von Daniel Pabst
„The Boys“, geschrieben von Garth Ennis und gezeichnet von Darick Robertson, wurde durch die 2019 gestartete Amazon-Serie zu einem absoluten Welthit. Bei Amazon Prime gibt es alle Folgen von „The Boys“ zu schauen. Auf die finale Staffel müssen sich die Fans wohl noch bis zur zweiten Hälfte des Jahres 2026 gedulden. Neben der Erfolgsserie „The Boys“ konnte die Spin-Off-Superhelden-Fernsehserie „Gen V“ Kritiker und Fans überzeugen. Dort geht es um junge erwachsene Superhelden an einer Universität, an der so einige Dinge nicht sind, wie sie scheinen. Auch hier hat Amazon das Potenzial gesehen und bereits eine zweite Staffel mit Erscheinungsdatum 2025 angekündigt. Wer wissen will, wo dieser „Hype“ seinen Ursprung hat, für den hat Panini Comics jetzt begonnen, die Comic-Reihe in einem „Pocket“-Format neu aufzulegen.
Denn wie bei vielen anderen populären TV-Serien (beispielsweise „The Walking Dead“ oder „Daredevil“) basieren sie auf mindestens ebenso hoch geschätzten Comic-Werken. Die TV-Serie weicht natürlich in einigen Punkten vom Original-Comic ab (so ist zum Beispiel „Wee Hughie“ deutlich älter und unattraktiver als die TV-Version von „Hughie Campbell“), behält jedoch als moderne Adaption den Kern der Geschichte. Was also bietet dieser Kern, dass er so viele Zuschauenden noch immer reizt und begeistert? Zumal der Comic von Garth Ennis bereits im Jahre 2006 erschienen ist – also mehr als 15 Jahre in der Vergangenheit liegt! Einen ersten Eindruck erhaltet ihr mit dem Comic „The Boys (Pocket Edition 1): Das wird sehr wehtun!“, welcher 340 Seiten enthält und nun als Softcover (15x23 cm) auf Deutsch für 15,00 Euro erhältlich ist.
„The Boys (Pocket Edition 1)“ enthält die ersten 14 Kapitel von „The Boys“ und nimmt sich kaum Zeit für einen langsamen Aufbau. Schnell wird man in eine alternative – äußerst verdorbene – Version der Welt (primär spielt der Comic in den USA) hineingeworfen. Ein Mann namens „Butcher“ sitzt mit seinem Hund „Terror“ im Central Park in New York und spricht den Leser oder die Leserin mit den Worten: „Ich werd dich kriegen, du Sack.“ an, während am Himmel eine Gruppe an Superhelden vorbeifliegt. Wenige Seiten später sehen wir einen der Superhelden, wie er ein Liebespaar gewaltsam voneinander trennt, indem er durch die Arme der Liebenden „hindurchfliegt“. Dieser Moment zeugt von roher Gewalt, und als der schockiert dreinblickende Liebhaber zu begreifen versucht, was da gerade geschehen ist, wollen ihn die Polizei und die Regierung mit einer finanziellen Abfindung für den Verlust „abfrühstücken“. Diese Szene prägt sich ins Gedächtnis ein.
In den weiteren Szenen von „The Boys (Pocket Edition 1)“ lernt ihr die Welt noch intensiver kennen. Hier werden die bekannten Superhelden und ihre Klischees pervertiert. Statt eines gerechtigkeitsliebenden Supermans (von DC) stehen für die sogenannten „Sieben“, vor allem für deren Anführer „Homelander“, andere Ideale im Vordergrund, die da lauten: Kommerz, Ruhm und Macht(missbrauch). Mit der Wahrheit nimmt man es hier nicht so genau. Dieser „irren“ Heldentruppe steht nur ein selbsternanntes Spezialteam der CIA entgegen – „The Boys“ (wobei auch eine Frau Teil des Teams ist). Insbesondere die Figur „Butcher“ (zu Deutsch „Schlächter“) schreckt vor keinen Untaten zurück, um die korrupten Superhelden zur Strecke zu bringen. Hier begegnen sich gleich mehrere Figuren, die über dem Gesetz zu stehen scheinen.
Vermutlich resultiert die Faszination dieser Geschichte gerade aus diesen eklatanten Widersprüchen. Als Zuschauerin oder Zuschauer beziehungsweise Leserin oder Leser ekeln die Superhelden – geführt von „Homelander“ – an; gleichzeitig widerstrebt es einem, mit den Rächern – geleitet von „Butcher“ – zu sympathisieren, da auch deren Methoden weit über das angemessene Maß hinausgehen. „The Boys“ lotet wie kaum eine andere Geschichte die Grenzen des Superhelden-Genres aus. Die schonungslose Brutalität, der tiefschwarze Humor und die sehr bissige Gesellschaftskritik heben das Werk von den traditionellen Superhelden-Geschichten ab. Nicht ohne Grund trägt der Comic den Hinweis: „Leseempfehlung ab 18 Jahren!“. Auch heute noch sind die Abbildungen nicht leicht zu verdauen und die gehörige Portion an Sex und Gewalt spaltet die Gemüter. Die Zeichnungen von Darick Robertson sind sehr rau und derb. Die Farben von Tony Avina übertragen die gewollte düstere Stimmung und betonen die vielen Andeutungen, die nicht nur in der Welt der USA zu finden sind.
Fazit: Dieser erste Band der Pocket Edition von „The Boys“ ist heftig, da sowohl die „Superhelden“ als auch die „Protagonisten-Gruppe“ keine Zurückhaltung zeigen. Zwar verrät der Zeichenstil das Alter des Comics, dies beeinträchtigt jedoch nicht die inhaltliche Explosivität. Hier sollte man sich auf eine gehörige Menge an expliziten Inhalten, insbesondere an Gewalt und Sex, einstellen, welche aber nicht allein der reinen Sensationslust dienen. Insgesamt bietet der brachiale Start einen packenden Einstieg in eine absurde Comic-Reihe, von der man entweder direkt genug hat oder gleich den nächsten Band lesen möchte.
The Boys (Pocket Edition 1): Das wird sehr wehtun!
Comic
Garth Ennis, Darick Robertson
Panini Comics 2024
ISBN: 978-3-7416-3841-1
340 S., Softcover, deutsch
Preis: 15,00 EUR
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