Silver 1: Der Fluch des Silberdrachen

Kaum zu glauben, dass in dem neben Zombies wohl ausgelutschtesten Genre, nämlich der Vampirgeschichte, überhaupt noch mal etwas Neues das Unlicht der Nacht erblicken würde. Mit der ungewöhnlichen Geschichte „Silver“ hat der Comic-Neuling Stephan Franck ein interessantes Debüt vorgelegt, das wir näher beleuchten wollen.

von Michael Wilhelm

„Silver“ erzählt die Geschichte des Meisterdiebs, Verwandlungsgenies und Silberliebhabers James Finnigan, der sich nach einem unglücklich ausgegangenen Bruch gezwungen sieht, einen wirklich großen Fisch an Land zu ziehen. Nur knapp aus den Fängen der Polizei entkommen, stellt er fest, dass der Schlüssel zum Bankschließfach mit seiner Altersvorsorge verloren gegangen ist. Gut, dass er aus dem Harker-Anwesen wenigstens einen mysteriösen antiken Silberbarren und ein Tagebuch mitgehen lassen konnte.

Bei der Lektüre des Tagebuches stellt er fest, dass das Silber aus dem Schatz eines skurrilen alten Kauzes aus dem Balkan stammt. Auch der Name van Helsing fällt dort. Und so begibt sich Finnigan auf die Spur von dessen Enkelin Rosalyn Sledge. Die mit einem Schwert bewaffnete junge Dame macht einen wirklich handfesten Eindruck und passt gut in Finnigans Team, das sonst eher aus friedfertigeren Gemütern besteht. Die gemischte Truppe macht sich dann auf den Weg, um den sagenhaften Silberschatz des Drachen zu rauben. Schon bald merkt Finnigan, dass hinter den Vampirlegenden mehr als bloßer Aberglaube steckt.

Der Genre-Neuling Stephan Franck hat eine spannende und humorvolle Geschichte geschrieben, die durch Witz und Charme besticht. Der Unterton ist immer wieder ironisch, gerade wenn der Protagonist deutlich länger braucht als der Leser, um zu verstehen, womit er es zu tun hat. Der minimalistische, scherenschnitt-artige Stil, der sich vor allem durch große, in Schwarz und Weiß gehaltene Flächen auszeichnet, passt hervorragend zum Setting. „Silver“ ist eine Art Comic Noir, ein Genre-Mix aus klassischer Vampir-Geschichte und Gangster-Epos. Gerade die immer wieder, besonders in Rückblenden, genutzten, ganzseitigen Panels haben eine hohe künstlerische und grafische Qualität, wenn mit Perspektiven, Kontrasten und Licht und Schatten gespielt wird.

Zum Abschluss des Bandes gibt es noch eine Cover-Galerie und einen aufschlussreichen Werkstatt-Bericht, in dem der Autor und Künstler einen Einblick in seine Arbeit gewährt.

Fazit: Der erste Band der Reihe „Silver“ macht sofort Hunger auf mehr. Der spannende Mix aus Vampir- und Einbrecher-Geschichte besticht durch seinen ironischen Ton, die stimmungsvollen Anspielungen auf Genre-Klassiker und eine faszinierende Schwarz-Weiß-Grafik. „Silver“ ist jeden Cent Silber wert.


Silver 1: Der Fluch des Silberdrachen
Comic
Stephan Franck
Schreiber & Leser 2016
ISBN: 3946337244
112 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 14,95

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