von Oliver Adam

Zunächst einmal überzeugt das edle Äußere des rund 200 Seiten starken Hardcoverbands durch das cthuloide Cover mit Prägung, die vollfarbige Gestaltung sowie das rote Lesebändchen. Im Innern befinden sich zahlreiche Illustrationen, die von einfachen Scribbles bis hin zu opulenten, seitenfüllenden Auszügen aus magischen Büchern reichen. Wichtig für ein Nachschlagewerk dieses Umfangs ist die durchdachte und übersichtliche Gliederung, die von der Farbigkeit und dem gelungenen Layout profitiert.

Den Auftakt des Buches bildet das kurze Kapitel „Das Wesen der Magie“, das sich mit der Geisteshaltung der Zaubernden, dem Einfluss von Sternenkonstellationen sowie dem moralischen Dilemma von Opfergaben befasst. Das zweite Kapitel „Das Wesen der Zauber“ beschäftigt sich mit den Spielregeln beim Einsatz von Magie. Die Auswirkungen von Fehlschlägen werden ebenso berücksichtigt wie benötigte Zauberzutaten, die Magie der Traumlande und Ley-Linien.

Herzstück des Bandes ist allerdings das „Grimoire“, die Auflistung der Zauber auf über 160 Seiten. Diese werden abhängig von ihrer Auswirkung in verschiedene Kategorien wie Kampfzauber, Monstererschaffung, Reise oder Verwandlung eingeteilt. Die Auflistung der Zauber erfolgt dabei einem einheitlichen Format. Nach Namen und der Zuordnung in eine Kategorie werden die Zauberkosten (wie Magie- oder Stabilitätspunkte) und die Zauberdauer aufgeführt. Es folgt jeweils die Beschreibung des Zaubers, also wie dieser ausgeführt wird und welche Auswirkungen und Effekte er hat. Abschließend werden noch alternative Bezeichnungen genannt, die dann in der Regel auch umschreibender sind (z.B. „Die verdorrende Explosion des Todes“ anstatt „Verschrumpeln“).

Über den Band verteilt findet man mit der Hexe Hestia Locksby, dem Nekromanten Thomas Davenport und dem Antiquar Niels-Viggo Schou noch drei Nichtspielercharaktere, die einen engen Bezug zu Magie haben und vom Spielleiter nach Bedarf eingesetzt werden können. Aufgrund ihrer Vorerfahrung eigenen sich diese jedoch nicht als Investigatoren. Während die Beschreibungen durchaus gefallen, kommen die Charakterporträts nicht an das Niveau der anderen Zeichnungen heran.

Insgesamt bietet der Band eine großartige Ausstattung und einen riesigen Umfang an Zaubersprüchen. Und dennoch fühlt sich das Werk wie ein generisches Magiebuch für ein Fantasy-System wie „Dungeons & Dragons“ an. Also Feld-, Wald- und Wiesenzauber, die lediglich in ein Horror-Setting verpflanzt worden sind. Dies liegt zum einen an der schieren Masse an magischen Spielereien sowie deren nüchterner, fast selbstverständlicher Beschreibung, zum anderen daran, dass das Buch kaum auf die Andersartigkeit des fremdartigen Wesens der cthuloiden Magie eingeht. Der ältere Magieband „Arcana Cthulhiana“ hat dies bereits 2006 in eindrücklicher Weise vorgemacht und mit inspirierenden Handouts und Abenteuerideen garniert. Dieser konnte zwar „nur“ rund 230 Zaubersprüche abdecken, atmete jedoch aus jeder Pore cthuloiden Flair. Es ist mir unverständlich, warum dessen hervorragender Hintergrundteil nicht in das aktuelle „Grand Grimoire“ übernommen wurde.

Fazit: Das „Grand Grimoire der Mythos-Magie“ ist ein attraktives und umfassendes Nachschlagewerk der rund 600 unterschiedlichen Zauber aus den in über 30 Jahren veröffentlichten Quellenbänden, Abenteuern und Kampagnen für das „Cthulhu“-Rollenspiel. Aufgrund der sachlichen und selbstverständlichen Beschreibung der Zauber und dem Verzicht darauf, die Andersartigkeit der Mythos-Magie herauszuarbeiten, schafft es der Band jedoch nicht, das Niveau eines umfangreichen Sprücheverzeichnisses zu übertreffen.

Grand Grimoire der Mythos-Magie
Regelwerk
Mike Mason, Matthew Sanderson, Heiko Gill
Pegasus Press 2020
ISBN: 978-3-95789-357-4
200 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 19,95 Euro

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