Things from the Flood – Ein illustrierter Roman

Die „Tales from the Loop“ haben sich – völlig zu Recht – zu einem multimedialen Ereignis entwickelt. Was liegt also näher, als eine Fortsetzung dieser Erfolgsgeschichte zu schreiben? Künstler Simon Stålenhag tat genau das und schreibt die Geschichte der geheimen Forschungsanlage mit „Things from the Flood“ fort. Lohnt sich auch ein Blick auf die Fortsetzung?

von Jens Krohnen

Simon Stålenhag wurde 1984 in Schweden geboren. Mittlerweile hat er sich einen Namen als Künstler, Musiker und Designer gemacht. Nicht zuletzt dank seinen eindrucksvollen Zeichnungen, die zwar digital entstehen, aber an Ölgemälde erinnern. Aufgewachsen in der ländlichen Umgebung Schwedens zeichnet Stålenhag eindrucksvolle Bilder, in denen er die urtümliche Landschaft seiner Heimat mit abgedrehter Science-Fiction verbindet. Sein erster so illustrierter Roman, „Tales from the LOOP“, beschreibt in einer Art Retrospektive die Kindheit in diesem Schweden der 1980er, das es nie gab. Mit „Things from the Flood“ wird diese Geschichte fortgeschrieben.

Worum geht es?

„Things from the Flood“ folgt in seinem Aufbau dem bekannten Schema aus dem ersten Teil. Allerdings wird die Handlung rund zehn Jahre später fortgesetzt. Stålenhag beschreibt in kurzen, oft nur einseitigen Episoden das Leben als Jugendlicher im Schweden der 1990er Jahre. Weiterhin kann Stålenhag damit auf eigene Erinnerungen aus einer Jugend zurückgreifen, was dem Buch einen authentischen Anstrich verleiht. Interessant ist dabei die Themenverschiebung, welche die Wahrnehmung des Protagonisten erfährt. Waren im ersten Band kindliche Sorgen, Nöte und Erlebnisse die zentrale Verbindung zwischen den Episoden, so sind es nun die klassischen „Coming-of-Age“-Momente junger Heranwachsender, welche Auslöser für die meisten kurzen Erlebnisse sind.

Neben der Wandlung des Protagonisten haben sich natürlich auch die Mälaren-Inseln und der LOOP verändert. Denn das wissenschaftliche Testgelände wurde bereits vor einigen Jahren stillgelegt, die Forschungen nahezu vollständig eingestellt. Just in dieser Zeit stehen plötzlich die Keller aller nahen Anwohner unter Wasser – das gesamte unterirdische Testgelände ist plötzlich geflutet. KRAFTA, ein privater Konzern, der das Testgelände von Riiksenergie übernommen hat, evakuiert daraufhin vorsorglich alle Anwohner. Doch wo kommt das Wasser plötzlich her? Diese Frage wird in dem Roman ebenso wenig abschließend geklärt wie viele andere, denn selbstverständlich gibt es auch nach der Stilllegung des LOOP noch reichlich für die jungen Erwachsenen zu entdecken.

Kritik

Blieb die Geschichte in „Tales from the LOOP“ noch hinter den Bildern deutlich zurück und entwickelte sich eher seicht, so muss man Stålenhag in diesem zweiten Band eine gewisse Entwicklung attestieren. Zwar sind die einzelnen Episoden immer noch sehr kurz gehalten, was den Untertitel „illustrierter Roman“ wieder ein wenig hochtrabend daherkommen lässt. Doch hat sich eine gewisse philosophische Note in die Texte geschlichen, welche Veränderung und Stillstand beleuchtet und tatsächlich zum Nachdenken und Erinnern anregt. Das verstärkt die dem Vorgängerband innewohnende Melancholie noch und hinterlässt Eindruck.

Daneben sind es aber natürlich vor allem wieder die Bilder, welche den geneigten Leser zu fesseln wissen. Stålenhag bleibt seinem unverkennbaren Stil aus „Tales from the LOOP“ treu; durch eine schmutzigere Farbgebung und oft eher verwaschen gezeichnete Hintergründe erreicht er aber eine gänzlich andere Stimmung als noch im ersten Band. Die Schnelllebigkeit und die Veränderungen, die das Heranwachsen mit sich bringen werden so auch in den Bildern widergespiegelt. Dabei bleibt Stålenhag dem Design seines ganz eigenen technologischen Stiles absolut treu: Seine unbekannte Technik wirkt, als stamme sie aus den 1980ern unserer Welt. Die Computer sind mit grobschlächtigen Röhrenmonitoren ausgestattet und manche Roboterkarosserie hätte auch einem alten Volvo gut zu Gesicht gestanden. Diese Mischung fasziniert und macht die Bilder zugleich erschreckend realistisch und zugleich surreal. Besonders im Verlauf des Bandes, wenn sich mehr und mehr organisch anmutende Details in seinen Bildern wiederfinden, wirkt die Zusammenstellung äußerst lebendig. Stålenhags Bilder sind so detailreich, dass nahezu jedes einzelne zum Verweilen und erstaunten Betrachten einlädt.

Fazit: „Tales from the Loop“ ist ein moderner Klassiker. „Things from the Flood“ steht seinem Vorgänger allerdings in nichts nach, ja, weiß inhaltlich sogar mehr zu überzeugen. Wer den ersten Band kennt, sollte auch hier zuschlagen. Wer den ersten Band nicht kennt, sollte das dringend nachholen und sich dann auch „Things from the Flood“ ansehen. Absolut empfehlenswert.

Things from the Flood
Illustrierter Roman
Simon Stalenhag
Fischer TOR 2021
ISBN: 978-1-4711-9443-6
132 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 34,00

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