Splittermond-Einsteigerbox (II)

Grundregelwerk: 40 Euro. Weltenband: 40 Euro. Würfel: 5 Euro. Abenteuer: 13 Euro. Charaktererschaffung: Gerne mal ein ganzer Abend. Abenteuervorbereitung: Gerne mal ein paar Nachmittage. Geht das auch eine Nummer kleiner? Klar.

von Bastian Ludwig

Wenn man voll in ein Rollenspiel wie „Splittermond“ einsteigen will, kann das schon mal ordentlich Zeit und Geld fressen. Ärgerlich, wenn man dann am Ende herausfindet, dass man das System vielleicht gar nicht mag. Oder noch schlimmer: Rollenspiel im Allgemeinen. Wer lieber auf Nummer sicher gehen und „Splittermond“ erst einmal ausprobieren möchte, kann deswegen zur Einsteigerbox zum schmalen Preis greifen und bekommt alles für einen ersten Spaziergang durch die Welt von „Splittermond“.

Die Box enthält im A5-Format zum einen eine lose Blattsammlung mit vorgefertigten Charakteren, einer Tickleiste für die Kämpfe samt Markern, praktischen Regelübersichten für die Spieler und leeren Charakterbögen. Dazu noch drei zehnseitige und zwei sechsseitige Würfel. Zum anderen enthält sie fünf Hefte.

„Die Regeln von Splittermond“ sowie „Die Abenteurer von Splittermond“ sind dabei die Kurzfassung des Grundregelwerks. Dessen wichtigste Passagen werden im Kern übernommen, dabei aber auf 90 Seiten eingedampft. Mit Regeln zu Attributen, Fertigkeiten und Proben, Kampf und Magie, zu Charaktererschaffung und Ausrüstung demonstrieren die Hefte all jene Elemente, auf denen „Splittermond“ aufbaut, ohne dabei zu sehr in die Tiefe zu gehen oder den Neu-Spieler mit einer zu großen Auswahl verschiedener Möglichkeiten zu überfordern. Und das reicht für den Anfang auch völlig aus.

Anders als es Titel und Titelbild suggerieren ist „Die Welt von Splittermond“ keine Kurzversion des Weltenbandes. Über Lorakis als Ganzes wird nur auf wenigen Seiten informiert, hauptsächlich geht es dann um das Städtchen Brynntal in der Arwinger Mark, der Startregion von „Splittermond“, in dem auch die der Box beiliegende Abenteuerkampagne angesiedelt ist. Das ermöglichst natürlich nur einen sehr begrenzten Blick auf das weitläufige und mit vielfältigen Kulturen bestückte Lorakis; ob einen die Welt auch langfristig begeistern kann, lässt sich so nur schwer herausfinden. Nicht ganz optimal für eine Einsteigerbox.

Neben der Regionalbeschreibung enthält „Die Welt von Splittermond“ auf den ersten 20 Seiten einen umfangreichen Abschnitt darüber, wie man als Spielleiter überhaupt Rollenspiel betreibt. Ähnliche Abschnitte finden sich auch schon im Grundregelwerk und im Abenteuer „Das Geheimnis des Krähenwassers“, allerdings in beiden Fällen weit weniger umfassend und basal. Dieser SL-Leitfaden hier enthält ganz grundlegende Konzepte des Spielleitens und stellt Dinge wie Hilfsmittel, Abenteuertypen und Erzählstile vor, gibt also auch einen Einblick in die Theorie hinter dem Rollenspiel. Und genau so etwas muss in einer Einsteigerbox auch geleistet werden, denn wenn ein Spielleiter nicht weiß, was Rollenspiel ist und was er am Tisch zu tun hat, kann das Abenteuer ganz schnell stocken. Und niemand hat Spaß daran.

„Der Pfad durchs Seelenmoor“ ist ein kurzes Soloabenteuer, das vollkommen auf Regeln verzichtet und allein auf eine vom Spieler beeinflussbare Handlung setzt. Das ist ganz nett, wenn man sich in einer ruhigen Minute hinsetzen und das Konzept Rollenspiel überhaupt erst mal kennenlernen will, für echtes Rollenspielfeeling reicht es aber natürlich nicht aus.

Muss es auch nicht, denn dafür gibt es das, was ich als das Herzstück der Box bezeichnen würde: Die vierteilige Kampagne „Kettenrasseln“. Klar, es gibt Regel-Aficionados, die es lieben, sich in Mechanismen und Tabellen zu verlieren. Und es gibt Lore-Fans, die fast lieber die Beschreibung einer Welt lesen, als wirklich Abenteuer darin zu erleben. Aber die eigentliche Kernkompetenz von Rollenspielen ist doch das Spielen selbst. Und bis man gerade als Neuling zu diesem Punkt kommt, können Regeln und Weltenbeschreibungen Hürden sein, die manch einen zukünftigen Spieler abschrecken mögen.

„Kettenrasseln“ umgeht dieses Problem geschickt, indem es – vor allem im ersten Abenteuer „Unter Fels begraben“ – Weltenbeschreibung und Regeln an genau den Stellen in die Handlung integriert, an denen sie benötigt werden. Spieler und Spielleiter können also einfach loslegen und sich dann an die Hand nehmen lassen. Klar, im Zweifelsfall funktioniert das besser, wenn der SL das Abenteuer und zusätzlich alle anderen Materialien der Box vorher schon einmal durchgelesen hat, aber es ist eben nicht nötig, und damit ist es so einsteigerfreundlich, wie ein Rollenspiel nur sein kann.

Durch diese Einsteigerfreundlichkeit definiert sich letztlich dann auch die Zielgruppe der Box; sie ist eher für Rollenspiel-Neulinge als für „Splittermond“-Neulinge gemacht. Will ein erfahrener Rollenspieler in „Splittermond“ einsteigen, sollte er sich dann doch lieber die Regelwerke kaufen. Und will er erst mal gucken, ob „Splittermond“ ein interessantes System ist, greift er besser zu den zahlreichen kostenlosen PDFs auf der „Splittermond“-Homepage, auf der auch das komplette Grundregelwerk zu finden ist. Wer noch nie von Rollenspielen gehört hat, bekommt hier aber alles, um diese Bildungslücke zu schließen.

Fazit: Ihr Ziel, einen hürdenarmen Einstieg in das Hobby Rollenspiel zu ermöglichen, erreicht „Splittermond: Einsteigerbox – Aufbruch ins Abenteuer“ mit kleinen Einschränkungen ziemlich perfekt. Wer sich schon ein bisschen mit Rollenspiel auskennt, muss aber nicht unbedingt zugreifen, sondern kann über andere Wege zu „Splittermond“ finden.


Splittermond-Einsteigerbox
Grundregelwerk/Abenteuer
Uli Lindner, Stefan Unteregger u.v.m.
Uhrwerk 2015
ISBN: 978-3-95867-001-3
ca. 250 S., Box, deutsch
Preis: EUR 24,95

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