Raptor

Wussten wir es doch: Auf einer einsamen Pazifik-Insel haben ein paar Dinosaurier das Massensterben am Ende der Kreidezeit überlebt. Und dann auch noch die seit „Jurassic Park“ allseits beliebten und gefürchteten Raptoren. In diesem spannenden Zwei-Personen-Brettspiel versucht eine Gruppe Forscher, eine Raptoren-Mutter auszuschalten und ihre Jungen zu fangen. Also: Waidmanns Heil!

von Michael Wilhelm

Neben Reisen ins All dürfte die Begegnung mit einem lebendigen Dinosaurier für viele eine wirklich faszinierende Idee sein. Nicht nur Hollywood oder der britische Sherlock-Holmes-Erfinder Arthur Conan Doyle haben sich mit dem Genre befasst. Mit „Raptor“ liegt nun von den beiden Franzosen Bruno Faidutti (unter anderem bekannt für den Klassiker „Ohne Furcht und Adel“) und Bruno Cathala (der zuletzt mit „Kingdomino“ richtig abräumte) die spielerische Variante des Szenarios Mensch gegen Saurier vor.

In der handlichen und mit Saurier-Auge und -Kauleiste optisch ansprechend aufgemachten Box finden wir detailliert gestaltete Plastik-Miniaturen von Raptor-Mutter, fünf Jungtieren und zehn individuellen Forschern sowie sechs beidseitig bedruckte Bodenplatten (mit Dschungel oder Savanne), neun Felsen-Pappaufsteller, Feuermarker und Narkosemarker aus Pappe. Außerdem gibt es jeweils neun Aktionskarten für jeden Spieler.

Der Aufbau zu Spielbeginn geht schnell: Savanne oder Dschungel wird aus Bodenplatten aufgebaut, dann die Felsen-Aufsteller (als Hindernisse für Sicht und Bewegung) auf die vorgesehenen Felder des Spielfeldes gestellt. Die Raptoren werden auf dem Spielplan verteilt, die Forscher am Spielplan-Rand aufgestellt. Die jeweils neun Aktionskarten werden gemischt und der Forscher-Spieler erhält zusätzlich Narkose- und Feuermarker. Vom eigenen Aktionskartenstapel zieht jeder Spieler drei Karten.

Zu Beginn jeder Runde wählen beide Spieler verdeckt eine der drei Aktionskarten und decken sie gleichzeitig auf. Die Karten zeigen neben einer Nummer von 1 bis 9 auch eine (durch Symbole dargestellte) Aktion. Nun kommt ein interessanter Mechanismus zum Tragen: Haben die von den Spielern gewählten Karten denselben Wert, passiert gar nichts. Ansonsten führt der Spieler mit der niedrigeren Karte die gewählte Aktion aus, danach kann der Gegner Aktionspunkte in Höhe der Differenz nutzen. Diese Aktionspunkte sind für eher einfache Aktionen verwendbar, zum Beispiel Bewegungen von Forscher- oder Raptoren-Figuren, Betäuben oder Fangen von Raptoren-Jungen auf dem Nachbarfeld beziehungsweise Aufwecken von betäubten Raptoren-Jungen oder Töten von Forschern durch die Raptoren-Mutter.

Die Effekte der Karten sind meist mächtiger aber auch begrenzter. So kann der Forscher-Spieler bis zu zwei neue Forscher zur Verstärkung rufen, mit einem Jeep über das ganze Feld fahren oder Feuer legen, um die Raptoren in die Enge zu treiben.

Die Raptoren-Karten können genutzt werden, um Forscher zu erschrecken (die dann eine Aktion zur Erholung benötigen), Junge zur Mutter zu rufen oder es der Mutter zu ermöglichen, sich zu verstecken (um dann an anderer Stelle auf dem Spielfeld wieder aufzutauchen). Die benutzte Karte wird am Rundenende abgelegt und eine neue Karte gezogen. Ist der Stapel aufgebraucht, wird neu gemischt. Es lohnt sich also, mitzuzählen, was der Gegner noch auf der Hand haben könnte.



Dieser Mechanismus führt zu einer interessanten Mischung aus taktischer Planbarkeit und Zufall. Allerdings hat jeder Spieler auch eine Karte, um das Karten-Recycling zu beschleunigen.

Natürlich sind auch die Siegbedingungen für beide Spieler unterschiedlich. Der Forscher-Spieler gewinnt, wenn drei Junge gefangen oder die Raptoren-Mutter mit fünf Narkosemarkern umgehauen wurde. Der Raptoren-Spieler soll drei Jungen über die Spielplan-Ränder fliehen lassen oder alle auf dem Spielfeld befindlichen Forscher erledigen. Das Spielgeschehen wogt selbst in der kurzen Zeit, die ein Spiel dauert, hin und her. Durch den interessanten Aktionskarten-Mechanismus ist das Geschehen zwar begrenzt planbar, aber genauso auch von der Wahl des Gegners abhängig. Das kann zu interessanten Situationen führen und manchmal auch zu einer unerwartet schnellen Beendigung des Spieles. So ist es problemlos möglich, in einer Runde ganze vier Forscher durch die Raptoren-Mutter erledigen zu lassen.

Zwei-Personen-Spiele sind für Spieleautoren eine spezielle Disziplin. Nicht nur die Beschränkung auf zwei Spieler stellt eine Besonderheit dar, sondern gerne handelt es sich, wie hier bei „Raptor“ auch um asymmetrische Spiele. Dabei ist der wichtigste Faktor, die Balance zwischen den Spielern zu wahren. Das gelingt bei „Raptor“ ganz gut, obendrein dauert ein Spiel auch meist nur tatsächlich die auf der Box angegeben 15 bis 30 Minuten, so dass Zeit für die eine oder andere Revanche bleibt.

Fazit: „Raptor“ ist ein spannendes und kurzweiliges Zwei-Personen-Spiel mit passend umgesetzten Thema. Die Kürze des Spiels macht die gelegentliche Unvorhersehbarkeit absolut wett und ermuntert zu einer sofortigen Revanche. Dank der spannenden Karten-Dynamik findet „Raptor“ genau die passende Balance zwischen Strategie und Glück.

Raptor
Brettspiel für 2 Spieler ab 10 Jahren
Bruno Cathala, Bruno Faidutti
Pegasus Spiele 2016
EAN: 4250231711091
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 24,95

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