von Frank Stein
Der Band versammelt die sechs Episoden von „Vader Down“, die erstmals in den USA zwischen November 2015 und Januar 2016 erschienen sind – Band 1 übrigens in mehr als 30 Variant-Cover-Ausgaben! Auf Deutsch erschien die Geschichte erstmals in den „Star Wars“-Comic-Heft-Ausgaben #13-15 zwischen August und Oktober 2016. Im April 2017 kam dann ein deutscher Softcover-Sammelband plus Variant-Cover- und limitierter Hardcover-Edition heraus. In den USA sind mittlerweile diverse Sammelbände erschienen, in denen auch „Vader Down“ enthalten ist. Man merkt: Dieser Band gilt als Pflichtlektüre!
Obwohl dem Anschein nach als eigenständige Mini-Serie angelegt, ist die Handlung erneut extrem in die beiden Serien „Star Wars“ und „Darth Vader“ eingebunden, sodass man eher von einem Cross-Over-Event reden sollte. So schließt sie auf Vaders Seite nicht nur absolut unmittelbar an den Comic-Sammelband „Darth Vader: Schatten und Geheimnisse“ an, sondern widmet sich auch weiter der Suche von Luke Skywalker nach den Vermächtnissen der Jedi aus der Schwesterserie. Eine eigenständige Lektüre ist zwar Dank der kurzen Einführung und des erklärenden „Rolltextes“ zu Beginn möglich, allerdings wird man trotzdem die Beziehungen der Figuren – etwa zwischen Vader und Doktor Aphra oder Vader und Commander Karbin – nicht richtig begreifen.
„Vader Down“ ist fast ein Kammerspiel, das sich vollständig in einem unwirtlichen Landstrich rund um die Ruinen eines alten Jedi-Tempels auf dem Planeten Vrogas Vas abspielt. Dort glaubt Vader nach Informationen, die er in „Schatten und Geheimnisse“ gesammelt hat, Luke aufzuspüren, den Zerstörer des Todessterns (und sein Sohn). Was er stattdessen vorfindet, sind mehrere Staffeln X-Flügler, die dort gerade eine Übung abhalten. Schon im entbrennenden Raumkampf zeigt sich, was für ein übernatürlich guter Kämpfer Vader ist. Erst ein selbstzerstörerisches Manöver der Rebellen bringt seinen Jäger zum Absturz. Doch damit ist die Schlacht nicht geschlagen. Gegen Dutzende, ja vielleicht sogar hunderte Rebellen zeigt Vader, was ein dunkler Lord der Sith so drauf hat.
Das wirkt bisweilen schon etwas übertrieben. Vaders Fähigkeit, sich zahlloser Gegner zu erwehren, kommt zweifellos echt bad-ass-mäßig daher, aber man fragt sich schon gelegentlich, ob es denn für Machtanwender wirklich keinen Gegner gibt außer einem anderen Machtanwender. Wenn man sich dann allerdings vor Augen hält, wie sich Jedi wie Mace Windu oder Kit Fisto in den Klonkriegen durch Heere von Kampfdroiden gemäht haben, steht Vaders Gabe, sich die Widerständlerarmee erfolgreich vom Leib zu halten, ja sie sogar im Dutzend zu dezimieren, wieder in Relation. Es steht halt auch sein Name auf dem Cover und in dieser Mini-Serie ist er der Protagonist, wenn auch ein mörderischer und düsterer.
Neben dem Kampf, den Vader ganze 140 Seiten lang ausficht (es geht um nichts anderes in „Vader Down“ als um diese Mega-Konfrontation auf Vrogas Vas), treiben sich auch Luke, Han, Leia, Chewie, C-3PO und R2-D2 auf der einen sowie Doktor Aphra, 0-0-0, BT-1, ein Wookiee-Kopfgeldjäger namens Black Krrsantan, das fiese Mon-Calamari-Cyber-Experiment Commander Karbin und ein Haufen spät eingetroffener Sturmtruppen auf der anderen Seite in der staubigen Einöde herum. Dabei findet jeder seinen dunklen Widerpart, mit dem er zu ringen hat, und zwischenzeitlich verschieben sich auch die Bündnisse, denn der Imperiale Karbin und seine Truppen sind keineswegs auf Vaders und Aphras Seite, sondern vielmehr Rivalen mit einer eigenen Agenda. Das führt zu interessanten Rettungen in mancher letzten Sekunde, aber auch zu Verrat und erzählerischen Wendungen, die das Drama aus der Feder von Jason Aaron und Kieron Gillen bis zuletzt spannend halten.
Am Zeichenstift ist diesmal neben Salvador Larocca noch Mike Deodato aktiv. Laroccas feinliniger Stil weiß nach wie vor zu gefallen. Deodato jedoch setzt nochmal ein ganzes Level drauf. Allein die ersten Seiten des Comics sind ein optischer Leckerbissen und Comic-Kunst vom Feinsten. Auch im weiteren Verlauf ist das qualitative Niveau echt hoch und wird durch mitunter ganzseitige und doppelseitige Schlachtengemälde aufgewertet. Die Farbstimmungen und die spektakulären Feuereffekte von Frank Martin Jr. und Edgar Delgado sind daran nicht unwesentlich beteiligt.
Mit einer Bildergalerie, die sechs posterreife Cover von Mark Brooks präsentiert, wird der Comic abgeschlossen. Die Galerie ist schön, das will ich nicht bestreiten, doch gerade wenn man weiß, welche unfassbare Menge an Covervarianten für diese Reihe geschaffen wurde, wären ein paar Seiten mehr echt toll gewesen. (Wobei der Abdruck vermutlich durch lizenzrechtliche Probleme verhindert wurde, da viele Cover exklusiv an bestimmte Händler gebunden waren.)
Fazit: Mit „Vader Down“ zieht Marvel alle Register. In großartigen Illustrationen wird eine dramatische, wendungsreiche Story erzählt, die für jeden der Protagonisten seine eigene Herausforderung bietet. Dabei gelingt es den Machern erstaunlicherweise, sowohl Vader als auch Luke und seinen Freunden am Ende einen Teilsieg zu gönnen. Ein absolut lesenswertes Cross-Over-Event, das man allerdings vor allem genießen kann, wenn man die Bände 1, 3, 5 und 6 der „Star Wars Marvel Comics-Kollektion“ kennt.
Star Wars Marvel Comics-Kollektion 9: Vader Down
Comic
Jason Aaron, Kieron Gillen, Salvador Larroca, Mike Deodato u.a.
Panini Comics 2021
ISBN: 978-3-7416-2506-0
146 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 14,99
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