Peraine-Vademecum

Neben der Göttin Tsa gilt auch Peraine als milde und helfende Göttin. Während die junge Göttin Tsa für Wandel und Neugier steht, scheint bei Peraine alles seinen geregelten Lauf zu gehen, wenn der Ackerbau und der Lauf des Jahres mit Saat, Aufzucht und Ernte dahingehen. Die Hilfe für die Armen, die einfachen Leute, die Bauern steht im Vordergrund. Und doch hat auch Peraine ganz andere Seiten, die in diesem Buch beschrieben werden, welches zudem zeigt, dass kaum ein anderer Gott so nah an den Menschen ist und diese unterstützt wie Peraine.

Der Inhalt

„Im Westen nichts Neues“ schrieb einst ein nicht ganz unbekannter deutscher Autor. Und so verhält es sich auch mit diesem Vademecum, auf 160 Seiten im perainegefälligen Grün gehalten, was Aufbau, Layout oder Illustrationen betrifft. Für eine deutliche Unterscheidung sorgt der Autor Niklas Forreiter dann mit dem Inhaltsverzeichnis, welches die Wichtigkeit der Jahreszeiten in der Kirche und im Glauben zeigt und die Hälfte der Kapitel daran ausrichtet.

Nach den gewohnten irdischen und aventurischen Vorworten folgt im ersten Kapitel mit den „Wurzeln des Glaubens“ ein Rundumschlag zu allem, wofür die Göttin Peraine im Allgemeinen steht: Fruchtbarkeit, Heilkunst, Bescheidenheit und Fleiß.

Im zweiten Kapitel werden zunächst die Jahreszeiten als Basis für das Peraine-Jahr und der Saatkalender mit seinen Informationen über Wind, Wetter sowie dem Gemüse und Obst, welches man jeweils sät oder erntet, erläutert, während der dritte bis sechste Abschnitt dann genauer auf die einzelnen Jahreszeiten eingehen, welche Bedeutung sie für die Kirche haben und was die Menschen in dieser Zeit machen. Hier wird aufgezeigt, wie der Peraine-Priester beispielsweise im Frühjahr das Feld oder die Saat innerhalb des Glaubens sehen und wie sie die Menschen unterstützen. Aber auch verschiedene Feldfrüchte werden mit ihren Wirkungen vorgestellt. Dazu finden sich Gebete und Segen, die zur jeweiligen Jahreszeit gesprochen und verwendet werden.

Im Sommer ist die Zeit der Pilgerreisen, sodass Heilige Orte und Heilige der Kirche im Mittelpunkt dieser Jahreszeit stehen. Und auch die ihnen heiligen Talismane der Kirche finden sich in größerer Anzahl als bei manch anderer Kirche, alle haben jedoch meist einen ganz bodenständigen Zweck, sind unterstützend bei der Hungerlinderung oder der Heilung von Krankheiten. Während der Herbst für die Ernte steht, folgt mit dem Winter die Zeit des Heilens und der Geburten. Hier werden auch wichtige Heilkräuter sowie Rituale und Gebete der Heilung vorgestellt.

Im siebten Kapitel finden sich die Liturgien, Gesten oder Symbole des Glaubens, aber auch die liturgischen Gegenstände. Viele der Anrufungen konzentrieren sich erwartungsgemäß auf die Heilung von Krankheiten oder Giften, die Reinigung des Geistes, aber auch die Saat oder Ernte. Doch auch von der Hilfe der einfachen Menschen durch Speisung oder Wasser in Notsituationen wird berichtet.

Der achte Abschnitt zeigt das Wirken der Göttin Peraine über die Jahrtausende auf, wobei betont wird, dass Peraine eher durch alltägliche als durch weltbewegende Taten glänzt. Und doch hat es oft mit Heilung von Wunden und Krankheiten, Schutz der Schwachen oder dem Beenden von Hungerleiden zu tun.

Die Organisation und Hierarchie der Peraine-Kirche wird im neunten Kapitel beschrieben. Betont wird vor allem, dass die Priester und Laien vor allem auf dem Land stark sind und die Aufgaben der Priester sich auf dem Land und in der Stadt deutlich unterscheiden. Ebenso werden die verschiedenen Orden und Strömungen der Kirche kurz vorgestellt, wobei auch auf besondere regionale Kulte eingegangen wird.

Das zehnte Kapitel beendet den Band mit der üblichen spielerischen Ausgestaltung von Peraine-Geweihten. Wichtig sind hier die Gebote, nach denen sich die Priester richten. Dazu zählen etwa Hilfe zu leisten, bescheiden zu sein oder Heilung zu spenden. Dazu werden spezielle Rollen innerhalb einer Gruppe wie beispielsweise die Heilerin, der Exorzist, die Ratgeberin oder der Missionar vorgestellt.

Bewertung

Wenn man das Inhaltsverzeichnis des Bandes liest, ist man vor allem ob des Schwerpunkts der Jahreszeiten zunächst überrascht. Die Gliederung wirkt doch ganz anders als bei den bisherigen Bänden, da die üblichen Themen zu Heiligen, Gebeten oder besonderen Orten außen vor zu bleiben scheinen. Doch wie man an der obigen Inhaltswiedergabe erkennt, verstecken sie viele dieser Themen in den Kapiteln zu den Jahreszeiten. Im aventurischen Text wirkt dies durchaus stimmig und meist passend, da in den Jahreszeiten Schwerpunkte gewählt wurden, die die Kirche in dieser Zeit beschäftigt. Nachteilig ist dies allerdings für die Struktur und die Leser des Bandes, denn die Informationen werden dadurch sehr über mehrere Kapitel zerstreut. Da zudem ja auch kein Index vorhanden ist, bleibt eben nur Raten, wo man etwas über Heilige, Talismane der Kirche oder besondere Orte finden kann. Ein schnelles Auffinden am Spieltisch wird damit leider erschwert.

Inhaltlich merkt man dem Band an, dass es wirklich um viele bodenständige Bereiche des Lebens geht (Fleiß, Beständigkeit, Arten der Heilung usw.). Dies wird immer wieder unaufdringlich betont und lässt einen ein immer besseres Verständnis für die Peraine-Geweihten und ihre Aufgaben entwickeln. Mit der Beschreibung der Heilpflanzen und vor allem der Feldfrüchte wie auch deren Saat- und Erntezeiten fühlt man sich allerdings an die oft kritisierte alte Spielhilfe „Handelsherr und Kiepenkerl“ erinnert, in der auch bekannte irdische Gemüse, Obst etc. beschrieben wurden, was man auch in irdischen Büchern nachlesen könnte. Hier ist der Anteil zwar deutlich kleiner und sorgt sicherlich für eine passende Stimmung des Textes, aber dem Spiel hilfreich ist es wirklich nur in ganz seltenen Situationen. Wer seinen Peraine-Geweihten spielerisch optimieren möchte oder als Spielleiter relaitätsgetreu solche Informationen ins Spiel einfließen lassen möchte, kann dies sicherlich gebrauchen. Aber ansonsten ist dies eher nett zu lesen und nur informativ.

Die Gebete, Rituale, heiligen Orte, Talismane, Kirchenheiligen oder Lieder aus der Peraine-Kirche sind dagegen spielnah, verbreiten Stimmung und lassen einen in den Glauben der gütigen Göttin tief eintauchen. Die Beschreibungen sind gelungen und interessant geschrieben. Die Texte zur Heilkunst (was trägt man, wie findet diese statt) und Kräutern bereichern den Hintergrund selbst für nicht mit Peraine verbundene Charaktere, beispielsweise bei den Kräutern durch Beschreibungen der Anwendung, des Aussehens, der Fundorte und Verarbeitung. Ebenso hilfreich für Spieler und Spielleiter sind alle Texte rund um das liturgische Wirken in dem sehr umfangreichen Kapitel, ob nun Gesten und Symbole, die verschiedenen Segen, Fürbitten oder Heilungssprüche, die alle mit einer speziellen Anwendung extrem spielnah und bereichernd sind. Während die Geschichte der Kirche und die Hierarchie analog zu anderen Vademecums gewohnt gut verfasst sind, zählt der Abschluss mit spielpraktischen Hinweisen zur Ausgestaltung einer Geweihten wie meistens zu den Höhepunkten. Durch die Darstellung denkbarer Motive wie auch spezieller Rollen wird dem Spieler ermöglicht, eine besondere Position in der Gruppe zu übernehmen, ohne nur als langweiliger, pazifistischer Heiler verschrien zu sein.

Fazit: Der Band bietet einen guten Überblick über den Peraine-Glauben und die Kirche. Zwar ist die Struktur des Bandes für den irdischen Leser verbesserungswürdig (hier hätte ein Index gut getan) und manche Texte könnten auch aus heimischen Pflanzenlexika stammen, aber dafür finden sich auch viele hilfreiche Abschnitte, um den Glauben und den Geweihten am Spieltisch besser, glaubwürdiger und intensiver darzustellen. Das eine oder andere Vademecum macht insgesamt einen noch besseren Endruck, aber trotzdem hat man hier eine hilfreiche Spielhilfe zur Hand.

Peraine-Vademecum
Quellenbuch
Niklas Forreiter
Ulisses Spiele 2015
ISBN: 3957521998
160 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 14,95

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