Sorcery! 1: Die Shamutanti-Hügel

Mit der neuen Spielbuch-Reihe „Sorcery!“ bringt der Mantikore-Verlag einen alten Klassiker wieder raus, denn dabei handelt es sich um nichts anderes als die vor über 30 Jahren bei Thienemann erschienene „Analand-Saga“. Die Saga war damals ein Riesenerfolg. Doch wie schlägt sie sich heute angesichts der beachtlichen Konkurrenz? Wir wollen uns den ersten Band „Die Shamutanti-Hügel“ einmal näher ansehen.

von Morgath

Der Hintergrund ist schnell erzählt. Die Krone der Könige wurde aus Analand gestohlen. Die Krone hat dem Träger große Weisheit verliehen. Keine Frage, dass sie daher wieder zurück muss. Sie soll sich jetzt in Karkhabad befinden, einem üblen Landstrich am Ende der Welt. Für eine Armee ist die unwirtliche Gegend kaum zu erreichen, daher wird ein mutiger Abenteurer ausgeschickt, um die Krone zu holen. Natürlich schlüpft der Leser in dessen Rolle.

Die „Sorcery!“-Reihe ist auf insgesamt 4 Bände angelegt. Jeder Band ist für sich spielbar, aber natürlich macht es viel mehr Spaß, alle Bände zu spielen, denn teilweise gibt es geschickte Verbindungen zwischen den Büchern. Im vorliegenden ersten Band verlässt der Leser das sichere Analand und muss sich durch die wilden Hügel der Shamutanti schlagen, eine unsichere Gegend voller Gefahren, Monster und Abenteuer. Das Buch endet, wenn der Leser zur Stadtmauer von Khare kommt. Im Wesentlichen handelt es sich um ein Reiseabenteuer, bei dem der Leser auf dem Weg alle möglichen Herausforderungen meistern muss. Die Begegnungen sind unterschiedlicher Natur. Manche muss man mit Köpfchen, andere mit Muskeln und wieder andere mit Interaktion lösen. Insgesamt ist das Spielbuch sehr unterhaltsam und macht großen Spaß.

Das besondere an der „Sorcery!“-Reihe ist die Möglichkeit, das Abenteuer als Krieger oder als Zauberer zu spielen. Der Weg der Krieger funktioniert wie alle Spielbücher von Steve Jackson. Man besitzt die Werte Gewandtheit (= Kampfkraft), Ausdauer (= Lebensenergie) und Glück. Interessanter ist der Weg des Zauberers. Seine Gewandtheit ist niedriger, doch dafür kann er zaubern. Jeder Zauber kostet Ausdauer, und daher muss man sich gut überlegen, wie oft man zaubern möchte. Und das Zaubern funktioniert folgendermaßen: Im Anhang gibt es ein Zauberbuch mit 36 Zaubersprüchen. Neben der Erklärung, was der Zauber bewirkt, gibt es auch ein Kürzel bestehend aus 3 Buchstaben, etwa DUM. Jedes Mal, wenn man zaubern möchte, werden einem 6 Kürzel angeboten. Nun wäre es natürlich gut zu wissen, für welchen Zauber das Kürzel steht und was dieser Zauber bewirk, aber Nachschlagen ist während des Abenteuers nicht erlaubt! Man muss sich also vor dem Losspielen mit dem Zauberbuch beschäftigen und sich die zumindest die wichtigsten Kürzel/Zaubersprüche merken.

Spaßig wird das Ganze auch deswegen, weil einem bei der Auswahl der Kürzel auch unsinnige Zauber angeboten werden oder gar solche, die es nicht gibt. Das Zaubersystem funktioniert sehr gut und bereichert das Spiel ungemein. Ich kann daher nur jedem empfehlen, zu Beginn etwas Zeit aufzuwenden und die Zauber durchzulesen, anstatt zu mogeln und nachzuschlagen. Der Mühe wird einem tausendfach mit Spaß vergolten. Abschließen möchte ich noch hervorheben, dass es oft unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten für den Krieger und den Zauberer gibt. Es lohnt sich daher auf jeden Fall, das Spielbuch einmal als Zauberer und einmal als Krieger zu spielen.

Von der Aufmachung her entspricht das Buch der gewohnt guten Machart des Mantikore-Verlages. Nur auf zwei Punkte will ich kurz eingehen: 1. Es wurden die Originalbilder aus der englischen Erstauflage verwendet (von denen auch Thienemann einige verwendete). Die Bilder waren schon damals hässlich und sind es heute noch viel mehr. Sie vermitteln den Eindruck, als ginge es um ein schlechtes Kinderbuch, dabei handelt es sich um ein verdammt gutes Spielbuch. Selbst aus nostalgischen Gründen kann ich diese Entscheidung nicht begrüßen. 2. Ich finde es lästig, dass die Karte von der Welt mitten im Buch ist, anstatt auf der Deckelinnenseite, wo sie hingehört. Auch wäre eine farbige Karte wünschenswert gewesen.

Kommen wir zur abschließenden Bewertung. Selten würde ich mich als befangen einschätzen, doch um eine einigermaßen objektive Rezension abzuliefern, muss ich es diesmal fairerweise tun. Ich habe die „Analand-Saga“ als Jugendlicher oft gespielt und hatte mich in sie verliebt. Sie ist der Grund, warum ich noch heute Spielbücher lese. Wenn man mich fragt, was ist das beste Spielbuch aller Zeiten, dann antworte ich ohne zu zögern: die „Analand-Saga“. Natürlich bietet die Saga aus heutiger Sicht weniger als damals. Moderne Spielbücher wie beispielsweise „Metal Heros“ reizen die Möglichkeiten, die ein Spielbuch bietet, viel mehr aus, aber man darf nicht vergessen, dass die „Sorcery!“-Reihe schon über 30 Jahre auf dem Buckel hat und ein Vorreiter für die modernen Spielbücher war. Ohne „Sorcery!“ wären viele Spielbücher gar nicht geschrieben worden. Aber selbst wenn man die Saga an heutigen Kriterien misst, schneidet sie meiner Meinung nach immer noch sehr gut ab. Hier einige der Gründe:

• Das Zaubersystem ist genial. Bis heute habe ich keine bessere Umsetzung in einem Spielbuch gefunden.

• Mit einer Länge von vier Bänden hat sie die ideale Länge. Wem das erste Buch Spaß macht, der kann weitermachen und wird trotzdem bald zu einem befriedigenden Ende kommen. Das ist beispielsweise bei der Reihe um den „Einsamen Wolf“ nicht der Fall. Obwohl die „Einsamer Wolf“-Reihe über weite Strecken phantastisch ist, ist sie mit 32 Bänden einfach zu lang, und vielen wird unterwegs die Luft ausgehen.

• Die Reihe ist gut durchdacht. Das merkt man nicht nur an den Verweisen zwischen den Bänden, die ohne gutes Konzept nicht möglich wären. Mein Lieblingsbeispiel dazu ist der ZET-Zauber. Bereits im ersten Band erfährt man von diesem Zauber, der sehr mächtig sein soll, von dem aber keiner weiß, was er bewirkt. Die Auflösung findet man dann im vierten Buch.

• Der Spielspaß ist nach wie vor sehr hoch!

Fazit: Die „Analand-Saga“ beziehungsweise jetzt die „Sorcery!“-Reihe und damit natürlich auch „Die Shamutanti-Hügel“ ist ein Klassiker im Genre des Spielbuchs. Sie gehört daher in jede Bibliothek eines Spielerbuchliebhabers. Punkt!


Sorcery! Band 1: Die Shamutanti-Hügel
Abenteuer-Spielbuch
Steve Jackson
Mantikore-Verlag 2016
ISBN: 978-3-945493-20-5
220 S., Paperback, deutsch
Preis: EUR 12,95

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