von André Frenzer

Mittlerweile hat Pegasus ja das Ende der Übersetzung von „7te See“ angekündigt. Nach dem „Angriff des Kraken“ werden damit wohl keine weiteren Abenteuerbände mehr folgen. Umso spannender ist der Blick auf die Qualität der vorliegenden Abenteuer.

Das erste Abenteuer, das titelgebende „Angriff des Kraken“, führt die Helden gegen die Atabische Handelsgesellschaft. Diese plant mit dem Monsterjäger Lothar Fuchs aus den Eisenlanden den Kraken, eine furchterregende Monstrosität und Stoff zahlloser Seefahrerlegenden, magisch in ihre Dienste zu pressen. Die Helden und ihr Schiff stehen der Handelsgesellschaft dabei im Weg und werden von Fuchs angegriffen. Doch erst später offenbaren sich ihnen seine wahren Ziele. Das zweite Abenteuer, „Op’a an Bord“, spielt ebenfalls auf hoher See. Ein Op’a ist mitnichten ein munterer Greis, sondern die finstere Seite einer jeden Seele – zumindest, wenn man dem Aberglauben der Rahuri folgt. Welche Unbequemlichkeiten es mit sich bringt, wenn sich dieser Teil der Seele plötzlich ungehindert an Bord eines Schiffes bewegt, davon können die Helden in diesem Abenteuer erfahren.

Mehr eine kurze Szene denn ein vollwertiges Abenteuer ist „Die Hinrichtung“. Hier sollen die Helden die Hinrichtung eines castillischen Freibeuters verhindern, der in die Gefangenschaft Montaignes geraten ist. Während die Handlung damit überschaubar bleibt, besticht das kurze Abenteuer mit interessanten Nichtspielercharakteren und reichlich Optionen, um für alle möglichen Spielstile zu funktionieren. „Auf dem Holzweg“ ist in meinen Augen der Schwachpunkt des Bandes. Dabei ist die Hintergrundgeschichte um Marionetten, die von negativen Gefühlen aufgeladen und von einem finsteren Adligen missbraucht werden, um seinen eigenen Machtbereich zu erweitern, eigentlich sehr gut gelungen. Leider bietet das eigentliche Abenteuer kaum Möglichkeiten, um hinter die Fassade der Intrigen zu blicken, erwartet aber von den Helden, im Finale das Leben eines Kindes zu retten, von dessen Schicksal sie kaum erfahren konnten. Das abschließende Abenteuer „Schwarzgebrannt“ ist eine klassische Piratengeschichte. Auf den Spuren eines Überfalls auf ein Gutshof stoßen die Helden auf ein Piratennest und können – mit Geschick und Kampfkraft – in den Besitz eines Schiffes gelangen. Das Abenteuer ist leider recht kurz geraten, bietet aber genügend klassische Motive, um Neueinsteiger gut zu unterhalten.

Die Abenteuer sind allesamt optionsreich aufgebaut. Die Autoren bieten oft verschieden Pfade an, auf denen die Abenteuer verlaufen können. Die Einteilung in unterschiedliche Szenen, die der Spielleiter auf diesen Pfaden einsetzen kann, erhöht die Modularität und Flexibilität der Abenteuer. Auch die Gegnerzahl in Kampfsituationen lassen sich geschickt an die Gruppengröße anpassen. Während mir die Aufbereitung der Abenteuer damit recht gut gefällt, kann ich gleiches leider nicht von Lektorat und Korrektorat behaupten. Ich bin sicher nicht unempfindlich, was gelegentliche Rechtschreibfehler angeht. In einer Häufung, wie sie in „Angriff des Kraken“ auftritt, sind sie aber nicht zu übersehen. Tippfehler, falsch kopierte Passagen, ungelenke Formulierungen oder schlecht übersetzte Passagen ziehen sich durch alle Abenteuer. Hier hätte eine letzte Korrekturrunde wirklich gutgetan.

Fazit: Abenteurer auf Thea erhalten hier eine Menge unterschiedlichen Abenteuerstoffs. Die Abenteuer lassen sich gut in eine laufende Kampagne einbauen, sind abwechslungsreich und variantenreich gestaltet und decken unterschiedlichste, „klassische“ Motive ab. Einzig die technische Aufbereitung schmälert den guten Eindruck doch stark.

Angriff des Kraken
Abenteuerband
Melanie Helke, Michael Kinder, Klaus Westerhoff u. a.
Pegasus 2018
ISBN: 978-3957892188
72 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 9,95

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