von André Frenzer

Die Tiefen der Meere Golarions sind bislang kaum Gegenstand spielerischer Eroberung gewesen. Natürlich gab es Abenteuerpfade, welche die Helden auch unter den Meeresspiegel geführt haben, doch kratzten diese Ausflüge eher an der Oberfläche der Möglichkeiten. Der „Almanach der Ozeane Golarions“ will diese Lücke nun schließen. Das Buch erscheint in dem für „Almanache“ üblichen Format, weist 64 Seiten auf und ist in zwei große Kapitel unterteilt.

Das erste Kapitel stellt ausführlich die Ozeane und Meere Golarions vor. Der Aufbau der Beschreibungen der einzelnen Regionen ähnelt sich dabei: Neben den Bedingungen vor Ort werden wichtige Meeresbewohner beschrieben, sagenhafte Schätze, die sich in den wässrigen Tiefen befinden sollen, und auch die eine oder andere Besonderheit. Außerdem werden hin und wieder gewichtige Persönlichkeiten wie Piraten, Sahuaginräuber oder Freibeuter vorgestellt, die den Charakteren bei ihren Abenteuern begegnen können. Besonders die Beschreibungen besonderer Artefakte, die sich in manchem unterseeischen Schatzhort befinden sollen, wissen zu gefallen. Die Meere Golarions werden dabei mit deutlich weniger Seiten beglückt als die gewaltigen Ozeane, doch dennoch findet der geneigte Spielleiter einen Haufen Anregungen für Abenteuer unter Wasser.

Das zweite Kapitel enthält auf knapp zwanzig Seiten dann jede Menge Regeln, magische Gegenstände und neue Ausrüstungsgegenstände, um das Spiel unter Wasser zu ermöglichen. Die Regeln sind umfassend und werden dem Ruf, dass „Pathfinder“ ein rechtes Regelschwergewicht ist, mehr als gerecht. Damit sind sie erstaunlich detailverliebt und simulationsfreudig. Es gibt Regeln für Auftrieb, Unterwasserdruck, modifizierten Unterwasserkampf, Wahrnehmungsmodifikatoren sowie neue Archetypen und Klassenoptionen. Die vorgestellten Ausrüstungsgegenstände ermöglichen auch nicht-magischen Charakteren einen ausgedehnten Aufenthalt unter Wasser, wobei Lufttanks, Taucherbrillen und Schwimmflossen nach erstaunlich modernen Konzepten klingen, jedoch halbwegs elegant in das Setting integriert wirken. Dazu gibt es dann einige hilfreiche neue Zauber, die beispielsweise den Auftrieb beeinflussen oder beim Druckausgleich helfen. Einige besondere aquatische Schätze runden  das zweite Kapitel ab.

Während ich bei manchem „Almanach“ die Komposition der Inhalte nicht als ganz gelungen empfand, wirkt hier das Paket aus Settingbeschreibung und Regeln gut aufeinander abgestimmt. Tatsächlich erhält wohl jeder Spielleiter genügend Material, um einige spannende Abenteuer unter der Wasseroberfläche anzusiedeln. Allerdings ähneln sich viele der vorgestellten Abenteuerideen und Konzepte dann doch, sodass die Helden wohl keine Dauergäste unter der Wasseroberfläche werden. Vermisst habe ich noch die eine oder andere Erweiterung des Bestiariums, die sich hier vielleicht angeboten hätte, doch ehrlicherweise gibt es wohl mehr als genug Kreaturen, die bereits vorgestellt wurden.

Der „Almanach der Ozeane Golarions“ ist wieder einmal auf hohem Niveau bebildert. Jeder Ozean wird mit einem großformatigen Bild in seiner typischen Eigenart dargestellt, außerdem gibt es immer wieder „Pathfinder“-typische Illustrationen von magischen Gegenständen oder Charakteren. Leider hat das Korrektorat in diesem Fall nicht ganz fehlerfrei gearbeitet, und die stellenweise Häufung von Rechtschreibfehlern trübt das Lesevergnügen ein wenig.

Fazit: Der „Almanach der Ozeane Golarions“ ist eine runde Sache mit einem absolut ausreichenden Regelpaket und einigen interessanten Ideensteinbrüchen für initiativefreudige Spielleiter. Wer einmal seinen Abenteuern eine gänzlich andere und ungewohnte Umgebung präsentieren möchte, macht hier sicherlich nichts falsch. Wer allerdings lieber festen Boden unter den Füßen seiner Heldengruppe sieht, der braucht natürlich auch dieses Buch nicht.

Almanach der Ozeane Golarions
Quellenband
Amber E. Scott, Mark Seifter
Ulisses Spiele 2017
ISBN: 978-3957525901
64 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 19,95

bei amazon.de bestellen