Magierdämmerung 2 – Gegen die Zeit

Bei den Romanen von Bernd Perplies war bisher immer feinstes Kopfkino angesagt, und auch diesmal wird der Leser nicht enttäuscht, wenn er mit dem Journalisten Jonathan Kentham im London des Jahres 1897 Abenteuer magischer Art gegen die Schergen eines Magiers bestehen und die Welt vor dem Untergang bewahren muss.

von Andreas Loos

Auf die Fortsetzung von Bernd Perplies’ neuer Trilogie, die den Leser in das London des ausgehenden 19. Jahrhunderts entführt, habe ich gut fünf Monate mit Spannung gewartet. Da es sich um den Mittelteil der Reihe handelt, war ich schon gespannt, was nach dem gelungenen Auftakt „Für die Krone“ den Leser erwarten würde. Bernd Perplies hat sich mit diesem Roman schwer getan, das behauptet er in seinen Danksagungen. Mir als Leser ist Dergleichen nicht aufgefallen. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich zur Einstimmung die letzten Kapitel des ersten Bandes noch einmal gelesen habe. Zusätzlich hat der Autor, die Kapitel von Band I an durchgängig nummeriert, der 2. Band beginnt mit Kapitel 14. Dadurch wirken beide Bücher stärker aufeinander abgestimmt. Zwar kommt die Handlung auf den ersten 100 bis 150 Seiten nur langsam in Fahrt, besonders, weil neue Persönlichkeiten eingeführt und die Ereignisse des ersten Bandes noch einmal rekapituliert werden, danach aber geht es rasant voran.

Der Magier Wellington hat mit seinen Gefolgsleuten die Macht im geheimen Magierbund des silbernen Kreises an sich gerissen. Seine Gegner, darunter der Reporter Jonathan Kentham und seine Mitstreiter, hat er in den geheimen Hallen des Silbernen Kreises gefangen genommen. Währenddessen dringt aus der wahren Quelle der Magie, die Wellington geöffnet hat, und die ihm enorme Macht verleiht, immer mehr chaotische Magie in die Welt. Die Quelle muss erneut versiegelt werden, um weiteres Unheil zu verhindern. Den gefangenen Magiern läuft die Zeit davon. Der Journalist Kentham, der durch Zufall und ein magisches Artefakt zu magischen Kräften gekommen ist, ist auch diesmal die Hauptfigur, obwohl erneut etliche weitere Handlungsstränge mit anderen Akteuren in Gang gesetzt beziehungsweise fortgesetzt werden. Die Erzählfäden, die miteinander verwoben werden, sind gut ausgewogen, und werden vom Autor auch gewohnt stimmig in Szene gesetzt. Einzig der Erzählstrang um die Magieragentin Diodato verläuft weitgehend parallel zu den anderen Erzählsträngen. Welche Rolle diese spielen wird, wird man erst in Band 3 erfahren. Auch diesmal erzeugt Perplies glaubhafte „Gaslichtatmosphäre“.

Im zweiten Band von „Magierdämmerung“ gibt es einige wenige gekonnt und plastisch beschriebene Steampunk-Elemente, welche aber wieder den normalen Menschen in der Handlung verborgen bleiben. So viel sei gesagt: Das Luftschiff auf dem Cover und das Tauchboot aus dem ersten Band spielen beide eine gewisse Rolle. Wie schon in seiner „Tarean“-Trilogie und im ersten Band hat der Autor seine Geschichte mit Anleihen aus bekannten Filmen und Literatur gespickt. Immer wieder kann man diese Anleihen aufblitzen sehen. Ich bin mir aber sicher, dass mir bestimmt etliche besser verborgene Zitate entgangen sind.

Perplies’ „Magierdämmerung“ ist in meinen Augen ein durchweg gelungenes Zwischending aus Steampunk, Fantasy und Urban Fantasy vor historischem Hintergrund. Gerade im Bezug auf letzteres Genre hatte ich in meiner Rezension zum ersten Band angemerkt, dass Perplies es bisher vermieden hatte, Elemente wie zum Beispiel Werwölfe und Vampire in die Handlung einzubinden. Anscheinend konnte der Autor der Versuchung dann doch nicht widerstehen und hat trotz aller anderen fantastischen Elemente auch noch ein solches Geschöpf, wenn auch nur in einer Nebenhandlung, in den Roman eingebunden.

Seinem Erzählstil ist Bernd Perplies treu geblieben. Es gelingt ihm einmal mehr, die Handlung griffig voranzutreiben, Spannung zu erzeugen und dem Leser mit Sprache ein großartiges Kopfkinoerlebnis zu bescheren. Seine Akteure sind liebevoll ausgearbeitet und plastisch beschrieben, letzteres gilt auch für die eingesetzte Magie. Ein klein wenig gestört hat mich, dass einige Persönlichkeiten für meinen Geschmack zu kurz kamen. Sowohl von Kendra, als auch von dem ungleichen Gespann, bestehend aus dem Magierdandy Jupiter Holms und dem Kutscher Randolph Brown, hatte ich mehr erwartet. Gerade letztere Persönlichkeiten hatten dem Helden im ersten Band buchstäblich die Schau gestohlen. Aber es gibt ja noch immer den dritten Band, auf dessen Erscheinen ich mich bis September noch gedulden muss.

Fazit: „Gegen die Zeit“ setzt ohne Bruch da an, wo „Für die Krone“ aufgehört hat. Die Geschichte gewinnt weiter an Dramatik, und eine Fülle von liebevoll gestalteten Charakteren und der gelungene Sprachgebrauch machen diesen Ausflug auf die von Nebel verhangenen Straßen Londons zu einem echten Erlebnis. Die ersten beiden Bände waren schon Kopfkino-Blockbuster, die ich nicht aus den Händen legen konnte. Man kann also auf die Auflösung im dritten Band gespannt sein.


Magierdämmerung 2 – Gegen die Zeit
Urban-Fantasy-Roman
Bernd Perplies
Egmont-LYX 2011
ISBN: 978-380258265-3
421 S., broschiert, deutsch
Preis: EUR 12,95

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