von KaiM
Warum müssen Plättchenlegespiele eigentlich immer so geordnet und reglementiert daherkommen? Wenn man schon Landschaften baut, wäre es nicht mal schön, wenn sie organisch wachsen würden, anstatt auszusehen, als wäre alles mit dem Lineal gezeichnet?
Scott Almes, der vor allem für seine „Tiny Epic“-Reihe bekannt ist, hat sich hier etwas Neues einfallen lassen. Diesmal erbaut man seine eigene tropische Insel, ein kleines Paradies, indem man Landschaften in Spielkartengröße übereinander legt. Denn neben ein paar weniger wichtigen Regeln zur Platzierung, ist es vor allem wichtig, dass man immer auch einen Teil der Insel überdecken muss.
Ein bis sechs Insulaner ab 8 Jahren bauen sich je ihre eigene Insel auf und versuchen zur rechten Zeit ordentlich Punkte zu machen, um nach 30 Minuten am meisten davon gesammelt zu haben. Die Angaben auf der Box passen ziemlich gut, und auch wenn man hin und wieder ein wenig überlegen muss, ist die Downtime gering genug, dass man auch in voller Besetzung noch das volle Spielerlebnis bekommt. Lediglich den Solomodus hätte man sich sparen können, aber dazu später mehr.
Das Material
Die 64 Karten in der Box sind der wesentliche Bestandteil des Spiels, denn mit ihnen erbaut man die paradiesischen Inseln. Jede Karte zeigt neben tropischen Landschaften, Vulkanen, Stränden und Meer auch Symbole und wenn man eine Karte legt, muss diese mindestens ein Symbol einer anderen Karte komplett überdecken. Das funktioniert zwar grundsätzlich gut, ist aber auch fehleranfällig, denn zu schnell verrutscht die eine oder andere Karte und eine Rekonstruktion, wenn sich mal etwas mehr verschiebt, kann sehr schwierig werden.
Umso schöner sind die Holz-Kokosnüsse, die als Währung fungieren, denn sie sind groß und handlich und durch den Farbdruck auch schön anzusehen. Die Zielplättchen und die Stammesoberhäupter sind solide und mit lustigen Illustrationen versehen. Der Wertungsblock macht die Abrechnung nicht an allen Stellen leichter, erfüllt insgesamt aber seinen Zweck.
Die Anleitung erklärt das Wichtigste, ist aber auch nicht immer ganz klar. In zwanzig Minuten hat man die Regeln soweit verstanden, dass man das meiste erklären kann und für weitere Partien, in denen die asymmetrischen Fertigkeiten der Inselbewohner wichtig werden, kann man schnell das eine oder andere nachlesen. Für ein einfaches Familienspiel dieses Kalibers passt das noch, verdient aber auch keine Lobeshymnen.
Der Spielablauf
Alle Insulaner beginnen mit einem Dorf mitten im Dschungel, in einer offenen Auslage befinden sich vier Karten und insgesamt drei Nachziehstapel werden vorbereitet. Ist man am Zug, wählt man eine der ausliegenden Karten aus, bezahlt und legt diese dann an die eigene Insel an. Dabei haben die Karten keinen festen Preis und alle darauf liegenden Kokosnüsse gehen in den eigenen Besitz über. Die erste Karte von links kostet nichts, aber wählt man eine weiter rechts liegende, muss man auf jede, die man übersprungen hat, eine Kokosnuss legen. Dann schiebt man alle Karten nach links und deckt eine neue Karte vom Stapel auf.
Die neu erworbene Karte kann nun beinahe beliebig an die eigene Insel angelegt werden. Aber auf jeder Karte sind wichtige Symbole, die man benötigt, um in den Wertungen Punkte zu bekommen und dummerweise muss man immer genau mindestens eines dieser Symbole überdecken. Da gibt es zum Beispiel Jäger und Hühnchen, Fischer und Fische oder auch Palmen und Boote, um nur einige zu nennen. Später gibt es dann zum Beispiel für jedes Paar aus Jäger und Hühnchen ein paar Punkte, aber nur, wenn man nicht mehr Jäger als Hühnchen hat. Selbiges gilt für Fischer und Fische usw. Insgesamt sechs Kategorien werden bis zum Spielende gewertet, aber man kann sich aussuchen, in welcher Reihenfolge das geschehen soll. Nachdem der erste Nachziehstapel aufgebraucht ist, muss man eine Kategorie werten, nach dem zweiten Stapel zwei und nach dem dritten Stapel die letzten drei Kategorien.
Durch zusätzliche Zielkarten, die am Ende unter bestimmten Bedingungen Punkte bringen, kommt in der Schlusswertung noch etwas Schwung ins Ganze und natürlich gewinnt man eine Partie, wenn man am meisten Punkte gesammelt hat.
Das Spielgefühl
Das Währungssystem und das Legepuzzle funktionieren gut. Runde für Runde wägt man ab, ob man Geld ausgeben oder einsammeln möchte und überlegt, auf welche Wertungen man sich nächstes konzentriert. Die zusätzlichen Zielkarten sprechen die Zocker unter uns an, da man hier auch Punkte verlieren kann, was ein weiteres schönes Element hinzufügt. Die Stammesoberhäupter haben im Gegenzug nicht ganz so viel Gefallen gefunden, denn hier kann man mit etwas Glück Punkte gewinnen, ohne wirklich etwas dafür zu tun.
Eine Partie plätschert so vor sich hin, ohne eine große Spannungskurve aufzubauen. Auch die Interaktion ist zwar vorhanden, aber es fehlt die Motivation, sich wirklich Gedanken über die anderen und ihre Strategie zu machen. Dafür ist der Insel- und Symbolwust zu groß, denn man hat schon genug damit zu tun, den Überblick über die eigene Insel zu behalten. Am Ende gefällt das Spiel allen am Tisch ganz gut, ohne wirklich ein Highlight zu setzen oder große Emotionen auszulösen. Es ist vielmehr ein Spiel, das nicht wehtut und zum puzzeln und wohlfühlen einlädt. Daher ist auch der Solomodus nicht sonderlich empfehlenswert, denn dafür passiert im Spiel insgesamt zu wenig und das zu lösende Puzzle ist auch nicht übermäßig interessant. Mit zwei Spielern ist es ganz okay, wird aber noch besser, wenn ein wenig mehr Leben an den Tisch kommt.
Fazit: Das Spiel hat Spaß gemacht und funktioniert auch zu sechst noch gut. Die flexible Wertung ist ein schöner Kniff und auch das aus anderen Spielen bekannte Kaufsystem führt zu interessanten Entscheidungen. Durch und durch solide, fehlt dem Spiel aber das gewisse Extra für eine uneingeschränkte Kaufempfehlung.
Atua
Brettspiel für 1 bis 6 polynesische Götter ab 8 Jahren
Scott Almes
Schmidt Spiele 2025
EAN: 4001504494728
Sprache: Deutsch
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