Firefly: Die glorreichen Neun

Eigentlich ist Jayne Cobb kein Mensch, der für seine Selbstlosigkeit bekannt ist. Aber auch der raubeinige Söldner hat in jungen Jahren mal eine Frau geliebt, und als sich diese alte Flamme plötzlich bei ihm meldet und ihn um Hilfe bittet, fackelt er nicht lange, sondern packt sein geliebtes Sturmgewehr Vera ein und zieht los – die ganze Crew der „Serenity“ im Schlepptau. Sie ziehen in einen Kampf, der auf den ersten Blick aussichtslos erscheint. Auf den zweiten übrigens auch. Und den dritten. Shiny.

von Bernd Perplies

Die Geschichte von der unschuldigen Gemeinschaft, die von einer Verbrecherbande bedroht wird und Hilfe durch eine Gruppe rechtschaffener Außenseiter erhält, war schon nicht neu, als sie 1960 von Regisseur John Sturges in dem heute als Klassiker geltenden Western „Die glorreichen Sieben“ verarbeitet wurde (den dieser „Firefly“-Roman offensichtlich zitiert). So war schon der eben genannte Streifen bloß eine Adaption des japanischen Samuraifilms „Die sieben Samurai“ von Akira Kurosawa aus dem Jahr 1954. Und auch in den Folgejahrzehnten sollte das Motiv der Wenigen gegen die Viele zum Schutz Wehrloser immer wieder aufgegriffen werden. Etwa in „Vier Fäuste für ein ein Hallelujah“ (1971) mit Bud Spender und Terrence Hill. Oder in der „Firefly“-TV-Episode „Leichte Mädchen“ (2002), in der die ehemalige Companion Nandi ihre alte Freundin Inara Serra bittet, ihr lauschiges Bordell gegen einen fiesen Großgrundbesitzer und seine Leute zu verteidigen.

Gerade vor dem Hintergrund dieses letzten Beispiels hat man auf den ersten Seiten des vorliegenden Romans ein wenig das Gefühl, dass es sich Autor James Lovegrove sehr leicht gemacht hat. Eine alte Freundin, die ein Besatzungsmitglied der „Serenity“ anfleht, eine Gruppe Wehrloser gegen Finsterlinge zu verteidigen? Das klingt in TV-Episode wie in Roman – der übrigens zwischen TV-Serie und dem Kinofilm „Serenity – Flucht in neue Welten“ (2002) angesiedelt ist – sehr ähnlich. Doch natürlich hat der Roman deutlich mehr Raum als die Fernsehfolge, was sich in zusätzlichen Komplikationen und Verstrickungen – und dem ein oder anderen Perspektivenwechsel – niederschlägt. So bleibt der Leser nicht ausschließlich bei Malcolm Reynolds und der „Serenity“-Crew, sondern erlebt auch einige Momente etwa aus der Sicht von Huckleberry U. Gillis, dem Bürgermeister der Kleinstadt Coogan's Bluff, die im Visier der grausamen Bande der Scourer unter ihrem unmenschlichen Anführer Elias Vandal steht. (Das sorgt übrigens später für ein kleines Plotproblem, denn die Entwicklung von Gillis passt nicht so ganz zu den Szenen aus seiner eigenen Sicht.)

Aber nochmal einen Schritt zurück. Jayne Cobb, der nicht nur das Cover des Romans ziert, sondern auch der eigentliche  Protagonist der Geschichte ist, erhält zu Beginn eine Wave von einer gewissen Temperance McCloud, die auf der öden Staubkugel Thetis lebt. Wie sich herausstellt, handelt es sich dabei um seine ehemalige Partnerin und Geliebte Temperance Jones, mit der er in seiner Frühzeit Gaunerjobs durchgezogen hat – bevor sie ihn vor dreizehn Jahren sitzen ließ. Doch ungeachtet seiner Wut auf sie, ist seine Liebe nach wie vor größer, und er überzeugt der Crew der „Serenity“, mit ihm nach Thetis zu fliegen, um für miese Bezahlung einen viel zu gefährlichen Auftrag zu übernehmen: Temperance gegen Elias Vandal und seine Bande zu helfen, der sich den Planeten Siedlung für Siedlung mit brutaler Gewalt einverleibt. Obwohl der Captain (wie so oft) erstmal dagegen ist, fliegen sie am Ende natürlich doch – und Jayne erwartet auf Thetis nicht nur der Kampf seines Lebens, sondern auch eine alte Freundin, die eine dreizehnjährige Tochter hat …

Humor, Soap-Elemente, Action und Gewalt. Lovegroves Roman hat alles, was man von einer zünftigen „Firefly“-Folge erwartet und fühlt sich dabei atmosphärisch sehr richtig an. Auch die Charaktere trifft Lovegrove ausnehmend gut. Sowohl in Sprechweise als auch im Handeln erkennt man sie gleich wieder – was auch daran liegen mag, weil sich der Autor nicht zu schade ist, ein paar gelungene Phrasen aus der TV-Serie zu klauen und sie den Helden erneut in den Mund zu legen. Nur die Gewalt sticht an zwei bis drei Stellen etwas unschön (und auch mal etwas klischeehaft) hervor. Hier hat man das Gefühl, als habe Lovegrove die Schraube etwas anziehen wollen, um vor allem den Antagonisten entsprechend hassenswert zu präsentieren. Andererseits hatte auch Joss Whedons TV-Serie ihre dornigen Momente (wir erinnern uns an einen Mal, der auch mal einen Gegner durch eine Raumschiffturbine tritt).

Der Showdown bietet am Ende eine zünftige Massenschießerei, hakt für mich aber trotzdem im Detail, weil er den „Mythos“ Elias Vandal zu gründlich zerlegen will und zudem eine eher nutzlose Kavallerie ins Spiel bringt. Das ist allerdings Kritik auf hohem Niveau. Unterm Strich ist James Lovegrove auf den 320 Seiten eine sehr flotte und unterhaltsame „Doppelfolge“ gelungen, die sich nahtlos zwischen TV-Serie und Kinofilm einfügt und jedem „Firefly“-Fan wärmstens empfohlen werden kann. (Außerdem hat das Buch ein extrem schickes Cover! Allein dafür muss man es als „Browncoat“ eigentlich besitzen.)

Fazit: Der Roman „Die glorreichen Neun“ bietet gelungene „Firefly“-Unterhaltung, die man am liebsten an zwei bis drei Abenden in einem Rutsch durchlesen möchte. Setting und Charaktere sind perfekt getroffen, allerdings stolpert der Plot an ein paar Stellen kurz über seine eigenen Füße. Darüber kann man hinweglesen, man hätte sich diese Momente aber etwas eleganter gewünscht. Alles in allem eine kurzweilige, stilistisch gut getroffene „Lost Episode“, die nach der TV-Serie die Abenteuer von Malcolm Reynolds & Co weitererzählt und Lust auf mehr macht.

Firefly: Die glorreichen Neun
Film-/Serien-Roman
James Lovegrove
Panini Books 2019
ISBN: 978-3-8332-3780-5
320 S., Paperback, deutsch
Preis: EUR 15,00

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