Pharaon

Die ägyptische Hochkultur hat bereits in der Bronzezeit atemberaubende Bauwerke und Kunstgegenstände geschaffen. Vieles drehte sich dabei um den Tod als Übergang in ein neues Leben. Klar, dass man dafür gut ausgestattet sein wollte. Denn wer möchte schon als unwürdig gelten, wenn das eigene Herz von Anubis in die Waagschale gelegt wird?

von Michael Wilhelm

In „Pharaon“ bereiten sich bis zu sechs Spieler*innen auf das Leben nach dem Tod vor. Dazu gilt es, durch den Bau von Grabkammern, das Bereiten von Göttergaben, das Berufen von Beamten, das Ehren von Handwerkern oder die Kultivierung des Nils Götterpunkte zu sammeln. Und wer davon nach fünf Runden am meisten erlangt, gewinnt die Gunst der Götter für das Leben nach dem Tode.

In „Pharaon“ dreht sich alles um das Rad der Zeit und die fünf Göttertafeln. Die Göttertafeln werden zu Spielbeginn aus fünf Segmenten als variabler runder Spielplan zusammengesetzt. Jede der fünf Tafeln zeigt einen Aktionsbereich und wird von Göttersäulen begrenzt, die Bedingungen zum Punktgewinn für die Schlusswertung angeben. Das zentrale Rad der Zeit zeigt ebenfalls fünf Abschnitte mit jeweils vier Aktionsfeldern in den fünf Ressourcen-Farben schwarz, gelb, grün, rot und blau. Das Rad der Zeit ist frei drehbar (während der Spielplan feststeht) und rotiert nach jeder Spielrunde um ein Segment, sodass für die unterschiedlichen Aktionsbereiche nach jeder Runde andere Ressourcen benötigt werden.

Der runde Spielplan ist schon mal eine echte Augenweide. Aber auch das restliche Spielmaterial kann sich sehen lassen. Die fünf Sorten Ressourcen-Plättchen werden als Vorrat neben den Spielplan platziert, eine die Spielreihenfolge anzeigende Pyramide wird ausgelegt, 30 Kanopen (das sind Tonkrüge, die bei der Mumifizierung für Eingeweide verwendet wurden) mit Bonus-Ressourcen kommen daneben, und auf die entsprechenden Bereiche des Spielplans werden vier Handwerker-Karten sowie drei Beamten-Karten gelegt. Die restlichen Karten landen jeweils als Nachziehstapel daneben.



Als Startausrüstung erhalten aller Spieler*innen eine Beamtenkarte, die Ressourcen einer Kanope und zwei Silber-Plättchen (die als Joker-Ressource genutzt werden können). Reihum werden nun Aktionen ausgeführt bis alle Spieler*innen gepasst haben. Jede Aktion erfordert zunächst die Begleichung der Zugangskosten auf den Aktionsfeldern des Rades der Zeit. Zusätzlich müssen noch die Aktionskosten der zugehörigen Göttertafel bezahlt werden. Das können dann bis zu weitere fünf Ressourcen in verschiedenen Farbkombinationen sein, um zum Beispiel eine Beamten-Karte (geben Götterpunkte und haben dauerhaft, jede Runde oder einmalig nutzbare besondere Fähigkeiten) oder Handwerker-Karte (geben Götterpunkte und einmalig Ressourcen) zu bekommen oder das eigene Grabmal weiter auszubauen.

Die Plätze auf dem Rad der Zeit sind begrenzt: Nur im Spiel zu viert oder fünft sind alle vier Plätze jedes der fünf Abschnitte verfügbar. Zu dritt können jeweils nur drei belegt werden. Und im Zweier-Spiel oder der Solo-Variante gegen den Verräter genannten Bot werden davon jede Runde noch insgesamt drei Plätze durch die Plättchen einer zufällig gezogen Kanope belegt.



Das Spiel zu zweit fühlt sich überhaupt nicht wie eine Notlösung an. Die Blockade von Aktionsplätzen skaliert das Spiel sinnvoll auf ein spannendes Duell herunter. Das gleiche gilt für die Solo-Variante, die gerade während der Covid-19-Pandemie eine interessante Alternative bietet.

In „Pharaon“ gilt es, Ressourcen sinnvoll und gezielt zu managen, um daraus das Maximum an Götterpunkte bringenden Aktionen herauszuholen. Außerdem sollte man darauf achten, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Aktionsfelder zu belegen. Interessant dabei ist, dass das Rad der Zeit jede Runde um einen der fünf Abschnitte rotiert und damit eine andere Ressourcen-Farbe als Zugangskosten für die jeweilige Göttertafel benötigt werde. Von Vorteil ist allerdings, dass die Zugangskosten auf die Aktionskosten angerechnet werden, sodass mit gezieltem Ressourcen-Einsatz – vorausgesetzt, es sind noch Plätze frei – auch Ressourcen gespart werden können.



Am Ende jeder Runde entscheidet sich auf der Pyramide, wer in der nächsten Runde als Startspieler*in loslegen darf. Netterweise bekommt man beim Passen, solange die anderen weiterspielen, in jedem Zug ein kleines Trostpflaster in Form einer Ressource, Silber oder einer Opfergabe. Und wer als erstes gepasst hat, erhält auch den Startspielermarker für die nächste Runde.

Nach fünf kurzweiligen Runden ist Schluss. Dann wird abgerechnet: Die Götterpunkte von Handwerkern und Beamten werden zusammengezählt. Dazu kommen Punkte für die Forderungen der Götter auf den Göttersäulen zwischen den fünf Abschnitten des Spielplans. Dazu muss beispielsweise eine bestimmte Kombination aus Handwerker-Karten und Grabmalgröße oder Beamten-Karten und Opfergaben erreicht werden. Diese Anforderungen ändern sich mit jeder variablen Zusammensetzung des Spielplans aus den fünf Segmenten, was für ordentlich Varianz und Wiederspielwert sorgt. Auch für übrige gebliebene Ressourcen, Opfergaben und den Startspielermarker gibt es Punkte. In der Solo-Variante wird nach der fünften Runde gegen den Bot genauso abgerechnet.



Fazit: „Pharaon“ ist ein spannendes und kurzweiliges Kennerspiel für bis zu fünf Spieler*innen. Der eigentlich abstrakte Ressourcenmanagement-Mechanismus ist in ein interessantes Thema eingearbeitet und überzeugt mit prächtigem Spielmaterial. Ausdrücklich loben möchte ich die gelungene Solo-Variante.

Pharaon
Brettspiel für 1 bis 5 Spieler ab 12 Jahren
Sylvain Lasjuilliarias, Henri Molliné
Pegasus Spiele 2020
EAN: 4250231727214
Sprache: Deutsch
Preis: ca. EUR 39,95

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