Star Wars: Geschichten aus einer weit, weit entfernten Galaxis 1: Spezies

Mit jedem Film gab es bei „Star Wars“ neue Spezies mit zum Teil seltsamstem Aussehen – und auch der neue „Star Wars“-Film nach der Disney-Übernahme stand dem nicht nach. Der Anthologie-Band präsentiert Geschichten mit ganz verschiedenen und teils seltsamen Rassen, die zum Teil auf dem bekannten Wüstenplaneten Jakku spielen, im Schloss Maz Katanas und in ganz unzugänglichen Regionen der Galaxis.

von Ansgar Imme

Schon bevor Disney die Lizenz und Rechte von George Lucas für „Star Wars“ übernahm, gab es viele Romane und Comics, die zunächst von den bekannten Figuren wie Leia, Han Solo oder Luke Skywalker, später aber eben auch von vielen Nebenfiguren wie Wedge Antilles, Boba Fett oder gar ganz neue Charakteren erzählten. Mit dem ersten neuen Film „Das Erwachen der Macht“ scheint es nicht weniger geworden zu sein. Und man probiert auch neue Formate wie diese Anthologie, in der in Kurzgeschichten verschiedene Rassen aus dem Film aufgegriffen werden, selbst wenn man diese nur kurz zu sehen bekommen hat.  

Auf 320 Seiten finden sich sechs verschiedene Erzählungen, die zwischen 30 und 60 Seiten lang sind. Die Inhalte sind dabei durchaus unterschiedlich. In der ersten Geschichte wird ein Bankentransporter in einem abgelegenen Außenposten von Jakku überfallen. Als sich der örtliche Constable Zuvio an die Aufklärung macht, muss er überrascht feststellen, dass ein Mann, den er kennt in die Vorgänge verwickelt zu sein scheint. In der zweiten Erzählung wird der Chefkoch aus Maz Katanas Schloss in einen Mordfall verwickelt, als er seinen Stellvertreter, mit dem er sich des Abends zuvor noch gestritten hat, tot auffindet. Da dieser geheime Rezepte sein Eigen nannte, veranstaltet der Chefkoch einen Kochwettbewerb unter seinen Angestellten, um damit herauszufinden, wer jetzt die Rezepte sein Eigen nennt.

Als drittes berichtet ein alter Geschichtenerzähler, der unzählige Tiere verschiedenster Arten mit sich herumträgt, während eines Überfalls auf ein Dorf auf Jakku von seinen Erlebnissen und seiner Befreiung vom Todesstern, zu dessen Zerstörung er und seine Tiere auch einiges beigetragen haben wollen. Deutlich skurriler und vor allem düsterer sind die Erlebnisse der Verbrecherin Ryn Biggleston, die nach einem Betrug an einer anderen Ganovin mit ihrer Rettungskapsel abstürzt und sich in das Schloss von Maz Kanata retten kann. Hier nimmt sie die Dienste zweier seltsamer Wissenschaftler an, die ihr eine neue Identität verschaffen sollen. Doch nicht immer bekommt man, was man erwartet.

Auch die vorletzte Geschichte hat mit Identität und Betrug zu tun, wenn der aus „Das Erwachen der Macht“ bekannte, geizige und stets unzufriedene Schrotthändler Unkar über eine Partnerbörse eine Frau seines Volkes der Croluten kennenlernt. Aber auch seine zwei Handlanger und sein angeblicher Schatz spielen eine Rolle, ehe er die Liebe erwidern kann. In der letzten Erzählung geht es dann wieder dramatischer und actionreicher zur Sache, als der Karmesinrote Korsar und seine Crew versuchen, den verschollenen Schatz des Count Dooku zu bergen, dabei jedoch in eine unwirtliche und gefährliche Gegend vordringen müssen und zudem von mehreren Piratenbanden verfolgt werden.

Was man mit „Star Wars“ betitelt, wird von den Kunden (und hier den Lesern) auch gekauft. So denkt man sich vermutlich auch bei den Buchverlagen. Doch mit den „Star Wars“-Filmen oder bekannten Figuren daraus hat diese Anthologie überhaupt nichts zu tun. Zwar spielen die Geschichten im „Star Wars“-Universum und greifen auch Figuren auf, die kurz mal zu sehen waren, doch die Geschichten sind eben keine klassischen Erzählungen, wie man sie sonst von „Star Wars“ kennt. Vor allem die Jedi und die Dunkle Seite der Macht bleiben ganz außen vor. Und ob die verschiedenen Spezies, die im Buch vorkommen und zum Teil auf dem Cover zu sehen, wirklich im Film vorkommen, dafür müsste auch der Rezensent den Film noch einmal sehr genau anschauen, um dies zu bestätigen (mit Ausnahme des Schrottsammlers Unkar, der eine etwas größere Rolle hat). So könnten die Geschichten auch teils in einem beliebigen anderen Universum spielen, wenn nicht manche zumindest etwas Bezug auf vergangene Ereignisse nehmen würden wie den Todesstern oder Count Dooku.

Dabei sind die Erzählungen der Anthologie durchaus unterhaltsam und schaffen es, auf den wenigen Seiten meist Spannung aufzubauen und vor allem oft mit einer interessanten Wendung kurz vor dem Ende zu überraschen. Die Figuren können auf den wenigen Seiten natürlich nicht tief charakterisiert werden und bleiben meist oberflächlich und auf wenige zur Geschichte passende Aspekte beschränkt. Aber man fiebert durchaus mit ihnen mit, da die Erzählungen an sich genügend Spannung bieten und eben mehr auf sich selbst und weniger die Figuren konzentrieren. Auch die Beschreibungen der Schauplätze müssen durch den begrenzten Platz mit wenigen Attributen auskommen, was aber recht gut gelingt. Was ein wenig fehlt, ist ab und zu ein wenig Ernsthaftigkeit, Tragik oder Düsternis – die meisten Geschichten sind doch sehr humorvoll angelegt und spiegeln damit nur eine Unterhaltungsrichtung wieder.

Fazit: Wer Abwechslung, kurze knackige Geschichten und etwas anderes als die üblichen Geschichten aus dem „Star Wars“-Universum sucht, der wird hier fündig. Hier werden nicht die bekannten Figuren beleuchtet, sondern die Nebenrollen der Nebenrollen erhalten einen kurzen Moment Aufmerksamkeit. Dabei wird keine große Tiefe bei der Charakterisierung oder bei den Beschreibungen der Welt erreicht, dafür wird sich mehr auf die Pointe in einer kurzen Geschichte konzentriert. Gerade wenn man nicht viel Zeit hat und keine mehrbändigen Romane lesen will, findet hier solide Unterhaltung, die oft zum Schmunzeln  anregt. Keine Anthologie, die man unbedingt haben muss, mit der man aber auch nichts wirklich falsch macht.

Star Wars: Geschichten aus einer weit, weit entfernten Galaxis 1: Spezies
Film/Serien-Roman / Anthologie
Landry Q. Walker
Panini Books 2016
ISBN: 383323363X
320 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 12,90

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