Aventurische Bibliothek

So wie Magie zur Fantasy und eben auch „Das Schwarze Auge“ gehört, so weiß doch jeder, dass ein Magier eine ausufernde Bibliothek besitzt, die teils große Geheimnisse birgt. Doch auch in Bibliotheken der Magierakademien sowie in Tempeln der aventurischen Götter findet man wertvolle und seltene Folianten. Sowohl bekannte, als auch seltsame und sehr seltene Bücher stellt dieser Band vor. Gleichzeitig werden mit Büchern verwandte Themen wie Buchdruck, bekannte Bibliotheken und Druckereien, berühmte Autoren sowie Regeln rund um das Thema präsentiert.

von Ansgar Imme

Neben den Regelwerken und Quellenbänden zu den Regionen erscheinen seit „DSA4“ auch immer wieder Spielhilfen zu etwas abgelegeren Themen wie beispielsweise den Magierakademien oder Kriegerorden. Speziell „DSA5“ hat dies noch einmal deutlich gesteigert. Mit dem hier erschienenen Band wird allerdings ein Thema fortgeführt, welches schon früh in der Publikationshistorie des „Schwarzen Auges“ erwähnt wurde. Bereits in der zweiten Edition gab es in „Magie des Schwarzen Auges“ 1989 erste Erwähnungen und Beschreibungen magischer Bücher. Bei „DSA3“ wurde im Band „Mysteria Arkana“ der legendären Magiebox „Götter, Magier und Geweihte“ 1994 das erste Mal die Beschreibung noch ausführlicher und genauer. Dies beeindruckte die späteren Autoren und Redaktionsmitglieder Peter Diehn, Anton Weste und Gregor Rot so sehr, dass sie zwischen 1994 und 1999 die inoffizielle Fanpublikation „Magische Bibliothek“ erstellten, die vom Umfang nahezu dem aventurischen Folianten glich. Auf dieser Basis erschien für „DSA4“ schließlich in der Regelbox „Zauberei & Hexenwerk“ 2002 ein eigener 24-seitiger Band, genannt „Die Magische Bibliothek“.

Die „Aventurische Bibliothek“ bringt jetzt erstmals in einem seperaten Band eine umfassende Beschreibung, die nicht nur magische Bücher, sondern auch Religionsschriften und profane Werke enthält, die das Spiel bereichern sollen. Unter der Redaktion von Alex Spohr haben rund 10 Redakteurinnen und Redakteure verschiedene schon bekannte Bücher zusammengetragen als auch neue Werke ergänzt. Gleichzeitig werden Themen rund um Bücher und Bibliotheken vertieft.

In der Einleitung werden die verschiedenen Regel- und Komplexitätsgrade erläutert, in einem Glossar wichtige Begriffe rund um Bücher und Buchherstellung beschrieben sowie grundlegende Daten zu Formaten und Gewicht der Bücher aufgeführt, ehe es danach gleich „in die Vollen geht“. Auch wenn die Fachbegriffe des Glossars oder Formate von Büchern in Abenteuern kaum eine Rolle spielen werden, vermitteln sie doch Flair. Sie geben dem Spielleiter die Möglichkeit, im Spiel bei Bedarf durch gefühlte Expertise eine bessere Stimmung zu erzeugen

Auf 110 Seiten werden schließlich etwa 200 Bücher verschiedenster Themen dargestellt. Neben einem kurzen Absatz aus dem jeweiligen Buch finden sich in einem extra Beschreibungskasten Informationen zum Namen und zur Art des Buchs, dem Autor, Format, der Seitenzahl, dem aventurischen Erscheinungsdatum, der Anzahl der Exemplare, Sprache und Schrift des Buches, Inhaltsqualität, Regeltechnik, dem Wert bei Kauf oder Verkauf, der Legalität, Verfügbarkeit sowie Besonderheiten. Hier finden sich Bücher wie „Astrale Geheimnisse“, der „Codex Daimonis“, aber auch „Aventurische Aborte“ oder „Hilf Dir selbst“. Auch wenn der Schwerpunkt immer noch eher bei magischen Werken zu finden ist, ist jedoch auch eine gute Mischung anderer Richtungen enthalten. Natürlich sind Geschichtsbücher oder Gossenschriften wie Liebesromane bei weitem nicht so interessant in der Beschreibung. Sie bieten aber die Möglichkeit, dies als Hintergrund in das Spiel einfließen zu lassen und so die Spielwelt noch mehr zum Leben zu erwecken.

Spannender sind vor allem die magischen Werke, da diese seltene Sprüche enthalten, die Charaktere finden und erlernen können. Leider sind die Regelelemente zum Erlernen wieder mal viel zu kleinteilig. Es gibt extra Regeln zur Lesegeschwindigkeit und dem späterem Erlernen sowie dem Auffinden bestimmter Buchpassagen. Geradezu lachhaft wird es leider bei manchen Boni, wenn es für eine Teilprobe eines Talents oder gar eine Untergruppe eines Talents auf einen Wert dann wiederum eine +1 Bonus gibt. Wer will sich so etwas im Spiel merken, und welchen wirklichen Vorteil soll das bringen? Ein solches Mikromanagement hat im Rollenspiel einfach nichts zu suchen. Streiten kann man sich zudem über genannte Bücher, die verschollen sind oder von denen nicht mal bekannt ist, ob es sie gibt. Muss man sie dann noch erwähnen?

Im Anschluss an diesen Hauptteil folgt noch ein etwa 30 Seiten starker Anhang, welcher auf Themen rund um das Buch eingeht. Hier finden sich Informationen zur Buchherstellung und Verbreitung wie der Druckkunst oder wo man Bücher überhaupt erstehen kann. Ebenso werden in einem Abschnitt berühmte Aventurische Druckereien fast aller größeren Städte in sehr knapper Form beschrieben sowie Zeitungen und Periodika der aventurischen Welt aufgeführt. Eine Liste bekannter aventurischer Bibliotheken darf in Kurzform ebenso wenig fehlen wie die dagegen ausführlichere Aufzählung berühmter aventurischer Autoren. Diese erhalten ähnlich der Bücher eine Beschreibung über eine viertel bis halbe Seite sowie einen Beschreibungskasten mit wichtigen Informationen wie bekannten Werken oder Verfügbarkeit und Preis. Es folgen Regelelemente zum Lesen und Studium der Bücher, Sonderfertigkeiten wie auch die Legalität und Verbreitung von Büchern. Eine gute Idee stellen die Tabellen zu Besonderheiten von Büchern wie auch der Büchergenerator dar: wenig Platzaufwand bei spielnaher Verwendung.

Neben einigen Pluspunkte krankt der Anhang ansonsten leider an Spielbarkeit beziehungsweise bietet zu viel Detailwissen an Stellen, an denen es nicht nötig ist (Autoren und ihre Werke) sowie viel zu wenig Detailwissen, wo es wirklich gut getan hätte (Bibliotheken, aber gegebenenfalls auch Druckereien). Gerade die Bibliotheken als Horte der Bücher und des Wissens werden geradezu in Kürze abgekanzelt. Wirklich bekannte Orte bekommen gerade mal ein oder zwei Sätze als Beschreibung, von fehlenden Karten einzelner Bibliotheken ganz abgesehen (wie ist eine altertümliche Bibliothek denn aufgebaut?). Dabei wäre hier die Möglichkeit gewesen, Ideen für Abenteuer oder kurze Szenarien ideal einzubauen und die Bibliotheken als Orte innerhalb von Abenteuern zu positionieren. Gerade wenn Spieler und Helden nach Büchern suchen, wären doch ein paar archetypische Bibliotheken eine optimale Ergänzung gewesen.

Abschließend kann man sagen, dass der Band einiges richtig macht, aber auch an vielen Stellen Potenzial verschenkt. Die richtige Mischung aus Detailgrad und kurzer, übersichtlicher Beschreibung wird zu oft nicht gefunden. Dazu fehlen einfach auch Abenteueranregungen, Szenariovorschläge oder Ideen zur Einbindung in Abenteuer. Dafür werden Bereiche vertieft, die vermutlich im Spiel an allerletzter Stelle benötigt werden.

Fazit: Natürlich braucht man so einen Ergänzungsband nicht für das Spiel. Aber die Spieler und Interessierten, an die er sich wendet, werden durchaus ihre Freude damit haben. Spieler der älteren Editionen werden natürlich einiges entdecken, was sie bereits kennen. Ein paar grundsätzliche Kritikpunkte, wie oben genannt, bleiben, die eine volle Empfehlung verhindern. Wen das Thema aber grundsätzlich interessiert, der wird ausreichend Freude und Spaß mit dem Band haben.

Aventurische Bibliothek

Quellenbuch
Eevie Demirtel, Marie Mönkemeyer, Wolf-Ulrich Schnurr, Alex Spohr u.a.
Ulisses Spiele 2021
ISBN: 978-3-96331-585-5
160 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 34,95

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