Das Labyrinth – Ein illustrierter Roman

Mit „Tales from the Loop“ gelang dem talentierten Künstler Simon Stålenhag ein erster Coup und auch die beiden thematisch ähnlichen Nachfolgebände waren erfolgreich. Mit „Das Labyrinth“ liegt der mittlerweile vierte illustrierte Roman aus seiner Feder vor.

von Jens Krohnen

Simon Stålenhag wurde 1984 in Schweden geboren. Mittlerweile hat er sich einen Namen als Künstler, Musiker und Designer gemacht. Nicht zuletzt dank seinen eindrucksvollen Zeichnungen, die zwar digital entstehen, aber an Ölgemälde erinnern. Mit „Das Labyrinth“ verlässt Stålenhag erstmals die fiktive Vergangenheit seiner Vorgängerromane und widmet sich einer düsteren Zukunft.

Worum geht es?

Anders als noch in den drei Vorgängerbänden erzählt „Das Labyrinth“ eine große, zusammenhängende Geschichte. Zwar bot auch „The Electric State“ einen bandumfassenden Handlungsrahmen, doch wurde dieser noch in kleinen, in sich abgeschlossenen Episoden präsentiert. Zwar springt auch „Das Labyrinth“ zwischen verschiedenen Handlungsschauplätzen und -zeiten hin und her, doch werden hier keine kurzen Episoden, sondern Rückblicke zur Erklärung der aktuellen Handlung präsentiert.

Eines Tages erscheinen auf der Erde seltsame schwarze Sphären. Sie scheinen sich zufällig zu bewegen und doch komplexen Mustern zu folgen. Rasch offenbart sich der furchtbare Zweck dieser Objekte, denn die Kugeln beginnen damit, die Atmosphäre des Planeten zu vergiften. Die Wissenschaft steht vor einem Rätsel, und während die Sphären immer mehr Schadstoffe in die Atmosphäre pumpen, beginnen die Menschen an unbekannten Krankheiten zu sterben. In dieser Zeit entsteht in Schweden das Projekt Kungshall. Bei Kungshall handelt es sich um eine unterirdische Stadt, konzipiert für 100.000 Menschen, die unabhängig von der Erdoberfläche alles aufbietet, um das Überleben der Menschheit zu sichern.

Der Roman spielt sieben Jahre nach diesen Ereignissen. Wir folgen der Geschichte einer Mikrobiologin, die gemeinsam mit ihrem Bruder und ihrem gemeinsamen Ziehsohn an die Oberfläche der Erde zurückkehren. Sie sind Teil einer wissenschaftlichen Mission, die Proben sammeln, Messdaten auswerten und einige Messstationen warten soll. Die Erde ist immer noch unbewohnbar und durch die mit Schadstoffen vollgepumpte Atmosphäre dringt kaum ein Sonnenstrahl. Während der Arbeiten erzählt uns die Geschichte in Rückblenden vom Errichten des Kungshall-Projektes, von der Ankunft des Jungen, den die beiden Wissenschaftler in Obhut genommen haben und vom Ende der Menschheit. Der Band kulminiert in einem brutalen, irgendwie überraschend kommenden Ende.

Kritik

Auch „Das Labyrinth“ stellt wieder einen Fortschritt von Stålenhag als Schriftsteller dar. Von der episodenhaften Struktur der Vorgängerbände ist wenig geblieben und dennoch gelingt es Stålenhag, die Geschichte nicht einfach stringent und doch überzeugend und verständlich zu erzählen. Auch thematisch geht Stålenhag noch einen Schritt weiter als zuvor und berichtet von der Grausamkeit rationaler Entscheidungen und davon, wozu Menschen in Extremsituationen fähig sind. Das ist streckenweise durchaus harter Tobak und kann mit der Düsterkeit der Bilder mühelos konkurrieren.

A propos Bilder: Natürlich sind auch diese wieder unglaublich gut gelungen. Zwar sind in diesem Fall weniger Wiedererkennungseffekte gegeben, als wir es aus den drei Vorgängerbänden – die ja in einer fiktiven Vergangenheit spielten – kennen. Dennoch bleibt sich Stålenhag auf seine Art treu, und wer das Design der Roboter aus „Tales from the Loop“ mochte, der wird hier viele neue Eindrücke sammeln können. Noch mehr als in „The Electric State“ ist den Bildern eine Düsternis zu eigen, die sowohl durch die vergiftete Atmosphäre aber auch durch die gewählten Motive zerstörter Städte und sterbender Wälder entsteht. „Das Labyrinth“ ist ein düsteres Buch, schriftstellerisch gelungen und optisch eindrucksvoll illustriert, aber von einer Schwermut und Bitterkeit geprägt, die beim Lesen teilweise schmerzt. Darauf muss man sich einlassen wollen und können.

Fazit: „Das Labyrinth“ ist eindrucksvoll illustriert und erzählt eine gelungene, wenn auch äußerst düstere Zukunftsvision. Wer Dystopien und Katastrophenszenarien mag, findet hier eine erfrischend und erschreckend andere Interpretation des Themas.

Das Labyrinth
Illustrierter Roman
Simon Stålenhag
Fischer TOR 2021
ISBN: 978-3-596-70692-1
152 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 36,00

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