Firefly – Das Spiel

Joss Whedons kurzlebige, aber extrem beliebte Space-Western-TV-Serie „Firefly“ muss man wohl kaum einem Genre-Fan vorstellen. 15 Episoden lang schipperte Han-Solo-Verschnitt Malcolm Reynolds mit seiner Crew in einem alten Frachter der Firefly-Klasse durchs All, dann machte Fox DEN Fehler seiner Konzerngeschichte und setzte die Serie ab. 2009 gab es noch einen Kinofilm, dann wurde es ruhiger. Jetzt rührt sich wieder was um „Firefly“. Ein MMO ist in der Mache, neue Comics erscheinen und GaleForce9 hat ein Brettspiel herausgebracht, dem man schon drei Erweiterungen spendiert hat. Nun gibt es das Spiel auch auf Deutsch.

von Bernd Perplies

„Finde eine Crew – finde einen Job – flieg weiter“ – so steht es als Slogan auf der schicken Box von „Firefly – Das Spiel“ (die übrigens rechteckig ist, wie die UK-Ausgabe – das quadratische Produktbild der deutschen Box ist falsch). Damit ist auch bereits ziemlich gut beschrieben, worum es in dem atmosphärisch dichten und mit zahlreichen Filmfotos gespickten Brettspiel geht. Bis zu vier Spieler – eigentlich ginge auch fünf, es sind fünf Raumschiffe vorhanden –  übernehmen darin die Rolle eines freischaffenden Unternehmers, der mit nichts weiter als einem alten Firefly-Schiff, ein bisschen Treibstoff, Ersatzteilen und Credits loszieht, um in dem überschaubaren Mehrsonnensystem, in dem Joss Whedons „Verse“ angesiedelt ist, sein Glück zu machen.

Dieses Glück macht man – nachdem Spielbrett, eine Menge hübscher Kartenstapel und die Bank auf dem Spieltisch platziert sind – rundenweise, indem man aus vier Aktionen auswählt und zwei davon im eigenen Zug durchführt: Flug, Kaufen, Deals und Arbeit. Oder um es anders auszudrücken: Man beschafft sich auf Märkten wie Osiris oder Silverhold Crew und Ausrüstung, übernimmt für „ehrenwerte“ Geschäftsleute wie Badger oder Niska Aufträge, fliegt quer durchs Verse zum jeweiligen Zielplaneten und erledigt dort den Job. Story-Karten geben dabei zu Beginn jeder Partie vor, welche Ziele zu erreichen sind. Meist geht es darum, möglichst viele Credits zu verdienen oder sich mit vier der fünf Auftraggeber gut zu stellen.

Zu diesem grundsätzlichen Mechanismus kommt das Konzept der Fertigkeitsproben. Drei Fertigkeiten gibt es bei „Firefly“: Kampf, Technik und Verhandeln. Diese sind durch Symbole vertreten, die sich auf Crewmitgliedern und Ausrüstungsgegenständen finden. Zieht man nun im Flug von Welt zu Welt eine Ereigniskarte (Kurskarte) oder muss sich zum Erledigen eines Auftrags Herausforderungen stellen (provozieren), hat man meist Proben zu absolvieren, die mit einem sechsseitigen Würfel plus der Summe der passenden Fertigkeitssymbole gegen einen Zielwert abgelegt werden. Dazu kommen gewisse Ausrüstungsmerkmale wie „Codeknacker“ oder „Schusswaffe“ oder „Schicke Klamotten“, mit denen man Probleme automatisch bewältigen kann oder die man als Voraussetzung bei sich haben muss, um einen Job überhaupt erledigen zu dürfen. Gleiches gilt für die Berufe der Crew, vom Companion bis zum Söldner, die Boni geben oder Probleme abwehren können.

Schließlich erschweren zwei zusätzliche Elemente den reibungslosen Aufstieg zum König der Browncoats. So ist ein Allianz-Kreuzer auf dem Spielplan unterwegs, der durch Karten gesteuert wird und Spielerschiffe genau unter die Lupe nimmt, wenn er mit ihnen auf dem gleichen Feld steht. Ist ein Steckbrief auf einen ausgestellt, transportiert man Schmuggelware oder hat gesuchte Leute an Bord, wird man zur Kasse gebeten und verliert womöglich Personal und seinen guten Ruf in der Halbwelt des Verse – und manche Schurken, Niska vor allem, sind sehr nachtragend, wenn man einen einmal übernommenen Job nicht zu Ende führt. Das zweite Element sind die Reaver, die über einen herfallen können und für Tod und Verderben unter den Passagieren und der Besatzung sorgen. Natürlich sind all derlei Rückschläge kein Grund zum Aufgeben. Wie heißt es so schön: You can’t take the sky from me!

Das Brettspiel vermag die Atmosphäre der TV-Serie gut zu vermitteln, nicht zuletzt dank der großen Menge an Filmbildern, die Crew- und Ausrüstungskarten zieren. Das hat zur Folge, dass man eigentlich länger spielen möchte, als das Spiel es vorsieht. Einige der Storys ließen sich in vergleichsweise kurzer Zeit lösen, ohne dass man auch nur ansatzweise sein Schiff ordentlich ausgerüstet und bemannt hat. Zieht man das Ganze aber in die Länge – ein Zeitlimit gibt es meist nicht –, dann ist man irgendwann so perfekt aufgestellt, dass einen Herausforderungen kaum noch schrecken können. Hier fehlt ein wenig der Druck von Seiten des Spiels. Den müssten sich die Spieler gegenseitig machen, indem sie die Szenarien möglichst rasch zu beenden versuchen. Konzept und Spielerwunsch stehen sich hier ein bisschen entgegen. Das hat meist auch zur Folge, dass die zwei Stunden Spielzeit kaum eingehalten werden und der Versuch, etwa 15.000 Credits zu verdienen, sich locker vier Stunden und länger hinziehen kann (wobei die Spieldauer mit der Spielerzahl linear ansteigt).

Eine gewisse Kritik müssen sich zudem die Spielregeln gefallen lassen. Hier wird (gerade im hinteren Teil) Platz verschwendet, um Fluff-Texte zu den Berufen und Ausrüstungsmerkmalen zu bieten – dabei weiß jeder, was eine Falsche ID und was Sprengstoff ist, mal ehrlich! Dagegen fehlt es an diversen Stellen klärenden Details. So wird mehrfach über Steckbriefe gesprochen, bevor klar ist, wo man sich diese einfängt. Auch ist nicht eindeutig, ob man für jeden Job die ganze Crew oder nur ausgewählte Mitglieder mitnimmt und ob Ausrüstungsgegenstände, wie eine Rüstung, nur für das Crewmitglied gelten, die es jeweils trägt oder ob sie „abstrakt“ behandelt werden und der ganzen Gruppe dienen. Gerade die genauen Auswirkungen mancher Ereigniskarten geben mitunter Anlass zu Diskussionen. Ein kleiner Anhang mit Kartenerklärungen und zudem ein Index wären schön gewesen. Auf Englisch gibt es bereits das erste FAQ-Dokument (http://www.fireflythegame.com/howtoplay/FAQ.aspx), das hier einige hilfreiche Klärungen bietet.

In einigen Fällen hilft auch der gesunde Menschenverstand. So sollten als „Ruf“ unter die Schiffskarte gelegte Job-Karten nicht auf den Ablagestapel wandern, wenn man sie und den Ruf bei einem Auftraggeber wieder verliert, denn Job-Karten vom Ablagestapel kann man normal annehmen. Und bei „Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen“, die einem, wenn man keinen Auftrag hat, 200 Credits einbringt, wird sicher nicht die Crew ihren Anteil verlangen, denn dabei würde man Miese machen. Bei einigen der schlechter bezahlten Aufträgen kann einem das übrigens durchaus passieren, man sollte also überlegen, welche Jobs man annimmt und wie viel Crew man anheuert. Ansonsten muss man bei Unklarheiten sich wohl einfach wie Männer um 12 Uhr mittags auf der staubigen Straße einigen.

Eine Anmerkung am Ende noch zur deutschen „Deluxe“-Version. In der ursprünglichen US-Ausgabe gab es nur vier Firefly-Schiffe für die Spieler zur Auswahl. Später kam das Bonusschiff „Artful Dodger“ als fünftes hinzu. In der deutschen Version hat dieses Schiff es gleich in die Grundbox geschafft. Das ist im Grunde schon alles. Neben dieser Grundbox ist übrigens bereits eine kleine Kartenerweiterung namens „Schwerelos“ erschienen und auch die „Kopfgeldjäger“-Erweiterung und die große „Blue Sun“-Erweiterung, die auf Englisch vorliegen, sollen in absehbarer Zeit erscheinen. Für Nachschub ist also gesorgt.

Fazit: Wer „Firefly“ mag, der wird sich bei diesem Spiel sehr zuhause fühlen. Die Bilder, die Sprache, das Spielkonzept: stimmt alles. Der einzige Haken liegt vielleicht darin, dass das Spiel selbst vergleichsweise wenig Druck auf die Spieler ausübt, das diese dazu zwingen könnte, gegeneinander vorzugehen. Es gibt von allem reichlich: Crew, Ausrüstung, Jobs. Wenn eine Gruppe, weil sie sich gerne im Verse herumtreibt, also keine Eile an den Tag legt, kann sich eine Partie ordentlich in die Länge ziehen und es wird gegen Ende fast zu leicht, Herausforderungen auf Ereigniskarten zu bestehen und Story-Ziele zu erfüllen. Ob aus einer Partie also ein gemütlicher Nebeineinanderher-Spaziergang durchs All wird oder ein dramatischer Wettlauf um den Sieg, liegt ganz bei den Spielern. Doch so oder so ist "Firefly - Das Spiel" allen Hobby-Browncoats wärmstens zu empfehlen!


Firefly – Das Spiel
Brettspiel für 1 bis 4 Spieler
Sean Sweigart, Aaron Dill
Heidelberger Spieleverlag 2014
EAN: 4015566032668
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 49,95

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