Star Wars – Darth Vader

Er gilt als einer der berühmtesten Bösewichte der Popkultur, wenn er nicht gar der berühmteste ist. Selbst Ikonen wie Blofeld, Sauron und Lex Luthor stinken gegen ihn ab. Sein metallischer Atem, die Maschinenstimme und die schwarze Panzerung lassen Feinde erzittern. Die Rede ist natürlich von Darth Vader, der Dank seiner dunklen, machtvollen Präsenz spätestens mit „Das Imperium schlägt zurück“ zu Weltruhm gelangte. Doch Vader war nicht immer ein Meister des Bösen. Auch er musste seine Lektionen lernen.

von Frank Stein

„Darth Vader“ heißt der Comic-Sammelband schlicht, der die ersten sechs Ausgaben der gleichnamigen US-Comic-Heft-Reihe bündelt. Die Reihe erschien in den USA parallel zu der Reihe „Star Wars“ und erzählt – auch inhaltlich zeitgleich – die Geschichte des Bösen nach der Schlacht von Yavin IV. Diverse Verweise von der einen Serie zur anderen gehören dabei zum Programm, ein Umstand, der unwissende Leser etwas irritieren kann. So beginnt der Comic etwa direkt mit einer Szene zwischen dem Imperator und Vader, während der sie über Ereignisse reden, die sich in der Schwesterserie zugetragen haben. Diese muss man nicht zwingend kennen – aber es hebt das Lesevergnügen doch ungemein. Vor allem, wenn man die Comics in der richtigen Reihenfolge liest. Dieser Sammelband folgt auf „Skywalker schlägt zu!“ und ist vor „Showdown auf dem Schmugglermond“ angesiedelt.

Aber worum geht’s eigentlich? Darth Vader ist beim Imperator unten durch. Er hat nicht nur den Todesstern verloren, sondern auch eine wichtige imperiale Waffenfabrik auf Cymoon Eins. Zur Strafe wird er zu Verhandlungen mit dem Hutten Jabba nach Tatooine geschickt. Ein Job unter der Würde eines Dunklen Lords. Außerdem wird Vader dem Großgeneral Tagge unterstellt, was einer Beleidigung gleichkommt. Und schließlich heckt Palpatine offenkundig etwas mit einem neuen Freund aus, einem bizarren Mensch-Rodianer-Cyborg. Doch Vader wäre nicht Vader, wenn er das auf sich sitzen ließe. Und so schlägt er mit aller Macht und Heimtücke, die ihm zur Verfügung steht, zurück. Darüber hinaus setzt er einen Kopfgeldjäger auf den mysteriösen Rebellenpiloten an, der den Todesstern zerstört hat, denn auch mit dem hat er noch ein Hühnchen zu rupfen.

Der Comic hat eine ganz andere Stimmung als etwa „Skywalker schlägt zu!“ hatte. Er ist düsterer und komplexer. Statt Action stehen Intrigen im Vordergrund. Der Imperator gegen Vader, Vader gegen Tagge, Vader gegen den neuen Verbündeten des Imperators. Der Umgang der Bösen untereinander ist einfach ein anderer als der von Held zu Held. Da erstaunt es beinahe, dass Vader zwischendurch fast zu einem Gefühl mürrischer Zuneigung fähig ist. Andererseits ist Doktor Aphra, die neu eingeführte Schurkin auf der dunklen Seite, auch ein veritabler Vader-Groupie und erinnert den ehemaligen Anakin womöglich an seine verstorbene Liebe Padmé, an die er im Comic mehr als einmal denkt, obwohl ihr Tod ja schon bald zwanzig Jahre zurückliegt. Aber so sind tragische Helden und Schurken in US-amerikanischen Geschichten. Verluste tragen sie ein Leben lang mit sich herum.

Aber nochmal zurück zu Doktor Aphra. Mit der Einführung dieser Figur sowie ihren zwei Attentäterdroiden Triple-Zero und BT-1 ist Autor Kieron Gillen ein kleiner Geniestreich gelungen. Zum einen erinnert Aphra mehr als deutlich an eine andere Figur aus der Feder von George Lucas. Sie träge zwar eine Fliederkappe statt einen Fedora und einen Blaster statt eine Peitsche, aber als Abenteurerin mit Interesse an alten Relikten (hier vor allem technischen Relikten), die Lederjacke und Umhängetasche trägt, unter sich schließenden Türen hindurchhechtet und Dinge auf keinen Fall in ein Museum bringen will, ist sie leicht als dunkles Gegenstück des Archäologen Indiana Jones zu erkennen, invertiert dabei nicht nur im Geschlecht, sondern auch in der moralischen Haltung. Zum anderen sind auch die beiden Droiden 0-0-0 und BT-1 nicht nur optisch – einer silber, einer schwarz –, sondern auch von der Haltung her wunderbar düstere Widerparts zweier liebgewonnenen Droiden aus dem „Star Wars“-Universum. Dieses Team zusammengenommen, baut Gillen ein prachtvolles Negativbild der Heldentruppe Luke, Han, C-3PO und R2-D2. Dabei kamen zumindest die Droiden offenbar so gut an, dass ihnen sogar eine Figuren-Erweiterung für das Brettspiel „Imperial Assault“ von Fantasy Flight Games spendiert wurde.

Neben der Story und den Figuren weiß der Comic auch optisch zu gefallen. Vor allem Vader wird fantastisch in Szene gesetzt. Ansonsten ist mir der Pinselstrich von Salvador Larroca etwas zu fein, was vor allem bei menschlichen Gesichtern auffällt, die wie mit dem Fineliner gezogen aussehen. Dafür sind die Farben von Edgar Delgado mit ihren Lichteffekten und den Spiegelungen auf Rüstungen mitunter wunderschön.

Fazit: „Darth Vader“ ist nicht ganz so leichte Kost wie die Schwesterserie „Star Wars“. Sie kommt düsterer daher, mit mehr Charakterzeichnung – vor allem Vader betreffend – und ist intrigenreicher, was ein aufmerksameres Lesen erfordert. Doch gerade das zeichnet die Handlung aus, die Vaders Entwicklung vom brutalen Handlanger zum Meister des Bösen verfolgt. Zusammen mit einer sehenswerten Optik und ein paar wirklich interessanten neuen Figuren, wird daraus ein Comic, der gestanderen „Star Wars“-Fans nur ans Herz gelegt werden kann. Aber Achtung: Für euren Padawan-Nachwuchs ist die vor kaltblütigem Mord und Folter nicht zurückschreckende Geschichte eher nichts.


Star Wars: Darth Vader
Comic
Kieron Gillen, Salvador Larroca
Panini Comics 2016
ISBN: 978-3-95798-807-2
148 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 16,99

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