Terra Nova

„Terra Nova“ (die kleine Schwester von „Terra Mystica“) hat das Licht der Welt erblickt. Wer jetzt aber denkt, es handelt sich um eine einfache Familienedition, der täuscht sich. Bei „Terra Nova“ bleibt das Spielsystem von „Terra Mystica“ absolut erhalten, wenn auch nicht ganz so komplex. Und genau das war auch das Ziel von Autor Andreas Faul. Denn er wollte sein Lieblingsspiel auch für etwas weniger erfahrene Spieler*innen zugänglich machen und die Spiellänge verkürzen. Ob es ihm gelungen ist? Machen wir uns auf den Weg, die Welt von „Terra Nova“ zu erkunden und zu bebauen.

von Sabrina

Inhalt


1 doppelseitiger Spielplan, 5 doppelseitige Völkertableaus, 8 Vorteilsplättchen, 8 Rundenwertungsplättchen, 103 Münzen, 40 doppelseitige Landschaftsplättchen, 40 Machtsteine, 5 Plättchen „80 Punkte“, 2 Aktionsübersichten, 1 Startmarker, 10 X-Marker, 1 Palastplättchen für das Volk „Feline“, 5x 8 Häuser, 5x 4 Kontore, 5x 2 Paläste, 5x 2 Völkermarker, 5x 3 Brücken, 5x 4 Stadtplättchen, 5x 1 Völkerübersicht, 1 Reihenfolgetableau, 5 Völkerplättchen, 1 Anleitung

Zum Spiel

Wie bereits erwähnt, bleibt das Spielsystem von „Terra Mystica“ bei „Terra Nova“ an sich erhalten. Wir wählen ein Volk und versuchen über 5 Runden Landschaften zu erkunden und zu bebauen. Dabei müssen wir, wie gehabt, die Landschaften mit Hilfe der „Spaten“-Aktion zuerst in die Farbe unseres Volkes umwandeln. Das Bauen von Häusern, Kontoren, Palästen und Brücken gibt uns zu Beginn jeder Runde Einkommen, Vorteile und/oder generiert Siegpunkte während und am Ende des Spiels. Neben Geld als Währung gibt es auch den von „Terra Mystica“ bekannten Mechanismus der Machtschalen. Erhält man Macht, muss man zuerst die erste Schale leeren und danach die zweite. Bezahlt werden kann nur aus der dritten Schale. Wer Macht für Aktionen verwendet oder diese in Geld umwandelt, schiebt diese zurück in die erste Schale und der Kreislauf beginnt von vorn.



„Terra Nova“ gliedert sich in drei Phasen: 1. Einkommen, 2. Aktionen und 3. Rundenende. In Phase 1 erhaltet ihr alle gleichzeitig Einkommen in Form von Geld und/oder Macht. In Phase 2 führt ihr nacheinander jeweils eine von 7 Aktionen aus (Land bewohnbar machen und bebauen, Gebäude aufwerten, Schifffahrt verbessern, Brückenbau, Machtaktionen, Sonderaktionen und Passen). Gespielt wird so lange, bis alle gepasst haben. Passt jemand, muss er oder sie wie gewohnt ein neues Vorteilsplättchen mit dem alten Plättchen der Vorrunde tauschen. Am Rundenanfang generieren diese zusätzliches Einkommen oder lösen beim Passen eine Wertung für dessen Inhaber*in aus. Jede Runde hat ihre eigene Wertung. Das Rundenwertungsplättchen zeigt an, wofür ihr in Phase 2, der Aktionsphase der aktuellen Runde, Punkte bekommt. Immer wenn ihr in dieser Runde die abgebildete Aktion ausführt, z. B. ein Haus baut, erhaltet ihr Punkte. Sobald ihr alle gepasst habt, beginnt Phase 3. Dies ist die Vorbereitung für die nächste Runde.

Nach der 5. Runde wird eine abschließende Wertung ausgelöst. Zusätzliche Siegpunkte gibt es für übrig gebliebenes Geld (1:3) und für die größte zusammenhängende Ausdehnung auf dem Spielplan. Wer am Ende die meisten Siegpunkte hat, gewinnt „Terra Nova“.

Varianten

In der „Variante Passreihenfolge“ führt ihr eure Züge nicht im Uhrzeigersinn aus, sondern spielt in der Reihenfolge, in der ihr in der vorherigen Runde gepasst habt. Zusätzlich gibt es 2 Varianten für ein 2-Personen-Spiel: Ihr habt die Wahl zwischen einer strategischeren (Planer) und einer glückslastigeren (Glücksgräber) Variante. Bei beiden Varianten kommen neutrale Häuser mit ins Spiel, wodurch es etwas anspruchsvoller wird.



Die wichtigsten Unterschiede von „Terra Nova“ zu „Terra Mystica“

Der Spielplan ist ein wenig kleiner, da auch nur 4 anstatt 5 Personen mitspielen können. Die Rückseite enthält zusätzlich einen Spielplan für 2 Personen. Es wird über 5 Runden anstelle von 6 gespielt. Anstatt 7 gibt es 5 verschiedene Landschaften (See, Wald, Sumpf, Wüste und Ödland) und 10 Fraktionen anstatt 14. Die einzigen Ressourcen sind Münzen und Macht. Es gibt keine Arbeiter oder Priester mehr. Alle Gebäude kosten nur noch Münzen und diese sind für alle gleich. 4 Münzen für ein Haus, 7/10 für einen Kontor, 14 für einen Palast, 10 für eine Brücke, 6 für eine Schaufel und 8 für die Verbesserung der Schifffahrt. Es gibt keine Kultwege, Heiligtümer, Tempel oder Gunstplättchen. Stattdessen besitzt jede Fraktion 2 Paläste.

Im Kreislauf verbleiben über die gesamte Partie hinweg immer 8 Machtscheiben. Es wird keine Macht verbrannt. Mit Macht können außerdem Brücken gebaut oder die Schifffahrt verbessert werden. Zu Beginn erhält man bereits 4 Macht in der dritten Schale und kann diese somit gleich nutzen. Die Terraforming-Fähigkeit kann nicht verbessert werden. Jede Schaufel kostet immer 6 Münzen. Wenn ein Spieler neben dir baut, erhältst du eine Macht pro angrenzendem Gebäude, unabhängig von dessen Größe/Stufe. Es gibt keine Kultleiste und somit auch keine Kultboni mehr. Wenn man eine Stadt gründet, nimmt man das Stadtplättchen nicht aus einem gemeinsamen Pool. Stattdessen besitzt jede Fraktion 4 verschiedene eigene Stadtplättchen. Die Wertung für das größte Netzwerk beträgt 12/8/4 Punkte statt 18/12/6.

Faktencheck

Der Glücksfaktor ist ausgesprochen gering. Das Material liegt offen aus und es gibt keine geheimen Informationen. Einzig die Rundenplättchen können schon mal unglücklich verteilt sein oder es mag kein „perfektes“ Vorteilsplättchen für mich parat liegen. Interaktion ist gegeben, hält sich aber zu meiner Freude im angemessenen Rahmen. So mache ich nie jemandem wirklich etwas „kaputt“. Es gibt immer noch ausreichend Alternativen bei der Wahl von Entscheidungen wo ich baue, welche Aktionen ich durchführe oder Plättchen ich nehme. Mit der Variante der Passreihenfolge wird die Ungerechtigkeit gelöst, dass Spieler, die spät passen, in der folgenden Runde früh dran sind, weil sie einfach vorteilhaft hinter dem/der neuen Startspieler/in sitzen.

Die Anleitung liest sich flüssig und lässt keine Fragen offen. Wer „Terra Mystica“ kennt, wird hier sowieso keine Schwierigkeiten mit dem Verständnis der Regeln haben. Beim Spielmaterial erkennt man klar die Parallelen zur großen Schwester, sowohl von der gestalterischen Aufmachung als auch von der Qualität her. Da gibt es nichts zu bemängeln, es sei denn, man erachtet das Farbenfrohe als zu kitschig. Aber über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Ich mag’s lieber farbenfroher.



Für jedes Volk gibt es eine Spielübersicht, sodass man immer wieder schauen kann, welche Vorteile das eigene Volk mit sich bringt, ohne dass die Anleitung hin und her geschoben werden muss. Warum es nur zwei Spielübersichten anstatt eine für jeden Mitspielenden gibt, verstehe ich jedoch nicht so ganz.

Aus einem Expertenspiel ein zugänglicheres Kennerspiel zu machen, ohne zu viel vom Spielgefühl zu verändern, wurde hier meisterlich umgesetzt. Man bedenke außerdem, dies ist das Erstlingswerk von Andreas Faul. Ein Dank muss hier auch an Feuerland und die Autoren von „Terra Mystica“ Helge Ostertag und Jens Drögemüller weitergegeben werden. Denn ohne deren Erlaubnis zur Entwicklung und Veröffentlichung von „Terra Nova“ wäre eine Umsetzung gar nicht möglich gewesen.

Fazit: Trotz der Vereinfachung bleibt für mich das Spielgefühl und die hervorragende Spielmechanik von „Terra Mystica“ hier voll erhalten. Ein großartiges Kennerspiel, das gegenüber „Terra Mystica“ durchaus seine Vorzüge hat. Wenn ich mich entscheiden muss, ob „Terra Mystica“ oder „Terra Nova“ auf den Tisch kommt, fällt die Entscheidung ganz klar auf „Terra Nova“. Erstens, weil ich bei „Terra Nova“ nichts vermisse, was es bei „Terra Mystica“ zusätzlich gibt. Und zweitens, weil mir die kürzere Spieldauer und vor allem die geringere Downtime sehr entgegenkommt. Wer die Komplexität von „Terra Mystica“ zu schätzen weiß und auch nichts gegen die lange Spielzeit auszusetzen hat, wird wahrscheinlich eher weiterhin zum Vorgänger greifen. Wem aber für „Terra Mystica“ die passenden Mitspieler*innen fehlen oder wer Neulinge an „Terra Mystica“ heranzuführen möchte, findet hier eine gute Alternative beziehungsweise einen guten Einstieg. Klare Kaufempfehlung meinerseits.

Terra Nova
Brettspiel für 2 bis 4 Spielende ab 12 Jahren
Andreas Faul
Kosmos 2022
EAN: 4002051683382
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 49,99

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