von Kurt Wagner
Die Prämisse gefällt: Die Zauberin Zoar bekommt von dem galaktischen Wächter Zodac, der auch zentral das Cover beherrscht, Besuch. He-Man steht gerade noch am Anfang seiner Heldenkarriere, und Zodac ist am Zweifeln, ob der junge Prinz Adam diese Macht haben sollte, die er durch das magische Schwert von Castle Grayskull hat. Um Zodac zu überzeugen, lässt Zoar diesen in zahlreiche Realitäten des Multiversums blicken, überall dorthin, wo He-Man bereits am Wirken ist und sowohl als Kämpfer als auch als Vorbild inspiriert. Das Gespräch zwischen Zoar und Zodac bietet dann den Rahmen für diesen aus vier Kapiteln bestehenden Band, der die vier US-Einzelausgaben von „Masterverse“ zusammenfasst.
Jedes Kapitel beinhaltet zwei kurze Geschichten, sodass insgesamt acht Kurzgeschichten vorliegen. Geschrieben wurden sie alle von Tim Seely, was man angesichts der sehr unterschiedlichen Erzählweisen kaum glauben mag. Umso bunter war dafür sein Kreativteam, das so unterschiedliche Künstler wie Kelley Jones, Sergio Aragonés, Victor Santos oder David Rubin umfasste. Tatsächlich muss ich gestehen, dass ich die individuelle Optik des Bandes, die Art, wie die Masters of the Universe präsentiert werden, fast spannender fand als die Geschichten selbst, die halt größtenteils schrecklich bruchstückhaft sind, mitunter bis zu dem Punkt, an dem man Verständnisprobleme bekommt – vielleicht in Ermangelung von Vorkenntnissen.
Die Anthologie beginnt stark mit der Geschichte „Der Fluch von Schloss Grayskull“, praktisch nur ein Stimmungsbild, aber ein sehr düsteres und intensives, das in der Ecke des Gothic Horrors verortet ist. Das genaue Gegenteil bietet die Folge-Story „He-Man, völlig verloren“, eine Comedy, die nicht unwesentlich von Sergio Aragonés witzigen Bildern lebt, aber auch sonst durch schrägen Blödsinn punktet. Die Story „Östlich von Eternos“ beginnt atmosphärisch, kriegt dann aber nicht die Kurve, sondern kommt allzu abrupt zum Ende. Ein stimmungsvoller Treffer ist dann wieder das im Stil eines Film Noir gehaltene „Man-at-Arms, Privatdetektiv“, auch wenn es recht trist von der Abwesenheit allen Heldentums erzählt.
Mit „Kriegsgöttin der zerstörten Ödnis“ folgt eine an „Conan“ gemahnende Story „aus der Frühzeit“, die Teela in den Fokus rückt und den Wert von Gnade lehrt. In „Eternias Dämmerung“ muss unterdessen ein versoffener Wikinger-He-Man eine schmerzliche Lektion erleiden, die ihn zum Überdenken seiner Weltsicht anregt. Eine optisch flippige, sehr moderne Interpretation bietet „Unnachahmlich“, eine Geschichte, die praktisch nur aus Action und Sprüchen besteht und die Masters of the Universe mit sich selbst konfrontiert. Den Abschluss bildet „Die Megabeast-Matrix“, die dem Vorwort zufolge in der Realität des Dolph-Lundgren-Masters-Films aus den 80ern spielen soll, was ich zugegeben nur erkannt habe, als ich drauf gestoßen wurde. Erschwerend kommt hinzu, dass die Handlung ein echtes Fragment bleibt, das uns sogar um den Finalkampf betrügt und ohne echte Auflösung bleibt.
Ein paar Entwürfe und „Entwicklungsstufen“ einer Comic-Seite runden den Band ab.
Fazit: Für Kenner hat der Band „Masterverse“ auf jeden Fall einiges zu bieten. Inhaltlich mag nur die Hälfte der Geschichten überzeugen, aber schon wie die Masters optisch interpretiert wurden, ist sehenswert. Für Einsteiger ist der Comic dagegen nicht zu empfehlen. Dafür sind die Storys zu experimentell und mitunter auch fragmentarisch. Selbst Gelegenheits-Fans sollten erst einmal reinblättern, bevor sie zuschlagen. Eine Anthologie ist halt doch etwas anderes als eine lange, in sich geschlossene Abenteuergeschichte.
Masters of the Universe – Masterverse
Comic
Tim Seely, Kelley Jones, Sergio Aragonés, Victor Santos u.a.
Panini Comics 2024
ISBN: 978-3-7416-3614-1
116 S., Softcover, deutsch
Preis: 14,00 EUR
bei amazon.de bestellen