Star Wars: Die Geschichte der Halcyon

Raumschiffe, die fast so berühmt sind, wie die Menschen, die sie fliegen, gehören seit jeher zum „Star Wars“-Universum. Han Solos „Millennium Falcon“, Din Djarins „Razor Crest“ oder Darth Vaders Supersternenzerstörer „Executor“, aber auch namenlose Modelle wie X-Flügler oder TIE-Jäger, sind Kult. Sie haben sich im Kinosaal oder auf dem Fernsehbildschirm durch ihr cooles Design und ihre tollen Auftritte ins Herz der Zuschauer geflogen. Doch es gibt einen Fall, da fühlt sich der Hype etwas „von oben gewollt“ an. Willkommen an Bord der Halcyon.

von Ye Olde Jedi-Master

Was soll das denn jetzt heißen? Lasst mich etwas ausholen, werte Padawans. 2015 erklärte Disney-Chef Bob Iger, dass es eine neue coole „Star Wars“-Themenwelt in den Disney-Parks geben soll. „Galaxy’s Edge“ hieß das Ding, ein in der Art eines riesigen Live-Rollenspiels präsentiertes Areal, das einen Außenposten auf dem Planeten Batuu am Rand der Galaxis darstellte, anfangs thematisch zwischen den Filmen „Die letzten Jedi“ und „Der Aufstieg Skywalkers“ angesiedelt. 2019 wurde diese für Fans echt saucoole – und kostspielige – Attraktion in „Disneyland“ und „Walt Disney World“ eröffnet. Kenner werden sich erinnern, dass in etwa dieser Zeit der Planet Batuu plötzlich überall in „Star Wars“-Comics und -Romanen aufzutauchen begann (etwa in „Star Wars – Galaxy’s Edge: Schicksalsschlag“ oder „Star Wars: Galaxy’s Edge – Das Sith-Relikt“) – und alle bekannten Helden und Schurken schienen dort mal zu Besuch gewesen zu sein. Das Tatooine der Neuzeit!

Als nächster Streich wurde dann 2019 „Star Wars: Galactic Starcruiser“ angekündigt, ein voll bespielbares Themenhotel in Form eines Luxusraumschiffs, beschrieben als corellianischer MPO-1400 Purgill-Klasse Sternenkreuzer des Vergnügensunternehmens Chandrila Sternenreisen. Das war die Halcyon, die 2022 ihre Pforten öffnete (und übrigens so teuer ist, dass man für das Geld problemlos auf einem echten Kreuzfahrtschiff Urlaub machen könnte). Wie auch im Fall von Batuu musste das Schiff natürlich ratzfatz in die Saga eingebunden werden, weswegen die Kreativen bei „Star Wars“ sie zeitnah in wirklich jede Ära und Story einbauten. Ihr Debüt hatte die Halcyon im Jugendroman „Die Hohe Republik: Mission ins Verderben“, wo sie die Starlight-Station zum Planeten Dalna (und später in „The High Republic: The Battle for Starlight“ zum Planeten Eiram) schleppen durfte. Im Roman „The Princess and the Scoundrel“ verbringen Han Solo und Prinzessin Leia ihre Flitterwochen an Bord. Im Animationsfilm „LEGO Star Wars Summer Vacation“ machen Rey, Finn, Poe und Co. dort Urlaub. Und jetzt dieser Comic.

„Die Geschichte der Halcyon“ kam auf Englisch in fünf Teilen zwischen Februar und August 2022 heraus, auf Deutsch ist das Ganze im Januar 2023 als Sammelband im Soft- und Hardcover bei Panini Comics erschienen. Der Band umfasst 120 Seiten und wurde von Ethan Sacks geschrieben sowie von Will Sliney gezeichnet und von Rachelle Rosenberg koloriert. Erzählt wird eine Rahmenhandlung um ein junges Mädchen und seinen Großvater, die beide eine Tour an Bord der Halcyon gebucht haben. Dort werden sie vom freundlichen Logistik-Droiden D3-09 in Empfang genommen. Kurz darauf wird die Halcyon von Piraten bedroht, die im Auftrag der Ersten Ordnung nach einem Spion des Widerstands suchen. Und während die Besatzung der Halcyon, allen voran Captain Keevan (die auch „in echt“ in dem Themenhotel herumläuft), darum kämpft, die Piraten abzuwehren, lenkt D3-09 seine besorgten Gäste mit Geschichten aus der langen Historie des Schiffs ab.

Das ist dann der Anlass, um die Halcyon in allen wichtigen Zeitabschnitten von „Star Wars“ weiter zu verankern. In der Ära der Hohen Republik kämpfen Jedi-Meisterin Nib Assek und Wookiee-Padawan Burryaga an Bord gegen Nihil. Kurz vor „Angriff der Klonkrieger“ schlagen sich Aurra Sing und Zam Wesell mit Verbrechern und Monstern herum. Nach ihrer Hochzeit sind Anakin Skywalker und Padmé Amidala undercover auf der Halcyon aktiv, die zu der Zeit von den Hutten betrieben wird. Zur Imperiumszeit ist das Schiff dann unter Kontrolle eines fiesen Generals, der zum Opfer einer Gaunerei des Trios Maz Kanata, Hondo Ohnaka und Lando Calrissian wird. Und zu guter Letzt muss sich ein junges Paar den Nachstellungen der Kopfgeldjäger Bossk, 4-LOM und Zuckuss erwehren.

Das Ganze mag, wenn man genau hinschaut, über Jahrhunderte gestreckt sein. Trotzdem fühlt es sich in der verdichteten Art der Präsentation so an, als solle die Halcyon unbedingt auf Teufel komm raus zur Legende stilisiert werden, zu einem Ort, den wirklich jeder von Rang und Namen mal besucht hat. Dieser Hype geht leider in zweifacher Hinsicht nicht ganz auf. Zum einen sind die Geschichten zwangsläufig alle sehr knapp erzählt, und nicht nur das, sie sind auch von der Kreativität her eher auf unterem Niveau angesiedelt. Ein paar namhafte Figuren, ein paar Gauner – und fight! Einzig die Geschichte um Maz Kanata und Co sticht hier etwas hervor, wenngleich auch der Raubzug eher oberflächlich erzählt wird und man besser keine Einzelheiten hinterfragt. Zum anderen fühlt es sich halt irgendwie alles ein wenig gewollt an. Schaut her, wir haben da dieses geile „Star Wars“-Raumschiffhotel. Da haben schon Han und Leia und Anakin und Padmé und Jedi und Kopfgeldjäger genächtigt. Und ihr könnt es auch – für 1000 Dollar die Nacht!

Als Souvenir-Comic nach dem Besuch des Themenparks könnte ich mir den Band durchaus vorstellen. Als Appetithappen, um das „echte“ Schiff mal besuchen zu wollen, taugt er schon weniger. Für Fans, denen die Finanzmittel für die Luxustour fehlen, bietet diese Kurzgeschichten-Anthologie dagegen nur ein mäßiges Vergnügen. Die Storys sind einfach zu kurz und banal. Ein echter Fünfteiler, etwa um eine Intrige und/oder einen Mordfall während einer Kreuzfahrt – etwa im Stile von Agatha Christies „Tod auf dem Nil“ –, wäre unterhaltsamer geweser.

Die Optik ist überwiegend gefällig: bunt, detailfreudig und actionreich. Die Gesichter von Sliney muss man allerdings mögen. Die wirken mitunter seltsam zerknautsch. Sehr schön: Zwischen den einzelnen Kapiteln wurde jeweils das Covermotiv der Heftausgabe eingebunden. Das strukturiert die Handlung nicht nur, sondern sieht auch einfach gut aus.

Fazit: Im Grunde ist der Comic ein Marketing-Produkt für das „Galactic Starcruiser“-Themenhotel in den zwei Disney-Parks in Amerika. Dort am Kiosk würde er ein prima Souvenir abgeben. Ansonsten hält sich der Unterhaltungswert in Grenzen. Leider versucht er zu krampfhaft, das Schiff Halcyon zu dem „Szene-Ort“ der „Star Wars“-Galaxis zu machen, an dem sich jeder von Rang und Namen mal herumgetrieben hat. Dabei überzeugen weder die Rahmenhandlung noch die fünf Kurzgeschichten so ganz. Da wäre viel mehr drin gewesen, wenn die Macher einfach versucht hätten, den Fans das Schiff durch eine gute Geschichte ans Herz wachsen zu lassen. So ist das Ganze primär eine Nummernrevue ohne sonderlichen Tiefgang. Vor allem Menschen zu empfehlen, die entweder planen, im „Halcyon“-Hotel zu übernachten – oder gerade von einem Urlaub dort zurückkehren. Die mögen mit den Geschichten zum „Event“ aufgrund des Wiedererkennungseffekts Genuss ziehen.

Star Wars: Die Geschichte der Halcyon
Comic
Ethan Sacks, Will Sliney, Rachelle Rosenberg
Panini Comics 2023
ISBN: 978-3-7416-3142-9
120 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 17,00

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