diener nicht funktioniert, welcher von den beiden ist dann wirklich der Herr“? Neben dieser interessanten Frage, sorgt auch das Treffen von Dylan Dog und Bruce Wayne für einen kleinen Lacher, als Selina zu Bruce Wayne sagt: „Hi Bruce … Was führt dich in die Gegend?“ und Dylan verdutzt antwortet: „Du kennst ihn?“
Die Zusammenarbeit der beiden steht von Anfang an jedoch unter keinem besonders guten Stern. Da aber Bruce Wayne Dylan Dog braucht, und dieser Geld benötigt, helfen sie sich zähneknirschend. Groucho leistete hierfür Überzeugungsarbeit, indem er Dylan wissen ließ, dass sie sechs Monate mit der Miete in Verzug sind, Strom und Gas bald abgestellt werden würden und auch sein Assistent selbst auf die ausstehende Bezahlung warten würde. Was also bleibt dem selbsternannten „Geisterbeschwörer“ übrig? Gerade als Bruce Wayne und Dylan Dog ihre Arbeit auf dem Friedhof von London beginnen, taucht schon das erste Monster auf. Wie gut, dass Catwoman ihren neuen Liebling beobachtet hat …
Auffällig bei den Szenen und Dialogen in diesem Comic sind die unverblümte Sprache und die Anspielungen, die auch unter die Gürtellinie gehen. Beispielsweise verkündet Catwoman, dass „Bondage (…) auf die Bestie keine Wirkung (hat)“ und es gibt auch eine Bettszene mit Dylan Dog und Selina Kyle zu sehen. Damit gewinnt der Comic an Tiefe und wirkt erwachsener als andere (Superhelden-)Comics, in denen Kraftausdrücke schlicht gecancelt werden. Weiter auffällig ist die Art und Weise, wie die Jagd von Batman und Dylan Dog erzählt wird. In großflächigen Panels, die mit viel Schatten arbeiten, wird aus dem aufgezwungenen Duo eine immer stärker werdende Allianz gegen das „Böse“.
Was aber ist dieses „Böse“, das das Duo zu jagen versucht? Die Antwort hierauf fällt nicht so eindimensional aus. Denn auch wenn man am Anfang denkt, dass der Gegner der Joker (und seine Untoten) seien, so haben mit dem „besessenen“ Doktor Xabaras und dem Untoten Christopher Killex (einem Serienkiller) weitere Antagonisten einen unvergesslichen Auftritt. Als es dann tatsächlich hinab in die Hölle geht, nähert sich die Geschichte ihrem Höhepunkt.
In der Summe ist „Batman / Dylan Dog“ ein kreatives und sehr farbintensives Comic-Crossover. Vorkenntnisse zu einer der beiden Figuren sind nicht notwendig, wobei Fans von Batman mehr Anspielungen erkennen werden und daher wohl mehr Freude beim Lesen erleben werden als diejenigen, die bisher noch keine Berührung zur Welt der Comics gefunden haben. Kann man diesen Comic empfehlen? Die Zeichnungen, Farben und vor allem die Art und Weise, die Figuren „ins richtige Licht“ zu rücken, erinnern in Zügen an die grandiose Kunst von Mike Mignola. Aus dieser Perspektive ist das ein Fest! Die Handlung ist innovativ, die auftretenden Figuren überzeugen und die Mischung aus Übernatürlichem und Krimi-Elementen ist ausgeglichen. Trotzdem bleibt am Ende des Bandes ein fader Beigeschmack. Beide Figuren bleiben Einzelgänger, gehen am Ende ihrer Mission wieder getrennte Wege und verabschieden sich nüchtern. Warum hat man sich am Ende so sehr beeilt, während man zuvor auf zahlreichen Seiten sehr ausführlich Kampfszenen präsentiert hat? Hier wurde Potenzial verschenkt.
Fazit: Der Stil und die Kreativität überzeugen in diesem Comicband. Ein besonderes Augenmerk liegt auf den starken Zeichnungen und den Schattierungen, die vor allem Batman in ein beeindruckendes Licht rücken. Batman bekommt es hier tatsächlich mit übernatürlichen Gegnern zu tun, wobei er die Hilfe von Dylan Dog benötigt. Das alles ist ein schönes Gesamtkunstwerk, ohne jedoch vollends zu überzeugen. Die dunkle Stimmung überträgt sich definitiv beim Lesen. Irgendwie aber hätte man sich ein anderes (gedankenanregendes) und facettenreicheres Ende gewünscht.
Batman / Dylan Dog
Comic
Roberto Recchioni, Werther Dell’Edera, Gigi Cavenago
Panini Comics 2024
ISBN: 978-3-7416-4021-6
216 S., Hardcover, deutsch
Preis: 39,00 EUR
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