Robin von Locksley

„Streicht die Küchenabfälle für die Aussätzigen! Keine Gnade mehr bei Hinrichtungen! Und sagt Weihnachten ab!“ – Der Sherrif von Nottingham

Die Geschichte von Robin Hood wurde schon unendlich oft erzählt, aber bei Brettspielumsetzungen fallen mir gerade nur wenige ein. Jetzt gibt eine mehr und es ist keine schlechte.

von Kai Melhorn

Es ist eine dunkle Zeit im England von König Richard Löwenherz. Er selbst ist auf den Kreuzzügen gefangen genommen worden, und sein machthungriger Bruder John nutzt die Gunst der Stunde und ergreift die Krone. Die Kinder von Richard von Locksley stellen sich gegen die dunklen Machenschaften des falschen Königs und berauben ihn bei allen Gelegenheiten, um das Lösegeld für Richard aufzubringen.

In diesem Spiel von Uwe Rosenberg wetteifern zwei Spieler ab 8 Jahre über eine Dauer von 30 bis 45 Minuten darin, möglichst großen Schaden bei den gierigen Handlangern des Königs zu verursachen und das Lösegeld vor dem Kontrahenten zusammenzubekommen. Sie machen Beute auf ihren Raubzügen, verkaufen diese und jonglieren geschickt mit Geschmeide, Gold und Juwelen, um sich am Ende zum besten Dieb des Sherwood Forest krönen zu können.

Die Angaben auf der Box kann ich allesamt bestätigen. Die Zeit passt nach meiner Erfahrung, und da das Spiel einiges an Planung erfordert, geht die Altersangabe ebenfalls in Ordnung.

Das Material



Farbenfrohe Illustrationen, faltenfreies Cardboard, schöne Holzfiguren. Das Material ist dem Spiel angemessen und übersichtlich und garantiert eine kurze Zeit für den Auf- und Abbau. Die Anleitung ist schön kurz, und auf neun übersichtlich gestalteten Seiten werden alle Fragen zum Spiel beantwortet. Ich empfand den Aufbau der Regeln nicht immer ganz glücklich, aber bei der überschaubaren Komplexität des Spiels ist das alles verkraftbar. Zudem hat der Verlag für die lesefaulen Spieler unter uns ein kleines Video mit der Regelerklärung veröffentlicht. Damit sollten dann wirklich alle Fragen beantwortet werden. Zudem sind in einer kleinen Übersicht am Ende der Regeln auf komfortable Weise alle Plättchen erklärt, die im Spiel vorkommen können.

Abgesehen davon ist das Spiel komplett zweisprachig in Deutsch und Englisch, was sowohl für die Regeln, als auch für das Spielmaterial gilt.

Das Spiel



Der Untertitel „Wettstreit der Diebe“ kommt nicht von ungefähr. „Robin von Locksley“ ist ein gnadenloses Wettrennen um die effizientesten Züge. Mit jedem Sprung der Pferdefigur, die wie der Springer beim Schach über eine Auslage von fünf mal fünf Plättchen bewegt wird, bekommt der Spieler ein Beuteplättchen einer Farbe. Um diese Auslage herum liegen weitere Plättchen aus, die die beiden Spieler jeweils vor kleine Aufgaben stellen. Kann ein Spieler eine Aufgabe erfüllen, darf er seine Bardenfigur weiterbewegen, um sie schließlich als erster zweimal um das Spielfeld herumlaufen zu lassen und so das Spiel zu gewinnen.

Diese kleinen Aufgaben erfüllt man zumeist mit den Beuteplättchen, die man sich, thematisch gesehen, ergaunert hat. Manchmal muss man einfach nur eine Beute einer bestimmten Farbe haben oder darf nur zwei verschiedene Arten von Beute sein eigen nennen. Die Varianten sind vielseitig und abwechslungsreich und stellen die Spieler ab und zu vor beinahe unlösbare Aufgaben. Für diesen Fall und auch um schnell voranzukommen, darf man die Aufgaben auch überspringen, wenn man Gold bezahlt. An Gold kommt man wiederum, wenn man seine Beute verkauft.

Und so springt man ganz einfach von Feld zu Feld und kann wie im Schach maximal acht verschiedene Felder erreichen. Das klingt einfach, aber das ist es ganz und gar nicht, denn so viele verschiedene Dinge muss man dabei im Blick behalten.

„Was muss ich als nächstes für eine Aufgabe erfüllen?“
„Welche kommen danach?“
„Wie weit ist mein Gegner schon?“
„Wie könnte ich ihm ins Handwerk pfuschen?“
„Wo könnte er mir ins Handwerk pfuschen?“



Und letztendlich geht einer von beiden als erstes über die Ziellinie. Mehr ist es nicht: Pferd bewegen, Beute nehmen und nachlegen, eventuell Aufgabe(n) erfüllen, eventuell Beute verkaufen, eventuell Gold ausgeben, um Aufgaben zu überspringen.

Die Spannung knistert ab dem ersten Zug und lässt nicht nach, bis endlich jemand die Ziellinie überquert hat.

Die Wiederspielbarkeit ergibt sich aus meiner Sicht insbesondere durch den Duellcharakter des Spiels. Der unterschiedliche Aufbau jeder Partie bietet etwas Abwechslung, um unterschiedliche Verläufe zu garantieren. Dennoch ist es wahrscheinlich kein Spiel, das man mit vielen verschiedenen Leuten spielt. Schon alleine deshalb, weil man tatsächlich mit jeder Runde besser wird und auch schnell eine zweite Partie hinterherschieben kann. Hat man also einen Gegner gefunden, mit dem man sich hier messen kann, entwickelt sich eine schöne Portion Ehrgeiz, eine gute Partie abzuliefern, und die gemeinsame Lernkurve führt hoffentlich zu einem länger dauernden Schlagabtausch, der mal denen oder den anderen zum Gewinner kürt. Der Glücksfaktor ist vorhanden, aber überschaubar. Vor allem kann man ihn zum Teil kompensieren und einplanen.



Fazit: „Robin von Locksley“ ist ein ungewöhnlicher Titel von „Uwe Rosenberg“, der wie vor ein paar Jahren „Patchwork“ ausschließlich für zwei Spieler geeignet ist. Die Spannung, die das Spiel erzeugt, ist auf seine Art ganz wunderbar, denn auf keinen Vorsprung, den man sich eventuell erarbeitet hat, kann man sich wirklich verlassen. Ein Sieg in letzter Sekunde ist möglich und nicht unüblich, womit sich der Spannungsbogen vom ersten bis zum letzten Zug spannt. Ich bin gespannt, ob dieses schöne Spiel wieder ein Auftakt zu einer neuen Reihe von Spielen ist, wie wir sie mit dem Puzzlemechanismus von Uwe Rosenberg schon gesehen haben. Mich würde es freuen.

Robin von Locksley
Brettspiel für 2 Spieler ab 8 Jahren
Uwe Rosenberg
Wyrmgold 2019
EAN: 036336173095
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 30,00

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