Forbidden Sky

Gefangen auf einer Plattform hoch oben am Himmel, im Kampf ums nackte Überleben. In der neuesten Schöpfung des Machers von „Pandemie“ fühlen sich die Spieler wie ein Spielball der Elemente.

von Kai Melhorn

Inzwischen sind die kooperativen Spiele von Matt Leacock rund um verbotene Orte zu einer Trilogie angewachsen. Nach Ausflügen auf die „Verbotene Insel“ und in die „Verbotene Wüste“ werden die Spieler nun in luftige Höhen in den verbotenen Himmel – „Forbidden Sky“ – geschickt. Dort gibt es, wie bei den Vorgängern auch, nur ein Ziel: das Überleben.

Eine Gruppe von Spezialisten findet sich auf einer Plattform hoch oben am Himmel wieder. Um sie verlassen zu können, muss das rettende Raumschiff mit Energie versorgt werden. Bedauerlicherweise kennen sich die Anwesenden an diesem Ort überhaupt nicht aus. Zudem herrscht ein gewaltiger Sturm, und immer wieder schlagen Blitze in die Masten der Plattform ein. Die heftigen Böen sind stärker als alles, was die Spieler je erlebten, und jederzeit kann man erfasst und über die Kante der Plattform ins sichere Verderben geschleudert werden. Auch vor den Blitzen muss man sich in Acht nehmen, denn diese schlagen immer wieder in die Masten der Plattform ein und der Strom fließt durch offene Leitungen überall auf der Plattform. Kommt man ihnen in diesem Moment zu nahe, kann auch das tödlich sein.

Das Material


Öffnet man die Box, zieht insbesondere das stattliche Modell einer Rakete die Aufmerksamkeit auf sich. Mit einer gewissen Ähnlichkeit zu einem Experimentierbaukasten findet man dort noch verschiedene Bauteile, wie die sogenannten Kondensatoren, Leitungen und Blitzableiter. Die Teile sind aus Kunststoff und Metall und haften durch Magnete aneinander, um den Aufbau eines wahrhaftigen Stromkreises zu ermöglichen. Die Plattform selber wird in Manier eines Legespiels aus einzelnen quadratischen Plättchen aufgebaut, worauf wiederum der Stromkreis installiert wird. Auf jeden Fall sind das außergewöhnliche Komponenten, die sich in der praktischen Handhabung jedoch manchmal als etwas hakelig erweisen.

Das Design wird dominiert von rosa Nebelwolken, orangenen Leitungen, dem Dunkelgrau der Plattformanteile und türkisen Flächen, die zur Platzierung der verschiedenen Stromkreiskomponenten genutzt werden. Die Spielkarten für Ausrüstung, Charaktere und Events fühlen sich gut an und sind funktional gestaltet, setzen aber nicht auf Standard. Bei allen Besonderheiten trifft die Auswahl an Design und Materialien leider nicht immer meinen Geschmack. Es wurde, wie ich finde, etwas zu viel Kunststoff verwendet, obwohl das nicht immer zwingend erforderlich war. Die Grafik transportiert die Stimmung des Spiel an manchen Stellen wirklich gut, wird von der Farbwahl aber sicher nicht alle Spieler überzeugen. Auch die Gestaltung der Charaktere hätte persönlicher ausfallen können.



Die Regeln sind gut geschrieben und illustriert. Mir sind auf den wenigen Seiten keine Unklarheiten aufgefallen. Man kommt schnell in den Spielablauf hinein.

Das Spiel

Abwechselnd führen die Spieler verschiedene Aktionen aus. Entweder man erkundet die Plattform, bewegt sich darüber oder baut Teile des Stromkreises auf. Hat ein Spieler seine Aktionen genutzt, beginnen die Elemente zu wüten, bevor der nächste Spieler an der Reihe ist. Dazu werden Karten aufgedeckt, deren Auswirkungen die Spieler im wahrsten Sinne durcheinanderwirbeln und die ständigen Gefahren offenbart. Denn während die Spieler versuchen, die Plattform zu erkunden und einen Weg aus der Misere zu finden, müssen sie sich gegen die Elemente absichern, die immer und jederzeit ihr Ableben bedeuten können.

Tatsächlich ist der Wind so stark, dass die Charaktere jeweils ein Stück in die aktuelle Windrichtung geweht werden. Befindet sich neben dem Charakter ein weiteres Stück der Plattform, gibt es kein Problem. Sollte sich aber der Abgrund unter ihm auftun, hilft nur ein anständiges Seil, das vor dem Absturz bewahrt. Aber dies ist nicht die einzige Gefahr, denn ständig schlagen Blitze in die Blitzableiter ein, und der Strom wird durch die angeschlossenen Leitungen in alle Richtungen geleitet. Befindet man sich zu nahe an einem stromdurchflossenen Leiter, springt der Funke im wahrsten Sinne des Wortes über. Wenn man es also darauf anlegt, kann man sich aussuchen, ob man lieber vom Blitz gegrillt oder in die Tiefe fallen möchte. Denn so gut die Ausrüstung und die Ausbildung auch sein mögen, die Seile halten nicht ewig und mehr als ein paar Blitzschläge verträgt der stärkste Soldat nicht.



Wie aus anderen Spielen von Matt Leacock bekannt, birgt auch hier jede Aktion und jede Entscheidung ein Risiko. Man ist ständig in Gefahr, hat ständig zu wenig Aktionen übrig und die Uhr tickt unaufhörlich. Besonders auffällig ist jedoch, wie sehr jedem einzelnen Charakter zugesetzt wird. Hier befindet man sich ständig in Gefahr, und jede gute Absicherung kann sich auf einmal in Luft auflösen. Zunächst erscheint noch alles sicher, doch dann dreht der Wind, man wird zum Blitzableiter geschoben, der Blitz schlägt ein und schon raucht der Kopf. Man fühlt sich eigentlich immer hilflos und als Spielball der Elemente.

Diese Tatsache macht das Spiel extrem thematisch. Man fühlt sich regelrecht auf die Plattform versetzt und duckt sich automatisch, wenn mal wieder krachend ein Blitz einschlägt. Allerdings gehört es eben auch zum Thema, dass das Spiel sehr schwer kalkulierbar wird und das Glück eine große Rolle spielt. Diese Tatsache wird nicht jedem schmecken. Einige werden sich sicher lieber anderen Werken von Herrn Leacock zuwenden.

Zudem wirft das Thema so manche Frage auf. Warum liegen überall auf der Plattform offene Leitungen, die lebensgefährlich sind, und warum wurden dann überhaupt Blitzableiter installiert? Warum ist die Plattform so komisch gebaut? Warum gibt es keine ausreichend hohen und stabilen Geländer?

Wer gut über diese Macken des Spiels hinwegsehen kann und sich in das Abenteuer wagt, wird feststellen, dass dieses Spiel ganz und gar nicht einfach ist. Ohne Planung und Abstimmung kann die Gruppe ein schnelles Ende finden.



Fazit: Dieses Spiel hat Ecken und Kanten und ist leider nicht perfekt gelungen. Nichtsdestotrotz ist dies ein kooperatives Spiel mit knackigem Schwierigkeitsgrad und einem überdurchschnittlich starken Thema. Wen also die vielen Plastikteile nicht stören und wer sich von dem Glücksfaktor nicht abschrecken lässt, dem sei eine Probepartie absolut ans Herz gelegt.

Forbidden Sky
Brettspiel für 2 bis 5 Spieler ab 10 Jahren
Matt Leacock
Schmidt Spiele 2019
EAN: 4001504493486
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 31,99

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