B-Rex Tage 2021

Corona hat dazu geführt, dass in den letzten 20 Monaten kaum die Möglichkeit bestand, sich auf größeren Veranstaltungen, Conventions, Messen oder privaten Treffen über Brettspiele auszutauschen. Spiele wurden entweder alleine, zu zweit oder digital getestet, und Vorstellungen von Neuheiten gingen auch mehr oder weniger nur per Videokonferenzen oder Streams. Umso schöner, wenn man sich mit entsprechenden Maßnahmen mal wieder zusammenzufinden kann, um sich über die Neuheiten von 2021 auszutauschen.

von KaiM

Zum inzwischen fünften Mal versammelte Happyshops Freunde, Autoren und Medienvertreter und natürlich die Verlagskollegen, um die Neuheiten des Jahres vorzustellen, sie zu erklären, aber vor allem natürlich auch zu spielen. Auf der Bischofsburg in Burgliebenau bei Merseburg wurde eine stimmungsvolle Location geschaffen, die es leicht machte, sich auch unter Pandemiebedingungen auszutauschen und Feedback zu aktuellen Projekten und Prototypen zu geben.

Zum Veranstalter

Happyshops mag nicht allen Lesern ein Begriff sein, aber an den Onlineplattformen Spiele-Offensive und Spieleschmiede kann man als deutscher Brettspielfan nur schwerlich vorbeikommen. Hinter der Schmiede verbirgt sich natürlich die Crowdfundingplattform, während die Offensive den normalen Onlineshop darstellt. Aber selbst wenn man nur mal einen Kickstarter mitgemacht hat, ist die Wahrscheinlichkeit groß, bereits einmal Post von Happyshops bekommen zu haben. Denn recht häufig ist deren logistische Expertise gefragt, wenn es gilt, die Spiele eine Kampagne an die Backer auszuliefern. Aber hinter all dem steckt noch mehr, denn in der Vertriebsgesellschaft „B-Rex Entertainment“ sind jede Menge Verlage versammelt, die jeweils ihre ganz eigene Zielgruppe haben.

„Funbot“ ist der Verlag für kleine Spiele im Kreis der Familie, wo man am ehesten auch mal Spiele für die etwas Jüngeren unter uns findet. Richtige Kinderspiele sind allerdings nicht dabei und meines Wissens sind diese auch sonst nicht im Fokus der Verlagsgruppe. Der „Kobold-Verlag“ richtet sich eigentlich an dieselbe Zielgruppe, die Spiele sind aber größer und dauern tendenziell etwas länger. Hier fühlen sich vor allem die Familien mit etwas größeren Kindern zuhause, die auch schon mal etwas mehr in ein Spiel investieren wollen.



Bei „Miraculus“ definiert man sich hingegen eher über das Thema als über die Zielgruppe, denn hier geht es durch die Bank weg magisch und fantastisch zu. Hier findet sich, um etwas neuere Veröffentlichungen aufzugreifen, das einigermaßen komplexe „Kingdom Rush“ genauso wie das einfache Schnippspiel „Flick of Faith“. Ähnlich fantastisch, aber deutlich erwachsener, geht es bei „Grimspire“ zu. Hier findet man ebenfalls eher fiktionale Themen, aber eben mit größerem Hang zu düsteren Stimmungen. So gesehen ist es mir ein Rätsel, wieso „Dice Throne“ eigentlich in diesem Verlag gelandet ist.

Auch die Charakterisierung von „Corax Games“ fällt mir etwas schwer. Denn hier finden sich sowohl die Spiele der „Chronicles of Crime“-Familie als auch von „Champions of Midgard“. Mittendrin findet man dann aber auch „Half-Pint Heroes“. In Summe kann man zumindest festhalten, das auch hier die erwachsenen Spieler zur Hauptzielgruppe gehören. Wieder klarer sehe ich bei „Giant Roc“, denn dort sind wir thematisch auf jeden Fall wieder eher in der realen Welt angekommen. Insbesondere historische Themen und fremde Kulturen findet man hier und spielerisch kann man viele Perlen der T-Reihe (etwa „Tekhenu“ oder „Tawantinsuyu“) finden. Hier ist man richtig, wenn man sein Gehirn mal wieder so richtig zum Rauchen bringen möchte.



Die Con – was wurde vorgestellt?

Der Veranstaltung begann am Freitagnachmittag, und bis in die späten Abendstunden konnte man sich bei ein paar Spielen aufwärmen. Auf der Burg wurde man freundlich in Empfang genommen und konnte sich bei einem Getränk und einem leckeren Happen stärken, bevor am sich den Rest des Abends auf die Spieletische stürzte. Diese waren in mehreren Räumen der Bischofsburg verteilt und es wurde für ausreichend Platz und Durchlüftung gesorgt. Natürlich gehörte auch die Maske wieder zum Outfit eine jeden Gastes, die nur draußen und an den Spieletischen abgenommen werden durfte. Natürlich waren viele Neuheiten bereits aufgebaut und luden zum Testen ein, aber da es mehr Neuheiten als Tische gab, konnte man sich das Objekt der Begierde auch einfach aus einem der zahlreichen Schränke nehmen und sich einen freien Tisch suchen.



Ich konnte viele nette Menschen kennenlernen. Von Spieleautoren über Spielekritiker bis hin natürlich zu den Mitarbeitern herrschte eine offene Atmosphäre, und überall hat man sich ausgetauscht und traf auf eine ehrliche, begeisterungsfähige Szene ohne übertriebenen Kommerz. Ein kleiner Wermutstropfen bleibt allerdings, denn gar nicht so wenig Spiele wurden wegen der komplizierten Situation in Sachen Logistik in der ganzen Welt nicht mehr rechtzeitig geliefert. Ich kann mich daher nur damit trösten, dass viel mehr Spiel gar nicht in die drei Tage hinein gepasst hätte. Denn Spaß hatte ich eine Menge, und mir werden diese Tage auf jeden Fall in positiver Erinnerung bleiben.

Aber was gab es denn nun für Neuheiten?

„Divinus“:
Das Spiel ist aktuell in den letzten Tagen seiner Kampagne bei der Spieleschmiede und auf jeden Fall einen Blick wert. Es ist ein Legacy-Spiel, das bei Lucky Duck Games erscheinen wird, und im Herzen ein Plättchenlegespiel. Dabei gibt durchaus diverse Alleinstellungsmerkmale, denn die Spieler werden mit Hilfe einer App durch die Geschichte geführt. Dabei bekommt man nicht nur die Story präsentiert, sondern muss auch Entscheidungen treffen, die sich App merkt und die später noch Auswirkungen auf das Spiel hat. Außerdem gewinnt dieses kompetitive Spiel nicht der Sieger einer einzigen Partie, sondern derjenige, der nach der gesamten Kampagne, die insgesamt aus 12 Partien besteht, die meisten Punkte gesammelt hat. Ein spannendes Prinzip, das natürlich auch gefährlich sein kann. Vielleicht nicht nur deswegen liegt bei jedem Spiel immer direkt ein „Recharge-Pack” bei, damit man die Kampagne ein weiteres Mal spielen kann.    
Status: In der Entwicklung

„Paper Dungeons“:
Ein Roll-and-write mit dem Thema eines klassischen Verliesgemetzels. Es geht um Monster, magische Gegenstände, Helden, Erfahrungsstufen und natürlich Diamanten. Es gibt viele Möglichkeiten und Strategien, um an Punkte heranzukommen, und es entpuppte sich als lustiges Spiel für zwischendurch, wenn man die Regeln erstmal verinnerlicht hat. Diese sind nämlich umfangreicher, als ich von einem Spiel dieser Größe erwartet hätte.
Status: Bestellbar



„Flick-of-Faith: Die Apokaschnippse“:
Wenn Götter ihre Diener durch die Welt schnippen, um ihre Lehre zu verbreiten kann, führt das meist zu Kampf und Chaos. In diesem witzigen Spiel verteilt man seine Propheten im wahrsten Sinne mit einem Fingerschnippen, um Mehrheiten auf den vier Inseln zu erlangen. Dabei werden Tempel gebaut, sich gegenseitig Steine in den Weg gelegt und gerne auch mal gerempelt, um andere zu verdrängen. Zudem stimmen die Götter vor jeder der drei Runden über neue, göttliche Gesetze ab, die zusätzlich für Chaos sorgen. Schnell gespielt und jederzeit gut für Lacher und gemäßigte Action am Tisch. Die Erweiterung bringt neben den namensgebenden Katastrophen noch die Möglichkeit eines fünften Spielers am Tisch sowie weitere, modulare Elemente.
Status: Grundspiel bestellbar, die Erweiterung soll ab Oktober 2021 wieder lieferbar sein.

„Schamans“:
Im Kampf gegen die Schatten versuchen die Schamanen ihre Rituale durchzuführen, doch einige unter ihnen sind Verräter und dienen den Feinden. Ein flottes Stichspiel mit einer mittleren Spieldauer und ein paar wirklich interessanten Ideen.  
Status: Auslieferung in etwa ab Dezember 2021

„Destinies“:
Auf den ersten Blick erinnert das Spiel an „7th Continent” oder „Tainted Grail”. Auf der Reise durch eine mittelalterlich angehauchte Welt legen wir Karten aneinander und decken sie auf, wenn wir sie bereisen. Das zentrale Element des Spiels, die passende App, führt durch die Geschichte, in der jeder Spieler versucht, sein Schicksal zu erfüllen, bevor es einem anderen Spieler gelingt. Es kommt ohne komplizierte Regeln daher und stellt das Abenteuer der Geschichte in den Mittelpunkt.
Status: Erhältlich



„Last Aurora“:
Ein Rennspiel in einer eisigen postapokalyptischen Welt. Wie ein verrückter Max kesselt man durch die Eiswüste und versucht als erster bei der „Last Aurora“ zu sein, denn dieser Eisbrecher ist die letzte Chance, heil in den Süden zu kommen und nicht zu erfrieren. Dabei plündert man noch schnell, was am Straßenrand herumsteht, und muss mit großen Waffen ein paar Feinde abwehren, die auf die Spieler losgehen. Wenn das Thema gefällt, sollte man hier einen Blick riskieren.
Status: Auslieferung in etwa ab Dezember 2021

„Kingdom Rush“:
Nach der Kickstarter-Kampagne schon seit Anfang des Jahres im Programm. Die Brettspielumsetzung des Smartphonespiels bietet knackige Puzzle abseits der Action, die die App bietet. Hierzu könnt ihr schon eine ausführliche Rezension bei den Ringboten lesen.
Status: Erhältlich

„Daiymo“:
So wie das Cover vielleicht ein wenig irreführend ist, so kann passt dieses Attribut auch auf diesen interessanten Mix aus Mechanismen. Ein wenig Area Control, ein wenig Deckbuilding, ein wenig Dice Drafting, ein wenig Set Collection. In einem postapokalyptischen Japan kämpfen die Spieler um die Vorherrschaft unter den verschiedenen Clans.
Status: Erhältlich

„Chronicles of Crime – Millenium“:
Die drei Boxen, die auf dem bekannten und sehr beliebten Spielsystem von „Chronicles of Crime” basieren, bieten jeweils vier Fälle und sollen aufeinander aufbauen. Dabei geht es durch die Jahrhundert vom Jahr 1400 über 1900 bis 2400. Man darf gespannt sein.
Status: Erhältlich

„Merw“:
Das Spiel um die Seidenstraße würde ich als T-Spiel „light“ einstufen, es ist also eine schön komplexe Hatz nach den meisten Siegpunkten, in dem das Thema abgesehen von der Ästhetik nur eine geringe Rolle spielt. Es greifen viele Mechanismen ineinander, und man kann sich den wunderbar den Kopf über die beste Strategie zerbrechen.
Status: Erstmal lieferbar in etwa ab Ende September 2021

„Furnace”:
In dieser leichten Variante eines Enginebuilders in der Zeit der Industrialisierung kauft man über Auktionen Karten aus der Auslage und muss sie zu Produktionsketten zusammenfügen. Für diese Art Spiel ist es schnell erklärt und spielt sich zudem auch schön flott. Anscheinend ein heißer Tipp, denn es erntet einiges an positiver Kritik. Mein Ersteindruck ist ebenfalls gut, mir hat es gefallen.
Status: Lieferbar