Salzträume (Band II)

Der abschließende Teil der Duologie „Salzträume“ glänzt mit einem großen Finale der Haupthandlung. Bis dahin gilt es jedoch nicht weniger als die Welt zu retten, ganz zu schweigen von dem eigenen Leben. Das allein wäre schon kompliziert genug, doch es gibt zusätzlich eine ganze Riege magiebegabter Wesen, die alle ihr eigenes Spiel spielen.

von Lars Jeske

Der zweite Band von „Salzträume“ schließt nahtlos an den ersten an. Kein Wunder, wurde das Werk doch sichtlich primär aus dem Grunde in zwei Bücher unterteilt, weil der Umfang einfach zu groß war. Die zweiten 600 Seiten erwarten den Leser nach einer knappen Zusammenfassung, um wieder in die Geschichte hineinzufinden.

Charly und Apard haben sich mittlerweile mit ihrer Situation abgefunden und sind durch die mannigfaltigen Gespräche über Moral, Politik, Wissenschaft und ihre jeweilige Vergangenheit so etwas wie Freunde geworden. Selbstverständlich hat Charly noch immer Angst vor dem Vampir, vor allem wenn dieser hungrig wird, doch durch dessen menschliche Seite stellt er keine allgegenwärtige Gefahr mehr für sie dar. Sie stolpern durch das Berglabyrinth, in welchem McMullen und Fairchild schon gefangengesetzt sind und auch Van Orven sowie Van Görenczy ihren jeweiligen Aufträgen nachjagen. Die durch den Traumweber indirekt herbeigerufene Damengesellschaft (Corrisande Fairchild, Cérise Denglot, Sophie Treynstern) bekommt als Schicksalsgemeinschaft magische Unterstützung durch die drei Bergheiligen, wodurch sie wider Erwarten stark ins Geschehen eingreifen können. Wem das als Leser nicht reicht, der erlebt auch eine Bootsfahrt durch Raum und Zeit, die nicht nur mit Symbolik bedacht ist. Dagegen wirkt die halbwegs realistische Flucht von Van Görenczy und Corissandes Zofe schon beinahe zu normal.

Was sich in Band I schon mehr als angedeutet hat, findet jetzt seinen konsequenten Abschluss. Der Wissensvorsprung des Lesers gegenüber den Protagonisten nach dem ersten Band schmilzt immer schneller, wodurch Ju Honisch ein zusätzliches Spannungsmoment erzeugt. Ebenso ist die Andeutung der Verstrickung der österreichischen Krone in die Vorgänge (Sisi) eine Überraschung. Neue Personen werden nicht mehr eingeführt, wodurch sich die Autorin auf die Handlung konzentrieren kann. Trotz der Tatsache, dass immer mehr Handlungen sich überlappen und zusammen oder parallel verlaufen, gibt es genügend Verzweigungen und andere Orte von Interesse. Sicherlich hätte man an der einen oder anderen Stelle Passagen aus Sicht der Handlung weglassen können, doch da es sich noch immer um einen Weltenentwurf handelt, kann sich der Leser durch diese genauer mit dieser alternativen Realität befassen und intensiver in diese eintauchen.

Allein die Kategorisierung des Werkes als „Steampunk“ erschließt sich mir nicht vollends. Es gibt zweifelsohne Ansätze für diese Stilrichtung, aber die klassischen Ausprägungen erscheinen mir nur relativ gering, sodass ich es eher als „phantastische Geschichte“ bezeichnen würde. Aber das ist sicherlich nicht mehr en vogue. Über die veralte Rechtschreibung liegt dieses Mal der Mantel des Schweigens.

Nach der spannenden und guten Lösung der finalen Szene im Berg ist das Buch jedoch noch nicht zu Ende. Der unerwartete Tod eines der Protagonisten und die Auflösung der anderen kleinen Handlungsstränge steht noch an. Hierdurch kann man langsam aus dieser Welt Abschied nehmen und sich von den Charakteren trennen, die einem so gut geschildert worden sind, als würde man sie schon Jahr und Tag und nicht erst seit 2000 Buchseiten kennen. Eine überzeugende Vorstellung von Ju Honisch.

Fazit: Wer eine ähnliche Geschichte wie in „Das Obsidianherz“ erwartet, wird enttäuscht. Konsequent wird der mystische Anteil an Wesen jenseits des Menschlichen erhöht. Dadurch ist „Salzträume“, entgegen des beinahe schon als Historienroman kategorisierbaren Vorgängers, jetzt schon eher ein phantastischer Roman, auf den sich der Leser einlassen muss, um den weiteren Werdegang der Personen zu folgen. Durch den unerwartet hohen Anteil der Feyon und noch mächtigerer Wesen fühlt man sich mitunter wie ein Muggel, dem allein der Glaube fehlt, dass es so wirklich gewesen hätte sein können. Eine schöne Geschichte bleibt „Salzträume“ allemal. Handwerklich hervorragend, sowohl stilistisch als auch inhaltlich konsequent.


Salzträume (Band II)
Urban-Fantasy-Roman
Ju Honisch
Feder&Schwert 2009
ISBN: 978-3-86762-063-5
608 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 15,95

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