Masters of the Universe: Die Schmiede des Schicksals

He-Man war gefühlt schon immer ein Profi – ein mit allen Wassern gewaschener, muskelbepackter Held mit magischem Schwert, der sich furchtlos den Mächten des Bösen in den Weg gestellt hat. Doch jede Legende hat irgendwo ihren Anfang, und der vorliegende Comic wirbt vollmundig mit dem Label „Das erste Jahr“ (das nicht zufällig an den Klassiker „Batman – Year One“ von Frank Miller erinnern soll). Wie sieht also He-Mans Vergangenheit aus? Wie ging er seine ersten Schritte? Ein Trip mit der Zeitmaschine …

von Kurt Wagner

Ich nehme das Fazit gleich vorweg: Nein, „Die Schmiede des Schicksals“ hat kaum das Zeug, ein moderner Klassiker zu werden. Dafür ist die Geschichte, allen euphorischen Blurps auf dem hinteren Umschlag zum Trotz, nicht bedeutend und die visuelle Ausgestaltung nicht aufregend genug. Gleichzeitig ist er aber auch keine Enttäuschung, denn er erzählt ein kurzweiliges, grundsolides und in sich rundes Abenteuer, vereint Herz, Humor und Action und bietet immerhin die Origin Story eines Kämpfers auf dem Mastersverse – nein, nicht He-Man.

Schauen wir es uns genauer an: Ein neues Schrecken sucht Eternia heim, ein schädelgesichtiger Dämon-Magier aus einer anderen Dimension. Klar, die Rede ist von Skeletor, dem ewigen Fiesling des Mastersverse. Doch die Zauberin  von Schloss Grayskull, die über die Geschicke von Eternia wacht, ist unbesorgt. Immerhin hat der Königssohn Prinz Adam vor Kurzem ihren Ruf erhört und das Schwert der Macht an sich genommen, das ihn in den Superkämpfer He-Man verwandelt. Das genügt für den Anfang, um das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse zu erhalten.

König Randor, der Herrscher von Eternos, sieht das ein wenig kritischer. Die Gefahr durch Skeletor wirkt auf ihn sehr real und so hält er die Zeit für gekommen, alte Bündnisse mit Nachbarreichen zu erneuern und neue zu schließen. Vor allem der Inselstaat Anwat Gar – in dem die titelgebende „Schmiede des Schicksals“ steht – bereitet ihm Kopfzerbrechen, hat er sich zuletzt doch immer mehr abgeschottet. Also will er sich auf eine Reise begeben, um dort persönlich vorstellig zu werden, ein Unterfangen, das natürlich Skeletors Neugierde weckt. Was gibt es in Anwat Gar, das König Randor dermaßen interessiert? Sofort schickt er seine Agenten – vor allem die Zauberin Evil-Lyn – nach Anwat Gar, um dort zu spionieren und für Unruhe zu sorgen. Die Probleme lassen nicht auf sich warten. Zum Glück für Randor und sein Tross ist He-Man nie weit weg …

Direkt am Anfang des Comics gibt es eine Szene, die schmunzeln lässt: Skeletor erfährt von seinem Spion Webstor, dass König Randor nach Anwat Gar reisen will. Warum macht er das? Was will er da? Gibt es da etwas Wertvolles? Das will Skeletor unbedingt haben! Evil-Lyn wiegelt ab, dass Anwat Gar ein Relikt aus alter Zeit sei, aber sofort explodiert Skeletor wie ein kleiner Junge, dass er jetzt der Boss sei und sie gefälligst rausfinden soll, was es Tolles in Anwat Gar gibt. Und dann soll sie es ihm bringen. „Die Schmiede des Schicksals“, so denkt man hier amüsiert, ist nicht nur für He-Man das „Year One“, sondern auch für seinen zukünftigen Erzfeind, der hier herrlich launisch und impulsiv wirkt.

Auch sonst hat Autor Tim Seely die actionreiche Handlung mit einigem Humor gewürzt, etwa wenn He-Man vor Teela zu verbergen versucht, dass er auch Prinz Adam ist. Oder wenn Orko einmal mehr nur mäßig erfolgreich zaubert. Es gibt aber auch einen etwas ernsthafteren Handlungsstrang, der sich in Anwat Gar zuträgt, wo Dash, der Sohn der Herrscherin, seinen Weg zu finden versucht, obwohl der so gar nicht den Erwartungen seiner Mutter entspricht. Sein Ärger macht ihn anfällig für die Manipulationen des Bösen und so sieht es eine Weile so aus, als würde er komplett vom rechten Pfad abkommen. Stattdessen kommt es zu einer interessanten Wendung, die „MotU“-Fans erfreuen dürfte, denn sie lässt eine bislang eher vernachlässigte Nebenfigur in neuem Licht erstrahlen.

Apropos Nebenfiguren: Wenn es einen Wermutstropfen gibt, dann den, dass im Wesentlichen die Standard-Helden und -Schurken auftreten. Auf Seiten der Helden treffen wir neben He-Man natürlich auf Teela, Orko, Battle-Cat, König Randor und Man-at-Arms – sowie im Intro die Zauberin. Die Bösen sind durch Skeletor, Evil-Lyn und den Spinnenmenschen Webstor vertreten. Charaktere wie Mer-Man, Beast Man oder Roboto kommen über 1-Panel-Cameos nicht hinaus. Das war’s dann auch schon. Mancher Fan hätte sich da vielleicht mehr gewünscht, aber die Dichte an namhaften Figuren in Franchise-Comics ist zugegeben eine diffizile Angelegenheit. Wann ist es zu wenig, wann ist es zu viel? Und die Handlung dreht sich ja nun auch nicht gerade um eine epische Weltenrettung, die das volle Personal gebraucht hätte.

Die Optik orientiert sich sehr an der Netflix-Serie „Masters of the Universe: Revelation“ von 2021, in deren Kontinuität sich der Comic auch sieht. Das heißt, dass Eddie Nunez alle Figuren etwas kantig gezeichnet hat und die Farben von Brad Simpson auch oft eher flächig wirken. Hier wäre qualitativ definitiv mehr drin gewesen, aber das war eine künstlerische Entscheidung. Zumindest ist die Optik in allen vier hier versammelten Comic-Ausgaben einheitlich, sodass man hat Gelegenheit, sich mit den Stil anzufreunden. 

Den Abschluss bildet eine schöne Cover-Galerie mit ganzseitigen Covern sowie einige Sketches. 

Fazit: Ich wiederhole mich: Auf dem Niveau von „Batman: Year One“ spielt „Die Schmiede des Schicksals“ für mich nicht mit. Dennoch bietet der Prequel-Comic zu Netflix’ „Masters of the Universe“-Animationsserie viel Gutes: ein solides, in sich abgeschlossenes Abenteuer, das sogar die Geburt eines namhaften Helden umfasst, dynamische Action, aber auch stille Moment, ein wenig Humor, einen Anflug von Liebe. Alles in allem ein Comic, der Lust macht, (wieder) mehr Zeit mit den „Masters of the Universe“ zu verbringen. 

Masters of the Universe: Die Schmiede des Schicksals
Comic
Tim Seely, Eddie Nunez, Brad Simpson
Panini Comics 2025
ISBN: 978-3-7416-4292-0
104 S., Softcover, deutsch
Preis: 15,00 EUR

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