Friedlos – Irrfahrt im Nebel

Nachdem er lange Zeit aus dem offiziellen Metaplot ausgespart wurde, wird mit „Friedlos – Irrfahrt im Nebel“ der aventurische Nordwesten – genauer gesagt die Region Thorwal – endlich wieder mit offiziellem Material versorgt. Wie gelungen ist die Rückkehr in das Land der an die Wikinger gemahnenden Nordleute?

von André Frenzer

„Friedlos – Irrfahrt im Nebel“ ist ein gewichtiges Werk geworden. Gleich 174 Seiten stark ist die mir vorliegende PDF-Datei. Dabei entfallen rund 40 Seiten auf verschiedene Anhänge wie Übersichten und Kopiervorlagen von Karten, der Rest ist der eigentlichen Szenarienhandlung gewidmet. Der folgende Abschnitt wird einige Spoiler beinhalten; Spielern sei also angeraten, gleich zum Punkt „Aufmachung“ weiterzuspringen.

Handlung

In „Friedlos“ stoßen die Charaktere auf eine Bedrohung, die die Hjaldinger bereits seit ihrer Flucht aus dem fernen Güldenland verfolgt: die Dämonin Hranngdottir. Dabei beginnt eigentlich alles verhältnismäßig harmlos: Auf die eine oder andere Art werden die Helden darauf aufmerksam, dass die Hetfrau Marada eine Gruppe Friedloser – Thorwaler ohne Rechte – um sich schart und eine Flotte sammelt. Einmal im hohen Norden angekommen, können sich die Helden dieser Gruppe anschließen, deren erklärtes Ziel das Erreichen des sagenumwobenen Swafnirlandes ist.

Doch soweit kommt es nicht: Auf einer Insel entfesselt die Gruppe eine jahrhundertealten Fluch. Seltsame Nebeldämonen, die Menschen übernehmen können, überfallen die umliegenden Dörfer und auch die Flotte. Dazu gesellt sich die Dämonin Hranngdottir in Form einer Nebelwand, die unaussprechliche Schrecken auf die Nordleute loslässt. In wilder Flucht beginnt die Flotte eine verhängnisvolle Irrfahrt.

Geplagt und gehetzt von ständigen Angriffen, können die Charaktere in den nächsten Episoden wichtige Artefakte finden, die ihnen den Kampf gegen den Nebel und die Daimoniden erleichtern. Schließlich stoßen sie mit der Hexe Thula von Skerdu auf eine unerwartete Verbündete, die ihnen die Lösung des Problems Hranngdottir offenbart: Es gilt in einem letzten Kraftakt, einen Schutzstein auf eine magische Kraftlinie zu verfrachten. In einem grandiosen Finale, in dem alle Register gezogen werden, können die Helden die Küste Thorwals größtenteils von dem Fluch befreien – oder eben auch nicht …

Aufmachung

„Friedlos – Irrfahrt im Nebel“ erscheint im typischen „DSA“-Layout. Es ist nahezu komplett in Schwarz-Weiß gehalten, die verwendeten Schriften sind klar und gut lesbar, der Text ist ordentlich strukturiert. Die verwendeten Illustrationen bewegen sich fast alle auf einem ordentlichen Niveau, nur selten gibt es einen Ausreißer nach unten. Dabei sind sie durchaus stimmungsvoll und unterstützen den Text. Im Bereich des Layouts gibt es also keine großen Überraschungen.

Inhalt und Kritik

Der vorliegende Abenteuerband ist wirklich umfangreich. Eigentlich handelt es sich eher um eine kleine Kampagne rund um die Thorwaler denn ein einzelnes Abenteuer, dauert die Irrfahrt im Nebel doch mehrere Monate. Um diesen Zeitraum auch mit Leben zu füllen – immerhin werden die Charaktere viel Zeit an Bord eines Schiffes verbringen – liefert „Friedlos“ einige Spielhilfen mit.

Da wären auf der einen Seite eine hohe Anzahl Nichtspielercharaktere, die die Überfahrt farbiger gestalten können. Natürlich birgt dies für den Spielleiter einen nicht zu verachtenden Aufwand. Zum anderen gibt es ein – für „DSA“-Verhältnisse recht einfach gehaltenes – Ressourcen-Managementsystem, um den Zustand der Flotte der Friedlosen abzubilden. Auch das mindert nicht gerade die Komplexität für den Spielleiter. Darüber hinaus gibt es umfangreiche Tabellen mit zufälligen Ereignissen, die während der Flucht vor dem Nebel stattfinden können. Um dem Spielleiter den Verwaltungsaufwand etwas zu erleichtern, wurde im Anhang an umfangreiche NSC-Übersichten und Tabellen gedacht.

Das Abenteuer selbst ist für aventurische Verhältnisse fast untypisch düster. Die Möglichkeit, dass ein jeder liebgewonnene NSC von den Daimoniden unerkannt übernommen werden könnte, schürt die Paranoia an Bord. Die geheimnisvolle Nebelwand stellt eine stets verfolgende Bedrohung dar. Damit sind wichtige Zutaten für einen gruseligen Ausflug in den hohen Norden angerichtet, auch, wenn viele der Motive natürlich bereits aus Film oder Buch bekannt sind. So erinnert die Flucht der Friedlosen vor einem übermächtigen Feind an „Kampfstern Galactica“, die Nebeldämonen gemahnen an „Die Körperfresser kommen“ und wer die Nebelwand voll unaussprechlicher Schrecken nicht mit „The Fog“ in Verbindung bringt, hat den Film wohl schlicht nicht gesehen. Nichtsdestotrotz ist gerade die Mischung interessant und gelungen.

Fazit: „Friedlos – Irrfahrt im Nebel“ ist ein gutes Abenteuer. Es ist umfangreich beschrieben, ausreichend illustriert, mit zahlreichen Spielhilfen versehen und bietet eine abwechslungsreiche und ungewohnte Handlung mit einem deftigen Finale. Zwei Dinge mögen es für die eigene Spielgruppe als ungeeignet erscheinen lassen: Da wäre der hohe Verwaltungsaufwand für den Spielleiter, der zahlreiche NSC und Flottenressourcen überblicken muss; auf der anderen Seite liegt es vielleicht nicht jeder Gruppe, lange an Bord eines Schiffes eingepfercht zu sein. Wer vor beidem nicht zurückschreckt, erhält ein hervorragendes Thorwal-Abenteuer.


Friedlos – Irrfahrt im Nebel
Abenteuerband
Judith Vogt, Christian Vogt
Ulisses Spiele 2014
ISBN: 978-3868897371
174 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 30,00

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