Star Wars Comic-Kollektion 103: Agent des Imperiums: Eiserne Finsternis

Das „Star Wars“-Universum ist so groß, dass es eine Spielwiese für viele Genre-Cross-Overs bietet. Neben klassischer Space Opera existieren Horrorgeschichten (wie der Roman „Der Todeskreuzer“), Liebesgeschichten (wie der Roman „Verlorene Welten“), Satiren (wie der Comic „Tag und Binks“) und mit „Agent des Imperiums“ ein Comic, der schon im Titel seine Zugehörigkeit zum Spionagegenre zeigt. Drei Jahre vor „Episode IV: Eine neue Hoffnung“ angesiedelt, geht es um Jahan Cross, einen Agenten des Imperialen Geheimdiensts, der versucht, Recht und Ordnung in eine verdorbene Galaxis zu bringen.

von Frank Stein

Schöne und gefährliche Frauen, schnelle Fahrzeuge, ein Finsterling im Hintergrund und ein blonder, hart dreinschauener Held, der mehr als nur ein wenig von Daniel Craigs James Bond zu haben scheint: Schon das Cover dieses ersten Abenteuers (von zwei existierenden) um den Imperiums-Agenten Jahan Cross macht klar, auf was sich Leser hier freuen dürfen. Die Einleitung, die in der „Star Wars Comic-Kollektion“ dem eigentlichen Comic stets vorausgesetzt ist, darf man dann auch gleich entnehmen, dass Autor John Ostrander sich von Vorbildern wie Bond, Jason Bourne und „Mission Impossible“ inspirieren ließ, als er das Projekt entwickelte und zwischen Dezember 2011 und April 2012 als Fünfteiler umsetzte.

Die Geschichte geht gleich in medias res. Cross hat sich zusammen mit seiner Roboter-Partnerin IN-GA 44 (die ein wenig an eine martialische Version der Robo-Maria aus dem Film „Metropolis“ von Fritz Lang erinnert) in eine imperiale Forschungsanlage auf Wayland im Mittleren Rand eingeschlichen. Kurz darauf fliegen dort die Fetzen, als der Agent einen korrupten Colonel auffliegen lässt, der sich am illegalen Verkauf experimenteller Droiden-Hardware bereichert. Die Spur führt unter anderem in den Konzernsektor, der dem Imperium nicht angehört, aber mit ihm assoziiert ist. Unter anderem stehen die Rossum-Droidenwerke in Verdacht, die vom berüchtigen Iaco Stark gegründet worden sind. Wer den nicht kennt, wird von Cross informiert, dass er seinerzeit für den Stark-Hyperraum-Krieg verantwortlich war (nachzulesen in „Star Wars Comic-Kollektion 112“).

Szenenwechsel nach Coruscant. Erst gibt es den obligatorischen Besuch beim Chef – Cameo Armand Isard, der Vater von Ysanne Isard, die als Gegenspielerin der Fliegerstaffel der „X-Wing“-Romane Ende der 1990er berühmt und berüchtigt wurde. Dann folgt natürlich eine humoristische Einlage in den Waffenlaboren des Geheimdienstes (Q lässt grüßen), schließlich reisen Cross und IN-GA in den Konzernsektor weiter, genauer gesagt nach Etti IV, wo sie in die Intrigen des Hauses Stark (nicht verwandt oder verschwägert mit den Starks aus „Game of Thrones“) verwickelt werden. Dabei lernen sie einen fragwürdigen Sohn des Hauses ebenso kennen wie eine attraktive Tochter, außerdem die aufreizende Ex-Frau Starks, mit der Cross – stilecht seinem Bond-Vorbild nacheifernd – gern in den Pool steigt, und zu guter Letzt springt auch der berühmteste Schmuggler der „Star Wars“-Saga vor Ort herum: Han Solo, begleitet von Kumpel Chewbacca. Solo kennt Cross natürlich noch aus Akademie-Tagen, und obwohl sie nicht die besten Freunde waren, agieren beide nach dem Motto: Leben und leben lassen.

Ein Abenteuer am Rande des Imperiums. Agenten, Schmuggler, intrigante Industrielle und abgebrühte Ordnungshüter, Killerdroiden, schnelle Flitzer, Explosionen und trockener Humor. Dazu eine Prise Romantik. Und der Millennium Falke. „Agent des Imperiums: Eiserne Finsternis“ hat wirklich alles, was eine gute Agentenstory braucht. Und eine gute „Star Wars“-Story auch. Sofern man damit leben kann, dass John Ostrander ganz ordentlich in die Klischee-Kiste gegriffen hat. Vom imperialen Fiesling über den coolen, harten Agenten-Typ, den sarkastischen Schmuggler und den mürrischen Polizisten bis hin zu Frauenfiguren, die entweder lasziv oder als Maid in Nöten erscheinen, lässt der Autor kaum etwas aus, das an Bond-Filme der 1960er und 1970er erinnert. Fans moderner Disney-Geschichten, die auf mehr Gleichberechtigung beim Arschtreten setzen, könnten hier die Nase rümpfen.

Alle anderen hingegen freuen sich, dass spannende Geschichten wie diese aus der Vor-Disney-Zeit durch die „Comic-Kollektion“ erneut zugänglich gemacht wurden. Denn damals zwischen Mitte der 1990er und Mitte der 2010er entstanden schon sehr stimmungsvolle „Star Wars“-Romane und -Comics – nicht alle, klar, aber doch viele. Und auch wenn das Abenteuer mittlerweile in den Bereich der „Legends“ fällt, so ist es doch genau genommen so weit von der Skywalker-Saga entfernt, dass es auch heute noch problemlos in den neuen Kanon passt. Damit eignet er sich ebenfalls für Leser, die sich bei der Lektüre nicht darüber ärgern wollen, dass das Erzählte doch gar nicht zu dem passt, was wir zuletzt auf der großen Leinwand gesehen haben. (Das betrifft ja vor allem alle Post-Endor-Storys.)

Auch visuell weiß der Comic zu gefallen. Nicht jeder Gesichtszug, den Stéphane Roux und Stéphane Créty gezeichnet haben, sitzt perfekt. Aber in Summe liegt hier doch eine sehr ansprechende Umsetzung vor, die eine gelungene Figurenzeichnung mit detailfreudigen Hintergründen, moderner Panelanordnung und mitunter Panelgrenzen sprengender Action mischt.

Die Covergalerie am Ende ist leider mit nur 3 von 5 Covern mal wieder unvollständig. Cover 5 ziert immerhin den Hardcover-Band, Cover 3 ist klein neben der Einleitung abgebildet.

Fazit: Mit „Agent des Imperiums“ ist John Ostrander eine gelungene Hommage an Vorbilder wie James Bond und Jason Bourne geglückt. Wer jedi-freie Abenteuer am Rande des Imperiums mag, in denen sich Agenten und Schurken zum Tanz auf Messers Schneide treffen, ohne dass dabei gleich die ganze Galaxis erschüttert wird, der ist mit diesem Comic sehr gut bedient – sofern man mit den präsentierten Figuren-Klischees kein Problem hat. Das Abenteuer, das auch heute noch kanon-tauglich wäre, ist einzeln lesbar, verweist allerdings auf „Der Stark-Hyperraum-Krieg“. Eine Fortsetzung fand die Geschichte um Jahan Cross in „Doppeltes Spiel“.

Star Wars Comic-Kollektion 103: Agent des Imperiums: Eiserne Finsternis
Comic
John Ostrander, Stéphane Roux, Stéphane Créty u.a.
Panini Comics 2020
ISBN: 978-3-7416-1591-7
122 S., Hardcover, Deutsch
Preis: EUR 14,99

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