Die Castle TriCon 2021

In einer Zeit wie dieser wird auch unter Brett- und Rollenspielern so viel virtuell gespielt wie noch nie. Kein Wunder also, dass Events und Messen weiter denken und virtuelle Alternativen zu realen Treffen geschaffen werden. Die „Castle TriCon“ fand nun schon das zweite Mal in virtueller Form statt und konnte mit einigen Verbesserungen aufwarten.

von KaiM

Die „Castle TriCon 2021“ war ein gemeinsames, virtuelles Event der Verlage HeidelBÄR Games, CGE und Horrible Games. In einer virtuellen Umgebung konnte man sich einen Avatar erstellen und durch die verschiedenen Welten der Verlage laufen. Kommuniziert wurde auch über Chatnachrichten, aber hauptsächlich über Sprachchat. Überall hat man gelbe Kreise auf dem Boden gesehen und hat man einen davon betreten, ist man automatisch per Sprache und Video mit allen anderen in Kontakt getreten, die sich dort ebenfalls aufgehalten haben. Das machte die Kontaktaufnahme für alle Besucher sehr einfach, denn jegliche Administration entfiel.
 
Nach dem Login wurde man in die Empfangswelt gestellt. Dort gab es einen Willkommenspunkt, an dem ein Verlagsmitarbeiter die ersten Fragen beantwortet hat und auf Wunsch Informationen über die Verlage, die Welten und das Nebenprogramm bot. Dieses war so vielseitig gestaltet, dass ich nur ein paar Beispiele geben möchte. Kleine Gewinnspiele und versteckte Avatare luden zum Erkunden der Welt ein, es gab einen Tanzwettbewerb und in einem Flugparkours sollte man seine Freunde einladen, ein kleines Rennen zu fliegen. Außerdem gab es noch ein live gestreamtes Rahmenprogramm, für das sich die Verlage einiges haben einfallen lassen.

Aus dem großen Eingangsbereich ging es dann in die Welten der verschiedenen Verlage. Dabei wurde deutlich Wert darauf gelegt, nicht zu funktional zu werden. Teilweise wurde ein Bereich dem Thema eines Spiels angepasst oder sogar kleine, stimmungsvolle Unterwelten geschaffen.



Die Technik

Der Zugang wurde schön unkompliziert organisiert. Nach der Anmeldung bekam man Post mit einem eigenen Zugangscode und musste sich dann nur noch den Client herunterladen (ca. 500 MB), um einzutauchen. Der Login und die Avatar-Erschaffung war in wenigen Minuten erledigt und schon konnte es losgehen. Natürlich hat die Welt eher an „Minecraft” erinnert, als an ein aktuelles MMORPG, aber zumindest für die Performance kann das ja nur förderlich sein. Und schließlich hat das nichts daran geändert, dass die Verlage teilweise sehr liebevoll gestaltete Welten geschaffen haben. Der Sprach- und Videochat hat bei mir immer gut funktioniert, meistens war es eher die Technik der anderen Nutzer, die Probleme verursacht haben.

Gespielt wurde mit Tabletopia oder Boardgame Arena. Das hat nicht immer richtig gut funktioniert. Denn wollte man sich virtuell an einen Tisch setzen, wurde dazu ein eigens integrierter Browser geöffnet. Dort sollte man direkt in die Lobby des gewünschten Spiels gelangen. Aber teilweise hat diese integrierte Lösung nicht funktioniert oder lief im Spiel sehr langsam und ich musste mich über meinen Browser anmelden, was am Ende dann aber immer funktioniert hat.



Die Spiele

Es gab einiges zu sehen und zu spielen auf diesem Event und natürlich war es relativ einfach, auch geeignete Spielpartner zu finden. Der Sprachchat hat sein übriges getan, sodass man sich einfach an einen Tisch stellen konnte, um der Regelerklärung zu folgen oder direkt Kontakt aufzunehmen.

Die angepriesenen Neuheiten waren
    • Blaze
    • Tiny Turbo Cars
    • Railroad Ink Challenge (Edition Blattgrün bzw. Sonnengelb)
    • Match5
    • Die verlorenen Ruinen von Arnak
    • Under Falling Skies

Natürlich wurden auch Klassiker und weitere aktuelle Spiele aus dem Sortiment der Verlage angeboten. „Codenames“ durfte nicht fehlen, aber auch „King’s Dilemma“ und „Volt“ wurden angeboten. Ein wenig habe ich dann auch gespielt und ein paar Eindrücke gesammelt.

Under Falling Skies (2020) – ein Solospiel ab 12 Jahren



Dieses Spiel nimmt die uralte Idee von „Space Invaders“ auf und setzt sie als Brettspiel um. In diesem würfelgetriebenen Spiel setzt ein Mutterschiff seine Raumschiffe über der Erde ab, die auf der Erde landen und dort verheerenden Schaden anrichten wollen. Über die Zeit kommt auch das Mutterschiff näher, und ist es endgültig über der Erde angekommen oder man hat zu viel Schaden erlitten, geht das Spiel verloren. Die Bewohner unseres blauen Planeten können nur dann gewinnen, wenn genug in die Forschung investiert wird, um rechtzeitig die ultimative Waffe gegen die Aliens zu entwickeln.

Um dies zu erreichen, baut man seine Bunkeranlagen aus, schickt Kampfflugzeuge, sammelt Energie und noch weitere Dinge, um den Wettlauf mit der Zeit zu gewinnen. Man kämpft sich durch eine Kampagne durch immer schwerer werdende Missionen und hat es hoffentlich irgendwann geschafft, den Angriff vollends abzuwehren.
Der Würfeleinsatzmechanismus ist ebenso einfach wie genial. Das Spiel bietet ein kurzweiliges Puzzleerlebnis und ist mit einer Spieldauer von ca. 20 Minuten ein idealer Absacker, wenn man gerade keinen Spielpartner zur Verfügung hat.

Tiny Turbo Cars (voraussichtlich 2022) – eine wilde Fahrt durchs Eigenheim ab 8 Jahren



Eigentlich wollte ich an diesem Spiel vorbei gehen, da es nicht wirklich in die Welt des Ringboten gehört. Aber im Bereich von „Vampire – Vendetta” konnte ich gerade niemanden finden, also bin ich zu einem anderen Mitarbeiter des Verlags gegangen, um nachzufragen. Aber der kannte sich mit dem anderen Spiel nicht aus und fing direkt an, mir von „Tiny Turbo Cars” zu erzählen, was derzeit auf „Kickstarter” finanziert wird.

In diesem Rennen steuert man ein Spielzeugfahrzeug mittels einer Fernbedienung durch die heimische Wohnung. Wer als erster im Ziel ist, gewinnt. Dazu muss man diverse widrige Umstände überwinden. Man wird von Teppichen ausgebremst, von Bücherstapeln gestoppt, gerät auf Pfützen ins Schlingern und wird von Raketen gesprengt. Natürlich ist das alles nicht so einfach, denn das wäre ja auch langweilig. Denn hier handelt es sich mal wieder um ein Programmierspiel, das mit einer sehr netten Idee kombiniert wurde.

Auf einem Schiebepuzzle, wie man es vielleicht aus der Kindheit noch kennt, sind die einzelnen Aktionen abgebildet, wie vorwärts, rechts, links, Turbo oder andere Besonderheiten. Die Spieler müssen nun gleichzeitig ihr Puzzle so programmieren, dass sie möglichst schnell vorankommen. Wer als letztes fertig wird, hat nicht nur damit zu kämpfen, dass die anderen Spieler ihn mit einem Countdown unter Druck setzen, sondern bekommt auch noch eine kleine Strafe. In einer guten halben Stunde kann man hier als Familie jede Menge Spaß haben. Ich habe die Zeit jedenfalls genossen und viel gelacht.

Vampire: The Masquerade – Vendetta (2020) – ein blutiger Kampf ab 14 Jahren



Schließlich konnte ich doch noch einen Blick auf diesen weiteren Versuch unternehmen, das Rollenspiel „Vampire: The Masquerade“ als Brettspiel umzusetzen. In guten 90 Minuten haben wir eine Partie mit drei Spielern inklusive Erklärung absolviert. Natürlich wird die Zeit mit den maximal fünf Spielern steigen, aber die Runden sind kurzweilig und im Grunde sehr einfach gehalten. Jeder Spieler vertritt einen Clan im Kampf um Chicago, und es geht jede Runde darum, die Macht über Orte zu erhalten und sich somit die Unterstützung von menschlichen sowie vampirischen Gefolgsleuten zu sichern. Man spielt seine Handkarten offen oder verdeckt auf die Orte aus, und am Ende der Runde wird eine Auswertung vollzogen, um den Gewinner zu ermitteln. Durch einen sehr einfachen Deckbaumechanismus (ziehe zwei, lege eine ab) baut man im Laufe des Spiels seine Kartenhand zusammen und versucht sich gegen die anderen Clans durchzusetzen. Wer am Ende die meisten Siegpunkte gesammelt hat, gewinnt die Schlacht um die Stadt und damit das Spiel.

Auch wenn es im Kern um einfache Mehrheiten geht, konnte das Spiel insbesonders mit zwei Eigenschaften punkten. Zum Einen sind die Clans sehr gut umgesetzt, denn jedes individuelle Kartendeck spiegelt die Eigenschaften sehr gut wieder. Während die Toreador viele Gefolgsleute um sich scharen, sind die Brujah darauf aus, die Gegner direkt anzugreifen und zu schwächen. Die Ventrue hingegen setzen auf Ränkespiele und undurchsichtige Aktionen. Zum Zweiten startet man immer mit dem selben Deck an Karten des gewählten Clans, welches bis zum Ende immer komplett durchgespielt wird. Durch den Aufbau der Kartenhand, die sich kontinuierlich erweitert, kann man auf die Gegner reagieren und sich seine Taktik erarbeiten. Nach dem ersten Eindruck würde ich es in der richtigen Runde gern noch ein paar Mal ausprobieren.

Das Fazit: Die „Castle TriCon“ zeigt, wie es in Zeiten von Corona gehen kann. Aber auch um mehr internationale Besucher für eine Messe zu begeistern, ist das ein tolles Mittel. Ich denke, es ist nur eine Frage der Zeit, bis solche Plattformen noch ausgefeilter werden und noch mehr Möglichkeiten bieten. Ich hätte mir gewünscht, dass sich noch mehr Publikum einfindet, um auch den Aufwand zu würdigen, den die Verlage getrieben haben. Aber auch das ist meiner Meinung nach nur eine Frage der Zeit, und ich freue mich schon auf weitere Events dieser Art oder aber auch auf nächstes Jahr.