Mesos

Auf einem Open Air, einer Party oder schlicht am Brettspieltisch: Überall kommen Menschen zusammen, um etwas gemeinsam zu tun. Diese Bereitschaft zum Rudel-Erlebnis stammt wohl aus dem Mesolithikum, als sich erstmals Menschen zu Stämmen organisierten. Ab dann ging es zivilisatorisch zügig voran, auch weil die damaligen Jäger und Sammler sich zu Künstlerinnen und Forscherinnen entwickelt haben . Wo wir heute sind, das wisst ihr ja; angefangen hat aber alles im oder mit „Mesos“.

von Oli Clemens

Bei „Mesos“ managen wir unseren eigenen mittelsteinzeitlichen Stamm und bereiten uns auf der Suche nach den meisten Siegpunkten auf unabwendbare Ereignisse vor. Immerhin geht’s um Ruhm und Ehre und nicht um den Spaß in unserer Siedlung. Und da sollte man auf die perfekt abgestimmte Mischung aus Experten aus allen Lebensbereichen achten.  

Je nach Personenzahl wird ein Kartenstapel vorbereitet, der 3 Zeitalter repräsentiert. Das könnt ihr euch in etwa so vorstellen wie bei „7 Wonders“. Die Karten reichen aber immer, dass genau 10 Runden gespielt werden, bis es dann zur Punktewertung kommt.

In eurer Spielauslage befinden sich Auswahlplättchen, darüber und darunter jeweils eine Kartenauslage. Mit meinem Totem entscheide ich mich dann für meine Aktion dieser Runde und welche Karten ich aus den entsprechenden Auslagen nehme. Wähle ich einen Platz weiter links, bin ich zwar vor den anderen an der Reihe, kann aber nur eine Karte wählen und muss dann sogar noch entscheiden, ob von der oberen oder unteren Auslage. Stelle ich mein Totem  auf ein Auswahlplättchen, das weiter rechts liegt, habe ich zwar eine größere Auswahl, muss aber möglicherweise die ungeliebten Reste der anderen nehmen. Im Setzen der Totems liegt also durchaus eine Entscheidungstiefe. 

Ich weiß nicht, ob es historisch belegt ist, aber bei „Mesos“ ist es auf jeden Fall so, dass die Figuren, die früher ins Dorf zurückkehren, mit mehr oder weniger Nahrung belohnt werden. Wer aber den Weg ans Lagerfeuer als letzte Person macht, muss auf jeden Fall Ruhmpunkte dafür bezahlen. Auch das kann eine wichtige Entscheidungshilfe bei der Frage sein, wo ich mein Totem platziere.

Natürlich hat jede Karte, die ich auswähle, eine unterschiedliche Auswirkung auf meinen Stamm. Die Jäger sorgen für Nahrung. Das ist wichtig, weil es während des Spiels Ereignisse gibt, die dafür sorgen, dass ich meinen ganzen Stamm ernähren muss. Dann brauche ich für jede Karte in meiner Auslage immer genau eine Nahrung. Und ohne Jäger kann es da ganz schön knapp werden.

Mit ein bisschen Glück komme ich vielleicht auch an die wertvollen Sammler. Die sorgen nämlich dafür, dass ich bei dieser Ernährungsphase eine Reduktion an Nahrung(sbedarf) habe. Und drei Nahrung mehr oder weniger machen manchmal einen sehr großen Unterschied in Siegpunkten aus.

Bei den Forschern treffe ich auf eine klassische Set-Collection-Situation. Je mehr Karten dieser Sorte mit unterschiedlichen Symbolen ich habe, desto mehr Punkte bekomme ich am Ende. Dumm nur, dass jede dieser Karten auch ernährt werden möchte. Taktischerweise greife ich zu diesen Karten natürlich erst, nachdem ich dafür gesorgt habe, dass ich essenstechnisch gut über die drei Zeitalter komme. 

Sowohl die Maler als auch die Wahrsager sorgen dafür, dass ich schon während des Spiels an Punkte komme. Taucht das Ereignis Malerei auf, erhalte ich Ruhm abhängig davon, wie viel Stammesmitglieder dieser Sorte ich habe. Sind es zu wenig, kann es aber sogar sein, dass ich sie wieder abgeben muss.

Die Wahrsager sind gar nicht so ein friedliches Völkchen, wie man es eigentlich glauben könnte. Erscheint ihr Ritual-Ereignis, vergleiche ich meine Karten mit denen der anderen. Wer dann die meisten Sternensymbole aufweisen kann, wird belohnt, wer die wenigsten hat, verliert wieder von seinem Ruhm.

Die eben erwähnten Ereignisse tauchen zwar zuverlässig, aber dann doch sehr unterschiedlich in dem Ablauf einer Epoche und des gesamten Spiels auf. Ich kann mich zwar darauf verlassen, dass sie kommen, weiß aber nicht, wann sie im Kartenstapel erscheinen. Zum Glück kündigen sie sich an, weil sie zuerst in die obere Reihe gelegt werden und am Ende einer Runde erst nach unten wandern. So hat man immer im Blick, worauf man sich gleich konzentrieren sollte. Ich kann aber an dieser Stelle schon anmerken: Ein bisschen Verlust an Punkten ist immer, egal wie gut man glaubt, auf ein Ereignis vorbereitet zu sein.

Nach genau zehn Runden und einem letzten großen Versorgungsereignis, kommt die große Abrechnung. Die Forscher multiplizieren dann ihre Punkte. Für ein Set aus Künstlern erhalte ich jeweils zehn Punkte, und das ein oder andere Gebäude, das ich mir im Verlauf des Spieles noch durch Lebensmittel aneignen konnte, sorgt für einen heftigen Punkteboost. Natürlich gewinnt die Person, die im Verlauf des Spieles dann die meisten Ruhmpunkte sammeln konnte.

Nahrungsmittel und Ruhmpunkte werden übrigens durch Pappmarker dargestellt. Das sorgt dafür, dass man im Verlauf eines Spiels doch oft hin und her tauschen muss, um immer die richtige Zahl an Nahrung oder Siegpunkten vor sich liegen zu haben. Hilfreich ist es dabei, dass die Punktemarker zweiseitig sind und auf der Rückseite Minuspunkte darstellen. So hat man seine persönliche Score-Situation dann doch immer gut im Auge.

Die Marker, die Karten und die Tokens liegen in einem sehr gut strukturierten Inlay in der Spielschachtel und sorgen dafür, dass man beim Auf- und Abbau schnell zugreifen kann. Insgesamt fühlt sich das Material sehr wertig an, vor allem die Marker sind aus dicker Pappe und eine richtige Freude in der Handhabung. Was mich persönlich auch sehr freut, ist, dass das ganze Material sehr bunt gestaltet ist. Das gilt ebenso für die farbigen Marker wie auch für die Gestaltung der Karten. Vom Stil ähnelt das alles einem Comic. So habe ich mir zwar das Mesolithikum nicht vorgestellt, aber zur Spielfreude trägt die Gestaltung auf jeden Fall bei. 

Obgleich bei den Autoren der Name Luciani auftaucht, solltet ihr nicht mit einem Kennerspiel rechnen. „Mesos“ ist ein leicht zugängliches Spiel, das man auch gut mit der Familie spielen kann. Weil es durch den Totem-Einsatzmechanismus durchaus Dinge gibt, die ihr berücksichtigen müsst, kann die Auswahl der Karten für Grübler durchaus länger dauern. Trotzdem überschreitet eine Partie „Mesos“ selten die 30-Minuten-Grenze. 

Fazit: Freunde von Familienspielen aufgepasst: „Mesos“ ist durchaus eine Bereicherung für euer Spielregal in der Rubrik konfrontative Spiele. Das hübsche Material hat einen hohen Aufforderungscharakter und die Regeln sind leicht verstanden. Insbesondere das Gefühl, dass ich mich die ganze Zeit um genügend Nahrung für meinen Stamm kümmern muss, sorgt dafür, dass ich die ein oder andere punkteträchtige Karte lieber liegen lasse, um dafür zu sorgen, keine Minuspunkte bei der Ernährungsphase zu bekommen.

Mesos
Brettspiel für 2 bis 5 Spieler ab 10 Jahren
Simone Luciani, Yaniv Kahana 
Pegasus Spiele 2024
EAN: 4250231740916
Sprache: Deutsch
Preis: 29,99 EUR

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