Interview mit Splitter

Der Splitter-Verlag hat sich im letzten Jahrzehnt zu einem der führenden Comic-Verlage in den Bereichen Fantasy, Mystery und Science-Fiction gemausert. Hier findet man Klassiker wie zum Beispiel „Thorgal“, „Aquablue“ oder „Storm“ ebenso wie die besten Newcomer der letzten Jahre. Heute habe ich das Vergnügen, mich mit Max Schlegel vom Splitter-Verlag zu unterhalten, der uns interessante Einblicke hinter die bunten Kulissen der Comic-Welt gewährt.

von Morgath

Ringbote: Hallo Max, was ist deine Aufgabe bei Splitter?

Max Schlegel: Ich bin bei Splitter für Presse und Marketing zuständig, übernehme aber auch andere Aufgaben, wenn es sich anbietet: Z. B. besuche ich gelegentlich Geschäftspartner im Buch- und Comic-Handel und helfe bei Messeplanungen. Ich arbeite erst seit einem guten Jahr bei Splitter, aber in einem so kleinen und feinen Team wird man schnell festes Mitglied.

Ringbote: Bei einem Comic-Verlag zu arbeiten klingt für mich ein wenig so, als ob ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen ist – ist das tatsächlich so oder ist es letztlich doch nur eine Arbeit wie jede andere auch?

MS: Kommt drauf an, was du dir darunter vorstellst, würde ich sagen. Man hat viel, viel, viel mit Comics zu tun und liest auch viel und kriegt viel mit, aber natürlich gibt es auch Fleißarbeit oder Projekte, an denen man nicht so interessiert ist wie an anderen. Letzten Endes sind aber alle MitarbeiterInnen bei Splitter VollblutliebhaberInnen und stehen komplett hinter der Sache Comic, insofern ist es schon ein cooler Job. Hatte ich erwähnt, dass man SEHR viele Comics zu lesen kriegt?

Ringbote: Wie sieht der Alltag in einem Comic-Verlag aus?  

MS: Wie in vielen anderen Büros auch. Wir haben einen festen Terminplan was die einzelnen Arbeitsschritte angeht, die ein Comic vom Lizenzeinkauf bis zum fertigen Produkt im Regal durchläuft, und jeder von uns arbeitet an diesem Prozess irgendwo mit. Zäsuren sind immer die Halbjahresprogramme sowie Messen und Conventions, und natürlich kann immer mal etwas schief gehen. Aber ansonsten arbeiten wir alle einander zu und essen zu viele Süßigkeiten.

Ringbote: Lest ihr auch alles selber, was ihr veröffentlicht?

MS: Nein, das wäre auch unmenschlich viel! Jeder Comic, den wir veröffentlichen, wurde mindestens zweimal, oft dreimal von unserer Redaktion und externen Korrektoren gelesen nach der Übersetzung, aber nicht jeder von uns liest alles. Wir haben sehr unterschiedliche Geschmäcker und dementsprechend findet auch nicht jeder von uns alles gut, was wir rausbringen.

Ringbote: Wer steht eigentlich hinter dem Splitter Verlag?

MS: Wir sind ein unabhängiger Verlag. Abgesehen von unseren Geschäftsführern haben wir noch drei RedakteurInnen, eine Grafikerin und einen Mitarbeiter, der sich um unsere Server und Website kümmert und Comics lettert. Darüber hinaus beschäftigen wir mehrere freiberufliche ÜbersetzerInnen und KorrektorInnen. Aktuell wird Splitter von Horst Gotta und Dirk Schulz geleitet, die beide auch Gründer des Verlags waren, zusammen mit Delia Wüllner-Schulz. Beide sind echte Veteranen der Comic-Szene: Horst mit seinen Alben „Jerry Jetson“ und „Janet“ und Dirk mit „Indigo“, „Celtis“ und „Parasiten“ (u.a.). Außerdem zeichneten beide diverse Cover für die „Perry Rhodan“-Reihe.

Ringbote: Den Splitter-Verlag gibt es seit knapp 12 Jahren. Wenn ihr zurückblickt, welches Ereignis ist euch besonders im Gedächtnis geblieben?

MS: Jedes Jahr hat Hochs und Tiefs, und wir freuen uns vor allem darüber, wenn ein Comic besonders erfolgreich ist oder wir eine tolle, neue Lizenz bekommen haben. Als „Blau ist eine warme Farbe“ rauskam, gingen wir freitags ins Wochenende, und am Montag war der gesamte Bestand plötzlich ausverkauft. So etwas freut uns schon. Oder wenn ein/e neue/r KünstlerIn auf uns zukommt mit einem coolen Projekt, das wir herausbringen dürfen.

Ringbote: Auf welche Veröffentlichungen seid ihr besonders stolz?

MS: Da gibt es zu viele, um sie alle aufzuzählen. Wir sind generell stolz darauf, praktisch alle großen frankobelgischen Verlage und die meisten großen US-Indies im Programm zu haben und auch große Autoren und Zeichner wie Moebius, Peyo und Lupano. In unserer Geburtstagsedition haben wir außerdem Comics, die wirklich große Klassiker und Meisterwerke sind, das ist schon toll.

Ringbote: Wie steht der Verlag nach 12 Jahren da? Und wie seht ihr euch in 12 weiteren Jahren?

MS: Sehr gut! Die Gründer hätten sich vor 12 Jahren nie erträumt, dass sie heute hier stehen würden, mit so einem breiten Programm und derart vielen tollen und treuen Fans und Kunden. Wie die Zukunft des Buch- und Comic-Markts aussieht, kann niemand so richtig sagen. Digitalisierung ist bestimmt ein wichtiges Stichwort, wobei Deutschland bzgl. Comics noch ziemlich hinterherhinkt (und ansonsten wohl auch). Wir werden unserer Philosophie definitiv treu bleiben, denn Authentizität funktioniert immer.

Ringbote: Wie interessant / lukrativ ist der deutsche Comic-Markt für einen Verlag, einen Autor und einen Zeichner?

MS: Es gibt definitiv größere Märkte als den deutschen, auch in Europa. Comic-Verlagen hierzulande geht es nicht unbedingt schlecht, aber das Thema hat bei Weitem nicht den Stellenwert wie in Frankreich, den USA oder gar Japan und Südkorea. Comic-Autoren und -zeichner können hier fast nie davon leben, sondern brauchen eigentlich immer ein weiteres Standbein, und das wird sich vermutlich auch in absehbarer Zeit nicht ändern.

Ringbote: Welche Comics kommen derzeit bei Lesern besonders gut an?

MS: Für Splitter gesprochen: Steampunk in allen seinen Formen. Western und Historiencomics gehen auch immer gut, was vermutlich dem Durchschnittsalter unserer Leser geschuldet ist.

Ringbote: Welche Auflagen hat ein durchschnittlicher Comic?

MS: Das kann man pauschal unmöglich sagen, da die Auflagenhöhe zwischen Ausnahmetiteln wie „Asterix“ oder „Tim & Struppi“ und den meisten anderen Comics sehr stark divergiert. Manche Verlage kalkulieren lieber kleine Auflagen ein und drucken schnell nach, andere drucken viel und lagern länger. Zwischen 300 und 1.000.000 ist da alles drin.

Ringbote: Wie wird entschieden, welche Comics ihr veröffentlicht?

MS: In einer Diskussion im Verlag, zumindest bei Titeln, die auf der Kippe stehen. Manche Reihen und Autoren verlegen wir fast immer, Leo zum Beispiel oder Arleston. Wir suchen meist nach Thema und Zeichenstil aus, wobei wir darauf achten, ein breites Spektrum im Programm zu haben.

Ringbote: Wenn jemand Comic-Autor oder Comic-Zeichner werden möchte, was würdet du ihm empfehlen?

MS: Einen langen Atem und viel Freude daran, denn man muss sehr viel Arbeit reinstecken, bevor etwas dabei rauskommt. Davon leben können nur die allerwenigsten, wenn überhaupt. Zu einem Verlag sollte man erst mit einem schon weit ausgereiften Projekt gehen, mindestens ein komplettes Skript, viele Konzeptzeichnungen und einige Reinzeichnungen sollten es sein.

Ringbote: Welchen Veröffentlichungen kann man in naher Zukunft erwarten?

MS: Das ist nicht geheim, unser Programm ist sehr ausführlich im Internet und im Katalog einsehbar. Das Programm für das Herbsthalbjahr könnt ihr im Juni erwarten ;-)

Ringbote: Wenn du jemanden überzeugen möchtest, Comics zu lesen, aber nur 1 Comic vorschlagen darfst, welchen würdest du ihm empfehlen?

MS: Kommt ganz drauf an, welches Genre die Person ansonsten bevorzugt. Immer gut: „Die alten Knacker“, denn sind lustig, aber zugleich klug und philosophisch.

Ringbote: Willst du abschließend noch etwas Bestimmtes ansprechen oder sagen?

MS: Lest mehr Comics! Und kauft eure Comics beim Fach- oder Buchhändler. Jeder Buchladen kann fast jeden Comic bestellen, meistens bis zum nächsten Tag und zu demselben Preis wie online. Zeigt dem Handel, dass Comics euch interessieren, dann werdet ihr auch in Zukunft mehr davon kriegen können.

Ringbote: Vielen Dank, Max, für die interessanten Einblicke in einen Comic-Verlag.